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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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Es war eine gewundene Falle für mögliche Eindringlinge, und in regelmäßigen Abständen standen Fjelwachen wie hässliche Statuen. Selbst die Hohe Frau der Ellylon hätte davon eingeschüchtert sein sollen.
    Tanaros warf ihr einen schnellen Seitenblick zu, um zu überprüfen, ob dies der Fall war.
    Wieder standen Tränen in ihren leuchtenden Augen. »So viele!«, hauchte sie, und er dachte, dass sie wieder die Fjel meinte, aber dann sah er, dass ihre Blicke den Irrlingen galten. Sie hielt inne und streckte eine Hand aus, ließ die Irrlinge nahe genug an sich heran, damit sie sie berühren konnten, und warf ihm einen erzürnten Blick zu. »Gnädige Arahila! Was ist das für eine Grausamkeit, Tanaros? Was hat man diesen Leuten angetan?«
    »Angetan?« Er starrte sie an. »Sie haben hier Schutz gesucht.«
    »Schutz?« Ihre sanften, wie Vogelfedern geformten Brauen hoben sich. »Wovor?«
    »Vor der Grausamkeit der Welt, die sie in den Irrsinn getrieben hat.« Tanaros nahm den am nächsten stehenden Irrling am Arm; zufällig war es jemand, den er kannte. Eine Frau, die noch jung nach Finsterflucht gekommen war, jetzt aber schon ältlich, mit einem Feuermal, das die Hälfte ihres runzligen Gesichts überzog. »Das hier, Hohe Frau, ist Scharit. Ihre Eltern zwangen sie für Geld in die Ehe mit einem Mann, der sich für sie schämte und sie deswegen schlug. Seht Ihr, hier?« Er legte den Finger auf eine Stelle in ihrem dünnen Haar und strich über eine kleine Vertiefung. »Er hat sie gegen einen Türpfosten geschleudert. Hier wird ihr niemand etwas antun, das ist bei Todesstrafe verboten. Ist das grausam ?«

    »Ihr macht ihr Angst«, sagte Cerelinde sanft.
    Das stimmte. Reumütig ließ er die Irrlingsfrau los. Scharit stieß ein Jammern aus, kroch auf Cerelindes Röcke zu und zupfte daran. Die Mørkhar-Eskorte wartete und ließ Tanaros nicht aus den Augen. »Das wollte ich nicht«, sagte er.
    »Ich weiß.« Sie lächelte die Irrlingsfrau freundlich an und legte ihr sanft die Hand auf die runzlige Wange, dann sah sie Tanaros an. »Nun gut. Ich leugne nicht die Grausamkeit der Welt, Heerführer. Aber wenn Euer Fürst Mitgefühl hätte, dann würde er sie von ihrem Leid befreien. Ihr habt doch gesagt, dass er angeboten hat, das Halbblut zu heilen.« Ihre zarten Finger strichen über das Feuermal, und die Irrlingsfrau reckte sich der Berührung entgegen. »Er hätte sie zu einer Schönheit machen können.«
    »So wie Ihr?«, fragte Tanaros ruhig.
    Cerelindes Hände erstarrten in der Bewegung. »Nein«, sagte sie. »So wie Ihr .«
    »Wie Arahilas Kinder. Nicht Haomanes.« Tanaros schob sich den Schattenhelm unter einen Arm und beugte sich vor, um der alten Frau in die Augen zu sehen. Sie waren milchig vom grauen Star und blinzelten, als er sie so betrachtete. »Ihr versteht nicht«, sagte er zu Cerelinde und blickte Scharit weiter an. »Für Fürst Satoris ist sie schön.«
    Es lag ein Zauber in seinen Worten, genug, um ein Lächeln heraufzubeschwören, das wie die Morgenröte über das runzlige Gesicht zog. Scharit nahm seine Hand und richtete sich auf, um dann den Flur aufrecht und voll Würde entlangzugehen.
    Tanaros verbeugte sich vor Cerelinde.
    Ihr Kinn hob sich ein kleines Stück. »Es wäre dennoch gnädiger gewesen, sie zu heilen. Leugnet Ihr das?«
    »Ihr werft meinem Fürsten die Spaltung der Welt vor«, sagte er. »Wollt Ihr ihm nun die Verantwortung dafür übertragen, sie zu heilen?«
    Einer der Mørkhar bewegte sich unruhig und hustete unüberhörbar in seine krallenbewehrte Faust.
    »Es liegt in seiner Macht, Tanaros.« Leidenschaft stand in Cerelindes Augen und ein Licht, das wie Hoffnung aussah. »Ganz
sicher, und Ihr wisst es! Wenn er sich nur Haomane unterwerfen wollte …«
    Tanaros lachte laut. »Und Haomanes Kinder werfen dem Fürsten übergroßen Stolz vor! Am besten, Ihr sagt ihm das, Hohe Frau.«
    Sie zog ihren Mantel enger um sich. »Das werde ich.«
     
    Uschahin Traumspinner schritt so leicht wie jeder Ellyl unter dem Dach der Buchenblätter dahin, die nun, da es Sommer wurde, dichter und größer geworden waren. Er ließ seinem Bewusstsein freien Lauf, ließ es zwischen den Stämmen und Ästen fließen und wandte jene alte Zauberkunst an, in der ihn die Graufrau Sorasch vor so langer Zeit unterwiesen hatte.
    Oh Mutter!
    Winzige Gedankenfunken fingen sich in seinem Netz, gefiederte Gedanken, helläugig und schnell. Einer, zwei drei … fünf. Uschahin setzte sich mit untergeschlagenen Beinen auf

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