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Elegie - Herr der Dunkelheit

Elegie - Herr der Dunkelheit

Titel: Elegie - Herr der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Carey
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ist, dass Malthus’ Truppe in die Unbekannte Wüste ging. Ein paar Tage später kam er mit seinen Leuten wieder heraus. Und sie brachten einen Menschen – und noch etwas anderes  – mit sich.«
    »Und sie halten auf Finsterflucht zu?«
    »Nein.« Uschahin schüttelte den Kopf. »Sie gingen nach Osten. Genau das macht mir Sorgen.«
    »Nach Pelmar?« Tanaros entspannte sich. »Dann hat Malthus selbst unseren Köder geschluckt, und es gibt keinen Grund zur Sorge …«
    »Nicht nach Pelmar.« Das Halbblut neigte den Kopf, und der Schatten der Buchenblätter fiel auf sein missgestaltetes Gesicht. »Malthus’ Truppe reist nach Vedasia.«
    Darauf folgte eine Pause.
    »Schick deine Raben aus«, schlug Tanaros vor.
    Uschahin warf ihm einen verachtungsvollen Blick zu. »Das habe ich. Drei habe ich ausgeschickt, und drei sind tot und hängen mit den Füßen nach oben an einer arduanischen Satteltasche. Und jetzt hat sich der Kreis um Malthus’ Truppe fest geschlossen, und keine Seele ist mehr für mich offen. Ich kann sie nicht aufspüren. Das gefällt mir nicht. Wen und was hat Malthus aus der Unbekannten Wüste geholt?«
    Beide dachten, ohne es auszusprechen, an die Prophezeiung.
    »Weiß der Fürst davon?«, fragte Tanaros.
    Uschahin fuhr mit den Fingern über den Buchenstamm, und seine Züge verdunkelten sich. »Was er fürchtet, spricht er nicht aus. Und dennoch glaube ich, dass ein Teil davon auch ihm unbekannt ist, denn die Wüste wurde durch Haomanes Zorn stark verändert.«
    »Das spielt aber doch keine Rolle, oder?« Tanaros straffte auf dem weichen Boden sitzend die breiten Schultern. »Wir haben doch schon den ersten Teil vereitelt. Die Tochter des Elterrion ist in unseren Händen, und der Sohn«, seine Stimme wurde hart, »der Sohn des
Altorus zieht an der Spitze eines dem Untergang geweihten Heeres nach Pelmar.«
    Schiefe Lippen lächelten freudlos. »Warum geht Malthus dann nach Vedasia?«
    »Wenn ich das wüsste. Aber ich bin Heeresstratege, kein Meisterspion, Vetter.« Tanaros stand auf, presste eine Hand gegen den Rücken und fühlte steife Gelenke knirschen. Der Zweikampf mit dem Mittländer hatte ihm doch einiges abverlangt. »Was sagt denn der Fürst?«
    »Halte Wache«, sagte Uschahin knapp, »und warte. Erstatte mir Bericht.«
    »Nun gut.« Tanaros nickte halb in Gedanken und sah sich im Rabenhorst um. In den Baumspitzen waren viele unordentliche Nester zu sehen, aus denen kleine Zweige herausragten. Welches, fragte er sich, gehörte wohl Bring? »Ich kann dir auch keinen besseren Rat geben, Traumspinner. Halte Wache und warte. Bringe alles in Erfahrung, was du kannst. Ich werde in der Zwischenzeit unser Heer in Bereitschaft versetzen und unseren Marsch durch den Marasoumië vorbereiten. Wenn das, was du weißt, die Pläne des Heeres beeinträchtigt, dann warne mich.«
    Er machte zwei Schritte, drei, vier, bevor ihn Uschahins Stimme wieder innehalten ließ.
    »Tanaros?«
    Er sah klein aus, wie er da unter der Buche saß, klein und ängstlich.
    »Ja, Vetter?«
    »Weißt du, er sollte sie töten.« Die Muskeln an der Kehle des Halbbluts bewegten sich sichtbar, als er schluckte. »Nichts ist erreicht und nichts ist abgewendet, solange sie lebt.«
    Das stimmte. Es war wahr, wahr, wahr, und Tanaros wusste das.
    Cerelinde.
    »Das tut er nicht«, hauchte er.
    »Ich weiß.« Unerwartete Tränen schimmerten in den ungleichen Augen. »In ihm ist Hoffnung, die Hoffnung eines Schöpfers, der die Welt nach seinem Bild neu gestalten will. Wenn es sich nicht vermeiden lässt … könntest du es tun, Tanaros?«

    Auf einem der Zweige ließ sich ein Rabe nieder, vor einem grob gebauten Nest. Der Vogel neigte den Kopf, der daraufhin hinter dem aufgerissenen Schnabel verschwand, als er Nahrung für seine Brut hervorwürgte. Woraus mochte sie bestehen? Würmer, Insekten, Aas. Selbst hier ging das Leben weiter, eine Generation nach der anderen, von Leben zu Leben, Erde zu Erde, Fleisch zu Fleisch.
    Cerelinde .
    »Ich weiß es nicht.«
     
    Das Wetter war mild in Vedasia.
    Das war es, dachte Carfax, was man als Erstes bemerkte; zumindest, wenn man Stakkianer war. Der Sommer war in Stakkia die goldene Jahreszeit, wenn an den Ufern der Seen die Goldrute blühte und das karge Land mit gelbem Blütenstaub bedeckte. Es war jedoch kein Vergleich mit dem, was er hier sah. Hier tropfte das Sonnenlicht wie Honig, überzog Felder und Obstgärten und Olivenhaine mit goldenem Schimmer und verlockte sie dazu, ihre ganze Fülle

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