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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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nervöse Pferd zum ersten Sprung hinzureiten. Der braune Wallach hatte schon weißen Schaum am Hals, riss hektisch den Kopf hoch und donnerte viel zu schnell auf die Sprungreihe zu.
    »Abwenden!«, rief Papa.
    Christian hatte alle Mühe, Quintano unter Kontrolle zu behalten. Er stieß einen Fluch aus und gab eine harte Parade.
    »So geht das nicht!« Papas Stimme klang ärgerlich. »Mach ihm doch keinen Druck! Du sollst ihn nur hingehen lassen.«
    »Das versuch ich ja«, erwiderte mein Bruder aufgebracht. »Aber sobald ich um die Ecke komme, reißt er den Kopf hoch und zischt ab wie ein Idiot.«
    Ich machte ein paar Schritte rückwärts und verließ ungesehen die Halle. Ob Melike schon bei der Polizei angerufen hatte? Vielleicht konnte ich sie später noch anrufen. In Gedanken versunken ging ich hinüber zum Haus. Die Fenster der Gaststätte waren dunkel, das Auto von Opa war nicht da. Auch Mamas Golf stand nicht vor der Garage.
    Erschrocken zuckte ich zusammen, als sich ein dunkler Schatten vom Boden löste und auf mich zukam.
    »Ach, du bist’s, Robbie. Hast Hunger, was?«
    Ich zog meine Schuhe aus, nahm den Haustürschlüssel aus seinem Versteck unter der Fußmatte und schloss die Tür auf. Twix flutschte an mir vorbei ins warme Haus, der Berner Sennenhund blieb gehorsam draußen. In der Küche machte ich das Futter für die beiden Hunde– normalerweise tat Mama das – und stellte Robbie den Napf neben die Haustür. Twix futterte in der Küche.
    Es war Viertel vor sieben. Ich ging in die Diele, nahm das Telefon aus der Ladestation und wählte die Nummer von Melikes Eltern. Meine Freundin war sofort dran.
    »Und? Hast du schon angerufen?«, fragte ich gespannt.
    »Ich hab mich noch nicht getraut«, flüsterte Melike. »Hinterher haben die bei der Polizei irgendeinen Trick und kriegen die Nummer raus, auch wenn ich sie unterdrückt habe.«
    Ich war insgeheim erleichtert. Und wenn wir morgen das erste Mal mit Fritzi trainierten, würde ich eben die Strecke reiten, die Melike und ich heute auf dem Weg zur Wiese genommen hatten.
    Scheinwerfer näherten sich und stoppten vor unserer Garage.
    »Meine Mutter kommt gerade heim«, sagte ich. »Wir sehen uns morgen!«
    Ich stellte das Telefon wieder weg und rannte die Treppe hoch. Es half nichts, bis morgen musste ich noch Französisch und Mathe machen, trotz Tim und Fritzi und Waldschrat.

15. Kapitel
     
    Fritzi war bockig. Er legte die Ohren an und weigerte sich, über das seltsame Gebilde zu springen, das Tim und Melike aus Strohballen, alten Autoreifen und Plastikplanen gebaut hatten. Der Boden auf der abschüssigen Wiese war voller Löcher und Maulwurfshügel und so rutschig, dass Fritzi immer wieder ausglitt.
    »Mensch, was ist denn los, Elena?«, rief Tim ungeduldig. »Warum hast du keine Stollen in die Eisen gemacht?«
    Endlich kriegte ich Fritzi in den Galopp. Wir waren viel zu schnell und das unfair schwere Hindernis stand ungünstig. Gestern hatte ich gar nicht bemerkt, dass die Wiese an einem so steilen Hang lag. Es war schierer Wahnsinn, diesen gewaltigen Oxer so anzureiten, aber ich wollte unbedingt, dass Tim einen guten Eindruck von Fritzi und mir bekam. Ich biss die Zähne zusammen und kämpfte gegen die Tränen. Warum hatte Melike auch nur so übertrieben von Fritzi geschwärmt?
    Wie ich befürchtet hatte, kamen wir schlecht vor den Sprung, aber Fritzi drückte trotzdem ab. Es krachte, er taumelte, Stangen, Autoreifen und die Hindernisständer brachen hinter uns mit Donnergepolter zusammen. Fritzi raste vor Schreck los, ich zerrte verzweifelt an den Zügeln, aber ich hatte jede Kontrolle über mein Pferd verloren.
    Tim lachte und schüttelte den Kopf. »Sandro Boy?«, rief er spöttisch. »Das sollte ja wohl ein Witz sein! Und dafür mache ich mir die ganze Arbeit! Weißt du, was dein Fritzi ist? Kein Flugzeug, sondern ein Suppenhuhn!«
    Mir blieb vor Entsetzen beinahe das Herz stehen. Suppenhuhn! Das war die wahrscheinlich allerallerschlimmste Beleidigung, die es in der Reitersprache für ein Pferd geben konnte!
    Beim Vorbeireiten erhaschte ich einen Blick auf Tims Miene, und was ich sah, raubte mir die letzte Fassung. Genau so schaute mein Vater, wenn einer seiner untalentierten Schüler nach zehn Jahren Springstunde immer noch genauso blind an ein Hindernis ritt wie am ersten Tag. Stumme Resignation. Und dann wandte Tim sich einfach ab und ging zu dem Traktor, der noch immer mit tuckerndem Motor direkt neben dem Hindernis stand.
    »Warte doch!«,

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