Elena - Ein Leben für Pferde
rannte weiter. Melike wartete schon.
Wenig später schoben wir die Fahrräder den sandigen Weg entlang, der an den Koppeln und am Springplatz vorbei zum Wald führte. Die Wege im Wald waren trocken, dort kamen wir schneller voran. Nach zwanzig Minuten hatten wir den ehemaligen Hundeübungsplatz am Waldrand erreicht. Er lag so versteckt, dass es mit dem Teufel zugehen musste, wenn uns hier jemand entdecken würde!
Melike und ich lehnten unsere Fahrräder gegen die Wand der Hütte, die am Rand der Wiese stand, und vertrieben uns die Zeit, indem wir Twix Stöckchen warfen.
Es war ein kühler sonniger Nachmittag. Die Bäume standen in flammend bunter Pracht und bei jedem Lufthauch segelten die gelben und roten Blätter wie Konfetti lautlos zu Boden. Bald würden die Bäume völlig kahl sein. In der Luft lag der Geruch nach feuchter Erde und dem Qualm eines Feuers, das jemand irgendwo angezündet hatte.
Nach einer Weile hörten wir das Tuckern eines Traktors und kurz darauf tauchte am Waldrand ein uralter roter McCormick zwischen den Bäumen auf. Wir liefen Tim entgegen und staunten nicht schlecht, als wir den voll beladenen Anhänger sahen. Tim fuhr mitten auf die Wiese und kletterte vom Traktor.
»Hallo!«, rief er und deutete mit dem Daumen auf den Anhänger. »Meint ihr, das ist fürs Erste genug?«
»Oh Mann!«, rief Melike. »Hast du noch irgendetwas zu Hause stehen lassen? Das ist ja Wahnsinn!«
»Hast du das etwa alles allein aufgeladen?«, staunte ich.
»Mit diesen meinen Händen.« Tim grinste und ich hätte ihn am liebsten umarmt. »Aber jetzt an die Arbeit! Ich muss zurück sein, bevor es dunkel wird. Der Traktor hat leider kein Licht.«
Wir zogen die Arbeitshandschuhe an, die ich auf den Gepäckträger geklemmt hatte, und luden Ständer und Stangen ab.
»Ich konnte nur den alten Kram mitnehmen«, sagte Tim bedauernd. »Sonst wär’s meinem Alten vielleicht doch aufgefallen.«
Die Hindernisständer mit den betonierten Autoreifen um den Fuß waren so schwer, dass Melike und ich sie nur mit Mühe und zu zweit schleppen konnten.
Es dauerte eine Stunde, bis wir die zehn Ständer, dreißig Stangen und vier Cavaletti abgeladen und auf der Wiese verteilt hatten. Außerdem hatte Tim fünf Strohballen mitgebracht, die man unter einen Sprung legen konnte. Ich war begeistert, als wir eine ganze Gymnastikreihe und noch zwei einzelne Sprünge aufgebaut hatten. Es sah richtig professionell aus. Erschöpft und verschwitzt setzten wir uns auf den leeren Anhänger.
»Das Projekt Fritzi kann beginnen«, sagte Melike zufrieden. »Die werden im nächsten Jahr alle Augen machen.«
»Langsam!« Ich hob die Hände.
»Quatsch.« Melike schüttelte energisch den Kopf. »Fritzi ist super. Alles, was ihm fehlt, ist regelmäßiges Springtraining, und das kriegt er jetzt.«
»Ich bin echt supergespannt.« Tim zwinkerte mir zu. »So wie Melike schwärmt, muss dein Fritzi ja ein zweiter Sandro Boy sein.«
»Er ist noch viel besser«, sagte Melike im Brustton der Überzeugung.
»Ach, du spinnst!« Ich verzog das Gesicht. »Man kann Fritzi doch nicht mit so einem Weltklassepferd vergleichen.«
»Wir werden sehen.« Tim sprang von der Rolle und verbeugte sich vor uns. »Meine Damen, bitte absteigen! Es wird allmählich dunkel. Morgen um die gleiche Zeit, okay? Mit Fritzi. Ich lasse mich überraschen.«
»Alles klar!« Wir sprangen vom Anhänger. »Und noch mal vielen, vielen Dank!«, rief ich.
»Gern geschehen.« Tim ließ den Motor des Traktors an und winkte uns zu.
Wir sahen ihm nach, bis er hinter der Biegung verschwunden war, dann gingen wir zurück zur Scheune und holten unsere Fahrräder.
13. Kapitel
Plötzlich kam mir eine Idee. Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Es war kurz vor halb fünf, wir hatten noch eine gute Stunde, bis es dunkel sein würde.
»Ich hab dir doch von den Pferden erzählt, die ich im Schuppen hinter dem Forsthaus gesehen habe«, sagte ich zu Melike. »Wollen wir da grad mal vorbeifahren?«
Natürlich war meine Freundin sofort Feuer und Flamme. Ich hatte meine Entdeckung am Forsthaus in den letzten Tagen völlig vergessen, so viel anderes war passiert, was mich beschäftigte. Aber nun war es mir wieder eingefallen. Wenn ich mit Fritzi in Zukunft ein paarmal in der Woche zur Wiese am steinernen Kreuz reiten musste, war der Weg durch den Wald am Forsthaus vorbei eine Abkürzung, und da wollte ich vorher sicher sein, dass ich dort nicht unverhofft den Pferdedieben gegenüberstand.
Wir
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