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Elena - Ein Leben für Pferde

Elena - Ein Leben für Pferde

Titel: Elena - Ein Leben für Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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ich. Das war nicht gelogen.
    »Dein Bruder hat mir erzählt, was heute in der Schule los war.«
    Oh Mist! Daher wehte der Wind. Warum konnte mein blöder Bruder nicht einfach mal seine Klappe halten?
    »Was hattest du mit Tim Jungblut zu reden?«, wollte Papa wissen.
    »Es war wegen Ariane«, sagte ich schnell. »Sie hat rumgeprotzt, dass sie mit Jungbluts in der Schweiz waren und ihr Vater Tim ein Pferd kaufen will. Ich hab sie gefragt, ob ihr Vater denn bei Jungbluts wenigstens seine Boxenmiete bezahlt, weil er’s bei uns nicht getan hat. Da hat Ariane mich total beschimpft und Tim hat nur zu ihr gesagt, sie soll mich in Ruhe lassen.«
    »Und wie kommt Tim Jungblut dazu, Partei für dich zu ergreifen?«, fragte Papa eisig. »Doch wohl nicht etwa, weil du vor Monaten mal ein Pferd von ihm eingefangen hast?«
    Warum hatte er nur so ein verdammt gutes Gedächtnis!
    »Ich weiß nicht«, erwiderte ich unbehaglich und spürte, dass ich mich auf dünnes Eis begab.
    »Guck mich an, Elena«, sagte Papa und ich gehorchte, auch wenn es mir schwerfiel. »Wenn ich noch ein einziges Mal höre, dass du mit diesem Jungen sprichst, dann hat das Konsequenzen. Und zwar sehr ernste. Ich verbiete – hörst du –, ich verbiete dir ein für alle Male, mit ihm zu reden. Geht das in deinen Kopf rein?«
    »Ja«, flüsterte ich und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen. Papa war so fies, ich konnte ihn überhaupt nicht mehr leiden.
    »Jetzt geh auf dein Zimmer. Und da bleibst du, bis ich dir wieder erlaube, herunterzukommen. Du hast bis auf Weiteres Hausarrest.«
    Mir fiel Mamas Brief ein, den ich Papa geben sollte. Ich ging in ihr Büro und fand ihn tatsächlich in der obersten Schreibtischschublade, so wie sie es mir gesagt hatte. Mit dem Brief in der Hand lief ich zurück in die Küche, wo Papa gerade den Kühlschrank inspizierte.
    »Was tust du noch hier?«, fuhr er mich an. »Hatte ich dir nicht gesagt, dass du auf dein Zimmer gehen sollst?«
    »Mama ist weg«, sagte ich.
    »Sie wird schon wiederkommen«, erwiderte er gereizt und klappte die Kühlschranktür zu.
    »Das glaube ich nicht. Ich soll dir was von ihr geben.« Ich hielt ihm den Brief hin.
    »Was ist das?«, fragte er und nahm ihn mir aus der Hand. Er riss den Umschlag auf und faltete den Brief auseinander. Ich beobachtete, wie sich sein Gesicht verfinsterte, als er die wenigen Zeilen, die Mama ihm geschrieben hatte, überflog.
    »Das hast du jetzt von deiner schlechten Laune«, warf ich ihm vor. »Du hast Mama aus dem Haus geekelt mit deiner Schreierei!«
    Papa zerknüllte den Brief. »Meinst du etwa, ich habe keine Sorgen?«, erwiderte er heftig. »Und ich schmeiße nicht einfach den ganzen Kram hin und haue ab!«
    »Tust du wohl!«, entgegnete ich furchtlos. »Du bist doch nie hier!«
    »Was weißt du denn schon davon?« Papa starrte mich wütend an, aber ich starrte genauso wütend zurück.
    »Ich weiß eine ganze Menge«, entgegnete ich. »Ich hab kapiert, um was es geht. Mama versucht hier alles zu retten, damit wir den Amselhof nicht verlieren, aber du kannst doch nur herumbrüllen! Du bist ganz allein schuld dran, dass Mama weg ist und dass hier alles kaputtgeht.«
    Und plötzlich überkam mich eine wilde, hilflose Wut. Wut auf Christian, der mich verpetzt hatte, auf Lajos, der gelogen hatte, auf Mama, die mich im Stich gelassen hatte, und auf Papa, der ungerecht und gemein war. Tränen schossen mir in die Augen, ich konnte es nicht verhindern.
    »Ich hasse dich!«, schrie ich meinen Vater an. »Ich hasse euch alle!«
    Ich versetzte einem Küchenstuhl einen so heftigen Stoß, dass er umkippte und auf den Boden krachte.
    »Heb den Stuhl auf«, sagte Papa, ungerührt von meinem Wutanfall.
    »Nein!«, brüllte ich und die Zornestränen strömten mir über das Gesicht.
    Ich rannte aus der Küche, schnappte meinen Hund, der den Streit mit eingekniffenem Schwanz vom Flur aus verfolgt hatte, und stampfte schluchzend die Treppe hoch. Wütend knallte ich die Tür hinter mir zu. Es war so ungerecht! Tim hatte niemandem etwas getan. Was auch immer damals dazu geführt hatte, dass meine Eltern die Jungbluts hassten, es war nicht unsere Schuld, ja wir waren noch nicht mal auf der Welt gewesen!
    Keine fünf Sekunden später stand Papa in der Tür.
    »Was fällt dir ein, hier so herumzuschreien und die Möbel umzuschmeißen?« Seine Stimme klang drohend. »Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Du gehst auf der Stelle runter, stellst den verdammten Stuhl wieder hin und

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