Elena - Ein Leben für Pferde
entschuldigst dich bei mir!«
»Ich denk nicht dran!«, schrie ich trotzig.
Papa machte einen Schritt auf mich zu, seine Augen flackerten, und mich durchzuckte für einen Moment die Befürchtung, dass ich jetzt eine Tracht Prügel abkriegen würde. Aber Papa blieb erstaunlich ruhig.
»Auch gut.« Mit zwei Schritten war er an meinem Schreibtisch und schnappte mein Handy, das ich dummerweise dort hingelegt hatte. Mit der anderen Hand beförderte er Twix hinaus in den Flur.
»Gib mir mein Handy wieder!«, kreischte ich und sprang auf.
»Ich denk nicht dran«, wiederholte er meine Worte und ging hinaus.
Fassungslos hörte ich, wie sich der Schlüssel im Schloss drehte. Er hatte mich in meinem Zimmer eingesperrt! Ich trommelte mit beiden Fäusten gegen die Tür und brüllte alle wüsten Flüche, die ich im Lauf der Jahre vom Aknefrosch aufgeschnappt hatte, aber mein Vater ließ sich nicht provozieren. Die Tür blieb zu und ich saß fest.
Ich heulte ohne Unterbrechung den Rest des Nachmittags, bis ich nicht mehr konnte und nur noch nach Luft schnappte wie ein Fisch auf dem Trockenen. Gott sei Dank hatte ich das Handy wenigstens ausgeschaltet, bevor Papa es einkassiert hatte, denn wenn er zufällig die SMS von Tim gelesen hätte, wäre mein Hausarrest wohl bis zu meinem achtzehnten Geburtstag verlängert worden.
Ich verkroch mich in meinem Bett, zog die Decke über den Kopf und schmiedete voller Zorn wilde Flucht- und Rachepläne. Allerdings gab es bei genauer Betrachtung nichts und niemanden, zu dem ich hätte flüchten können. Bei Melike würden sie mich innerhalb von Minuten finden; außerdem ging sie morgen für ein paar Tage auf Klassenfahrt. Lajos fiel ganz aus, der feige Lügner!
Es begann zu dämmern, dann wurde es dunkel. Mein Magen knurrte. Ich war zu stolz, um mich ans Fenster zu setzen und hinunter auf den Hof zu gucken. Papa hätte mich dort sehen können, und das wollte ich auf gar keinen Fall. Christian lärmte nebenan in seinem Zimmer herum und spielte dann wieder an seinem Computer. Dieser Mistkerl! Ihm war es bei dem Streit mit Tim doch überhaupt nicht um mich gegangen. Er hasste Tim vor allen Dingen deshalb, weil der besser reiten konnte, und suchte nur nach einer Gelegenheit, ihm deswegen eins auszuwischen. Nie wieder würde ich mit meinem Bruder reden! Und mit meinem Vater schon gar nicht.
Irgendwann war die Müdigkeit stärker als meine Rachegedanken und ich musste eingeschlafen sein, denn als ich plötzlich erschrocken hochfuhr, zeigte mein Wecker 1:26 an. Erstaunt stellte ich fest, dass Twix bei mir im Bett lag. Er knurrte behaglich vor sich hin, als ich ihn zur Seite schob, um das Licht anzumachen. Ich stand auf und ging zur Tür. Papa hatte wohl ein schlechtes Gewissen bekommen, denn sie war offen.
Ich ging aufs Klo und stand dann eine Weile unentschlossen im dunklen Flur herum. Wo mochte Papa wohl mein Handy hingetan haben? Ich hielt ihn für nicht so raffiniert, es zu verstecken, deshalb schlich ich auf Zehenspitzen die Treppe hinunter und warf einen Blick ins Elternschlafzimmer. Das Bett war unberührt. Papa war auch weg! Na toll. Er lag auch nicht auf der Couch im Wohnzimmer und nicht im Gästezimmer. Dafür fand ich auf dem Küchentisch mein Handy. Super!
Ich schaltete es an, gab meine Geheimzahl ein. Sekunden später piepste es leise. Sechs Nachrichten, alle von Melike. Ich schrieb ihr zurück, was vorgefallen war.
Dann tippte ich eine SMS an Tim. Riesenärger! , schrieb ich. Mein Bruder hat meinem Vater alles erzählt. Und der hat mir dann das Handy abgenommen. Melde mich!
Die Versuchung, das Handy einfach mit nach oben zu nehmen, war groß, aber ich widerstand, schaltete es ab und legte es wieder auf den Küchentisch.
Mein Magen knurrte vernehmlich. Seit dem Mittagessen hatte ich nichts mehr zwischen die Zähne gekriegt. Im Fach über dem Kühlschrank fand ich eine Packung Salzbrezeln. Ich mampfte die Hälfte weg, dann ging ich ins Wohnzimmer und legte mich dort auf die Couch.
Was würde passieren, wenn Mama nicht mehr zurückkam? Sie hatte es mir zwar versprochen, aber meiner Erfahrung nach sagten Erwachsene viel, wenn der Tag lang war, und hielten ihre Versprechungen meistens nicht ein.
Twix kam angetapst, sprang auf die Couch und rollte sich in meinen Kniekehlen zusammen. Ich gähnte und schloss die Augen. Zwei Minuten, dachte ich, dann gehe ich wieder hoch ins Bett.
Die Deckenstrahler flammten auf, ich blinzelte verschlafen in das helle Licht.
»Ach«, sagte
Weitere Kostenlose Bücher