Elena – Ein Leben fuer Pferde
düster, als er die Tragweite der Situation erkannte. Er war in einer kaum besseren Situation als ich, denn auch seine Eltern durften nichts von uns erfahren. Wir grübelten hin und her, machten Vorschläge und verwarfen sie wieder. Melike war für einen schonungslosen Frontalangriff auf Ariane. Und auch ich begeisterte mich für die Idee, Ariane mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.
»Mal ehrlich«, sagte Melike schließlich. »Sie glaubt doch nur, dass sie an der Schule beliebt ist. In echt können die Leute sie nicht ausstehen, weil sie eine eingebildete Pute ist und nur mit der Kohle von ihrem Vater herumprotzt. Ich wette, ich kann in kürzester Zeit hundert Leute aktivieren, die eine Anti-Ariane-Gruppe aufziehen.«
»Da ist etwas Wahres dran«, gab Tim zu. Auch ihm gefiel diese Idee ausnehmend gut.
»Mich stört’s nicht, was die über mich schreiben«, behauptete ich und meinte es auch so. »Ich lösche mein Profil bei SchülerVZ und fertig. Meine echten Freunde seid ihr. Und für euch brauche ich kein Internet.«
»Hm, wir müssten aber als Erstes dafür sorgen, dass dieses Foto von euch verschwindet und die Gruppe gelöscht wird«, sagte Melike. »Und das musst leider du machen, Tim.«
»Ich? Ich hab von Computern null Ahnung.«
»Nein, das muss anders gehen. Und ich weiß auch, wie.« Melikes Augen blitzten vor Begeisterung. »Pass auf, Tim. Wenn Ariane heute in den Stall kommt, machst du einen auf bedrückt. Und zwar so auffällig, dass sie es merkt. Sie wird dich drauf ansprechen.«
»Aber ganz sicher.« Tim schnaubte. »Sie labert mich dauernd voll.«
»Umso besser.« Melike nickte zufrieden. »Du sagst ihr, dir hätte ein Kumpel erzählt, im Internet ständen blödsinnige Sachen über dich und diese Weiland. Wer das da reingesetzt hat, könntest du dir nicht erklären. Du kannst sogar Elena verdächtigen, so nach dem Motto: Die will sich an mich ranschmeißen. Auf jeden Fall musst du Ariane klarmachen, dass du einen Megazoff mit deinen Eltern kriegst und dass du deshalb überlegst, die Schule hinzuschmeißen und irgendwo in Norddeutschland einen Job als Bereiter anzunehmen. Mach es richtig schön dramatisch.«
Tim begann zu grinsen und schüttelte den Kopf.
»Du bist ja mit allen Wassern gewaschen, Melike«, sagte er anerkennend.
»Nur so kann es funktionieren. Ariane will Elena eins reinwürgen, nicht dir. Daran hat sie in ihrem Hass nämlich wahrscheinlich gar nicht gedacht. So, und wenn es läuft, wie ich mir das denke, dann wird sie auf der Stelle die Gruppe löschen und das Bild rausnehmen. Sobald das geschehen ist, lege ich los.«
»Genial«, sagte Tim. Ich fand den Gedanken, dass Tim mit Ariane reden musste, nicht so prickelnd, aber Melike hatte recht. Das konnte wirklich klappen.
Ich nickte. »Von mir aus können wir es versuchen.«
»Dann machen wir es so«, bestätigte Tim. »Ariane hat heute Abend Unterricht bei meinem Vater. Ich sehe sie auf jeden Fall später noch.«
Er zog mich enger an sich. »Wir müssen in der nächsten Zeit eben noch ein bisschen vorsichtiger sein. Bald sind Sommerferien. Und dann ist Ariane erst mal in der Karibik oder auf dem Mond.«
»Cool!« Melike strahlte. »Wir haben einen Plan! Ich schwöre euch, diese blöde Schnecke wird sich noch wünschen, sie hätte sich nicht mit uns angelegt!«
Melike brannte darauf, ihren Vernichtungsfeldzug gegen Ariane zu starten, und verzichtete dafür sogar auf einen Grillabend in der Gesellschaft von Lajos und Liam. Gleich nachdem wir unsere Pferde versorgt hatten, schwang sie sich aufs Fahrrad und radelte nach Hause. Ich wollte sofort auf mein Zimmer, aber Papa hielt mich auf. Er stand mit ein paar Leuten vor zwei Boxen im langen Stall.
»Elena!«, rief er. »Ich möchte dich Frau Denninger, Fabian und Saskia vorstellen.«
Die neuen Einsteller hatte ich völlig vergessen. Widerstrebend ging ich zu ihm hin, schüttelte Frau Denninger brav die Hand. Fabian war etwa so alt wie Christian, er war groß und schlaksig und sah auf den ersten Blick ziemlich cool aus.
»Hey«, sagte er nur Kaugummi kauend.
Seine Schwester war ungefähr in meinem Alter. Sie war klein und dünn, hatte raspelkurze weißblonde Haare, die in alle Richtungen von ihrem Kopf abstanden, und riesengroße babyblaue Augen.
»Hi! Ich bin Kiki.« Sie hielt mir die Hand hin und ich schüttelte sie. »Eigentlich Saskia, aber das ist ein voll bescheuerter Name.«
Obwohl ich im Moment echt andere Sorgen hatte, musste ich grinsen.
»Das ist
Weitere Kostenlose Bücher