Elena – Ein Leben fuer Pferde
schloss ich.
Mein Bruder zögerte nicht lange.
»Ich rufe die Polizei an«, sagte er entschlossen. »Elena, schau mal nach, ob wir irgendein Foto von Liam haben.«
»Ich hab eins auf meinem Handy«, gab Melike zu.
»Sieh an.« Christian grinste kurz und Melike wurde tomatenrot.
Da summte Christians Handy. Mein Bruder warf mir einen Blick zu, dann straffte er die Schultern und ging dran.
»Hallo, Papa«, sagte er. »Und, wie ist es bei euch?«
Er hörte kurz zu und rollte die Augen.
»Hier ist leider nichts in Ordnung. Heute Nacht ist Fritzi gestohlen worden … Nein, Robbie schläft immer noch, die haben ihm wohl ein Schlafmittel gegeben … Das Schloss am Sommergitter ist aufgebrochen worden … Ja, ja, natürlich, die Polizei war schon hier.«
Er lauschte einen Moment. Danach rief er den Kriminalkommissar an und sagte, dass er Liam für einen Pferdedieb hielt. Melike schickte das Foto von ihrem Handy an eine Nummer, die der Kommissar Christian durchgab. Jetzt hieß es abwarten.
Wir saßen im Stall um das Radio herum. Um zwei Uhr kam die erste Suchmeldung nach Liam und seinem Auto und nach Fritzi. Fabian und Kiki fuhren kurz nach Hause, um sich umzuziehen. Die Zeit verging quälend langsam. Ich wartete voller Unruhe auf ein Lebenszeichen von Tim. Sein Handy war ausgeschaltet.
Plötzlich klingelte mein Handy mit einem fremden Ton und unterdrückter Nummer.
»Elena, ich bin’s!«, rief Tim. »Was ist los bei euch? Ich habe eben im Radio gehört, dass Fritzi gestohlen wurde.«
Ich berichtete ihm kurz und knapp, was geschehen war.
»Von wo aus rufst du an?«, fragte ich dann.
»Vom Festnetz aus«, erwiderte Tim. »Mein Vater hat heute Morgen doch wirklich mein Handy einkassiert. Ich bin dummerweise auf der Kreuzung vor dem Hof fast mit ihm zusammengestoßen. Er kam mit dem Auto und dem Hänger angebraust und hat mich beinahe über den Haufen gefahren. War auf hundertachtzig, der Alte, und wollte wissen, wo ich herkomme. Als ich ihm gesagt habe, ich sei bei meiner Freundin gewesen, hat er mir eine geklebt, mir den Mopedschlüssel und das Handy abgenommen. Fehlt nur noch, dass er mich bei Wasser und Brot im Keller einsperrt.«
»Dein Vater ist heute Morgen mit dem Pferdehänger gekommen?«, fragte ich und mir wurde abwechselnd heiß und kalt.
»Ja. Er hat ihn noch eigenhändig mit dem Dampfstrahler abgespritzt. Und den Jeep auch. Hat mich schon gewundert, eigentlich muss ich so was immer …« Er verstummte. »Oh, Elena, du glaubst doch nicht …?«
Er sprach den Satz nicht zu Ende.
»Liam ist heute nicht zur Arbeit gekommen.« Meine Stimme klang ganz piepsig. »Er war doch neulich bei euch auf dem Hof. Und denk an den Mann, mit dem er sich in Eschwege getroffen hat, und an die Sache mit dem Schlüsselbund. Die Diebe haben Fritzi auf einen Hänger verladen, das steht fest.«
»Großer Gott«, sagte Tim.
»Glaubst du, dass dein … dein Vater etwas damit zu tun haben könnte?«, wagte ich zu fragen.
Tim zögerte einen Moment.
»Wenn ich ehrlich bin«, sagte er dann, »traue ich meinem Vater alles zu. Aber wenn er Fritzi heute Nacht bei euch gestohlen hat und war um halb sechs wieder zu Hause, dann kann Fritzi noch nicht weit weg sein. Mist, da kommt er. Ich werde versuchen, mehr herauszufinden. Ich ruf später wieder an.«
20. Kapitel
Die Warterei war das Schlimmste. Papa rief jede Stunde an, um sich zu erkundigen, ob es Neuigkeiten gab. Meine Eltern hatten keinen Flug mehr bekommen und die nächste Fähre ging erst am Morgen von Rosslare aus. Papa hatte Opa und Oma erreicht, sie würden am Abend wieder auf dem Hof sein. Christian hatte das Telefon laut gestellt, damit Melike und ich mithören konnten und er später nicht jedes Wort wiederholen musste.
»Was ist mit Liam?«, fragte Papa nun. »Klappt wenigstens mit den Pferden alles?«
Wir blickten uns an.
»Christian!«, rief Papa ungeduldig. »Bist du noch dran?«
»Papa, äh, Liam ist heute nicht gekommen«, sagte Christian. »Er ist wie vom Erdboden verschluckt, und ich hab der Polizei gesagt, dass ich glaube, er könnte etwas mit dem Diebstahl zu tun haben.«
» Wie bitte ? Liam soll Fritzi gestohlen haben?«
»Ja. Zusammen mit Richard Jungblut.«
»Also Christian, ich bitte dich!«, schrie Papa ins Telefon. »Hoffentlich hast du das nicht auch der Polizei gesagt! Wie kommst du denn auf so einen Unsinn?«
»Jungbluts Sponsor war ganz scharf auf Fritzi«, rechtfertigte Christian seinen Verdacht. »Und die Polizei vermutet
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