Elena – Ein Leben fuer Pferde
auch, dass die gestohlenen Pferde in den Osten gebracht werden. Wieso nicht nach Armenien?«
Papa regte sich noch ein bisschen auf, dann riss die Verbindung ab.
Fabian und Kiki kehrten zurück, beladen mit Pizza. Sogar im Fernsehen kam die Suchmeldung nach Liam und Fritzi.
Endlich rief auch Lajos an, er hatte auf seinem Handy gesehen, dass wir ein paarmal versucht hatten, ihn zu erreichen. In der Gegend in den Vogesen, in der er war, hatte sein Handy meistens keinen Empfang. Als er hörte, was geschehen war, versprach er, noch in der Nacht zurückzukommen.
Opa und Oma trafen ein, wieder erzählten wir die ganze Geschichte. Aber auch sie konnten nichts machen.
Es war halb zehn, als Tim anrief. Er war ganz aufgeregt.
»Warte!«, rief ich. »Ich stelle das Telefon laut, damit die anderen mithören können.«
Zu fünft drängten wir uns um mein Handy und lauschten ungläubig, was Tim zu berichten hatte.
»Liam ist bei uns auf dem Hof! Ich habe gerade ein Gespräch zwischen ihm und meinem Vater belauscht«, zischte er. »Er heißt übrigens gar nicht Liam, mein Vater sagt Andy zu ihm.«
»Der Reihe nach, Tim!«, mahnte Christian.
»Ja, ja, okay. Also: Mein Vater war stinksauer, weil Liam plötzlich hier aufgetaucht ist. Er hat Angst, jemand könnte ihn sehen. Aber Liam ist total durch den Wind, weil im Radio und im Fernsehen nach ihm gesucht wird. Mein Vater hat zu ihm gesagt, er solle auf der Stelle zurück zu den Pferden fahren und die Nerven bewahren. Niemand hätte irgendwelche Beweise, es sei schließlich nicht das erste Mal und bisher sei immer alles glattgegangen. Heute Nacht würden die Pferde ohnehin alle weggehen, dann kriegten sie ihr Geld und seien aus der Sache raus.«
Noch heute Nacht! Ich war verzweifelt. Eine dumpfe Angst wühlte in meinem Bauch. Was, wenn ich Fritzi niemals wiedersehen würde?
»Oh Tim! Wo kann Fritzi nur sein?«
»Ich versuche, es herauszufinden«, versprach Tim. »Ich melde mich wieder.«
Wir aßen die mittlerweile kalte Pizza, aber sie schmeckte niemandem richtig. Dann gingen wir noch einmal hinüber in den Stall. Robbie war zwar wieder einigermaßen beisammen, aber das Schlafmittel wirkte noch immer nach.
Opa und Oma gingen ins Bett, von uns dachte jedoch niemand an Schlaf. Es war kurz nach elf, als mein Handy wieder schrillte.
»Ich weiß, wo sie die Pferde versteckt haben!«, verkündete Tim.
Kurz nachdem Liam verschwunden war, hatte Tims Vater einen Anruf bekommen. Er hatte dem Anrufer gesagt, er habe sämtliche Papiere und Pässe da und er solle ihn anrufen, sobald er am Frankfurter Kreuz sei, denn er selbst brauche knapp zwanzig Minuten.
»Ich hab darüber nachgedacht, wohin man von uns aus in zwanzig Minuten fahren kann«, erklärte Tim. »Und da ist mir der alte Gutshof bei Braunshart eingefallen. Da war ich vor ein paar Wochen mal mit meinem Vater, Gasparian und dem Grinser. Der Hof gehört einem Spediteur aus Königshofen, er benutzt die Gebäude als Lagerhallen und das Gelände als Abstellplatz für Lkws und Container. Gasparian kennt den Spediteur, hundertprozentig! Sie haben Russisch gesprochen und gelacht und sich auf die Backen geküsst wie alte Kumpels.«
»Du könntest recht haben«, pflichtete Christian Tim bei. »Ich kenne den Hof. Der liegt so weit außerhalb, dass niemandem auffällt, wenn da mal ein Pferd wiehert oder wenn sie nachts Lkws beladen. Was machen wir jetzt?«
»Die Polizei rufen«, schlug Melike vernünftigerweise vor.
»Und wenn die Pferde dann doch nicht dort sind?«, widersprach Christian. »Dann stehen wir da wie die Volltrottel! Tim, wo bist du jetzt?«
»Ich bin in Braunshart.« Tim war nur noch undeutlich zu verstehen. »Hab ja einen Zweitschlüssel für mein Moped und das Handy von meiner Mutter.«
Plötzlich riss das Gespräch ab. Christian fluchte und versuchte, Tim zurückzurufen, aber es kam keine Verbindung zustande. Funkloch.
»Was machen wir jetzt?«, wiederholte mein Bruder und legte die Stirn in Falten. »Wir können Tim nicht allein lassen.«
»Wie willst du denn jetzt bis nach Braunshart kommen?«, fragte Melike. »Das sind über zwanzig Kilometer.«
»Quer durchs Steinauer Moor sind es höchstens acht«, entgegnete Christian.
»Willst du laufen?«, erkundigte Fabian sich. »Oder mit dem Traktor fahren?«
»Nein.« Mein Bruder grinste. »Wir reiten. Und zwar auf der Stelle.«
»Du spinnst doch, Christian«, sagte ich. »Papa bringt uns um, wenn er das erfährt.«
»Willst du deinen Fritzi wiederhaben
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