Elena – Ein Leben fuer Pferde
richtigen Verbrechern! Diese Männer, die gezielt und mit hohem Risiko teure Pferde stahlen, waren ganz und gar skrupellos und würden vor nichts zurückschrecken. Dass Liam mit ihnen unter einer Decke steckte, machte es nicht besser, sondern viel schlimmer.
»Wir hätten die Polizei anrufen sollen«, flüsterte Fabian hinter mir und ich gab ihm recht. Christian durfte jetzt auf keinen Fall etwas Leichtsinniges tun, was uns alle in noch größere Gefahr bringen konnte.
Doch in diesem Augenblick wurde Fritzi aus dem Stall geführt. Im mir krampfte sich alles zusammen, als ich mitansehen musste, wie diese Kerle mein Pferd behandelten. Fritzi wehrte sich. Er wollte sich nicht verladen lassen. Er stieg steil in die Luft, dann stemmte er bockig alle vier Beine in den Boden. Zwei Männer zerrten an seinem Halfter, aber was hatten sie schon gegen ein ausgewachsenes Pferd auszurichten?
»Ja, Fritzi, wehr dich nur ordentlich!«, flüsterte ich, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Ich kannte den Hengst seit dem Tag seiner Geburt, er war mir so vertraut wie kein zweites Pferd auf dieser Welt, und mein Herz blutete, als ich zusehen musste, was sie ihm antaten.
»Da ist Tim!«, zischte Christian mir zu. »Da vorn, siehst du ihn?«
Tatsächlich! Er schlich sich auf der gegenüberliegenden Seite des Hofs durch die Schatten zum Lkw. Die Männer waren viel zu sehr mit Fritzi beschäftigt und dem Theater, das er veranstaltete, als dass sie auf den Lkw geachtet hätten. Mit angehaltenem Atem beobachtete ich, wie das Licht in der Fahrerkabine für einen Moment aufflammte, als Tim die Beifahrertür öffnete und hineinkletterte. Was hatte er vor?
»Jetzt verladet den Scheißgaul endlich!«, hallte die scharfe Stimme von Richard Jungblut über den Hof. »Wir haben nicht ewig Zeit. Andy, los, hol eine Peitsche und Longen!«
»Da ist ja auch Liam, die kleine Kakerlake«, bemerkte Christian. »Ah, Tim hat den Zündschlüssel abgezogen. Sehr clever!«
Die Männer hatten nun Longen am Lkw befestigt und schlangen sie um Fritzis Hinterteil, um ihn so gewaltsam zur Verladerampe zu ziehen. Der Hengst wehrte sich verzweifelt. Seine Augen rollten, Schaum troff von seinem Hals. Er stieg so hoch, dass ich schon fürchtete, er würde sich rückwärts überschlagen. Dann sprang er in die Luft. Funken stoben unter seinen Hufeisen auf, die Männer fluchten. Schließlich wusste Fritzi sich nicht anders zu helfen und keilte nach hinten aus. Es machte ein dumpfes Geräusch, ein Schmerzensschrei hallte durch die Nacht. Er hatte einen seiner Peiniger getroffen.
»So, jetzt reicht’s mir aber!«, brüllte Richard Jungblut. Er riss Liam die Peitsche aus der Hand und hob den Arm. »Die Viecher müssen auf dem Lkw sein, wenn der Boss kommt!«
Da konnte ich es nicht mehr aushalten.
»Nein!«, schrie ich. Meine Stimme überschlug sich. »Hören Sie auf damit!«
Bevor Christian mich daran hindern konnte, verließ ich mein Versteck und rannte auf die Männer zu.
Richard Jungblut fuhr herum. Ihm fiel die Kinnlade hinunter, als er erst mich und dann Christian erkannte. Auch Liam wurde schneeweiß.
Ich stürzte an ihnen vorbei zu meinem Pferd.
»Fritzi!«, rief ich.
Der Hengst hörte auf zu toben, hielt mit hocherhobenem Kopf inne und stieß ein schrilles Wiehern aus. Aber da packte mich jemand grob am Arm und riss mich unsanft zurück.
»Ich will mein Pferd wiederhaben!«, kreischte ich. »Es gehört mir!«
Ich kämpfte verbissen, trat und schlug um mich, doch der Mann war stärker. Man bog mir brutal die Arme auf den Rücken, ich schrie wie am Spieß. Richard Jungblut musterte mich kalt. Er holte aus, ich schloss die Augen und erwartete die Ohrfeige, aber da verschwand Tims Vater ganz plötzlich aus meinem Blickfeld. Tim hatte sich auf seinen Vater gestürzt und ihn von mir weggestoßen.
»Was machst du denn hier, zum Teufel?« Auf einmal klang die Stimme von Richard Jungblut bestürzt.
»Meinst du, ich lasse es zu, dass du die Pferde meiner Freunde stiehlst?«, schrie Tim zornig. »Immer machst du alles kaputt! Dein ganzes Leben lang hast du jedem, der mit dir zu tun hatte, nur Unglück gebracht!«
Fritzi scharrte ungeduldig mit den Hufen auf dem Pflaster. Er wieherte schrill, ein anderes Pferd antwortete.
»Großer Gott, Tim, verschwinde von hier!«, beschwor Richard Jungblut seinen Sohn. »Bitte geh!«
»Ich gehe ganz sicher nicht ohne meine Freunde«, erwiderte Tim. »Lass Elena los, du Arschloch!«
Das war an den Mann gerichtet, der mich
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