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Elf Leben

Elf Leben

Titel: Elf Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Watson
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von einem Tisch zum anderen und lernst jede Menge Frauen kennen. Und dann …«
    »Ja, schon klar, ich weiß, was das ist. Ich frage mich nur gerade, ob es wirklich dein Ernst ist, dass wir so was machen sollen.«
    Murray reibt sich mit der freien Hand die Nase.
    »Na ja, ich meine, w-w-wir sind ja beide schon eine W-weile solo.« Wenn er in Verlegenheit ist, schlägt sein Stottern meist so richtig durch, als wäre seine Stimme eine alte Festplatte, die jedes Wort einzeln herunterladen muss. Beim ›W‹ hakt es meist zuerst.
    »Ich bin eigentlich ganz gern solo.«
    » Ich nicht.«
    Der Wagen fährt schwerfällig um eine rutschige Kurve an einem Briefkasten, dessen Leerungszeiten von seinem neuen Schneemantel überdeckt sind.
    »Ich glaube nicht, dass ich ideale Voraussetzungen für einen Single-Abend habe. Ich kann ja schlecht sagen: Hallo, ich bin Xavier aus dem Radio. Stell dir mal vor, bei den Frauen ist eine Hörerin dabei, wie peinlich das wäre.«
    »Dann benutz halt deinen alten Namen. Chris. W-w-was war denn überhaupt so schlecht daran?«
    »Na ja, aber sie werden mich trotzdem fragen, was ich so mache, egal wie ich mich vorstelle.«
    »Dann erfinde halt was.«
    »Ich soll fünfundzwanzig wildfremde Frauen kennenlernen und eine nach der anderen belügen?«
    »Sie w-w-werden alle lügen«, sagt Murray, »das macht man eben, um sich po-positiv darzustellen.«
    Murray setzt sorgfältig den Blinker, obwohl keine anderen Autos unterwegs sind, und rollt unsicher die steile Bayham Road bis zur Nr. 11 hinunter.
    »Meinst du wirklich, auf die Art findest du jemanden?«, fragt Xavier. »Durch Hunderte von kurzen Gesprächen in einer lauten Bar?«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    Xavier seufzt. Fast alles wäre eine bessere Idee. Murray sollte eigentlich selber wissen, dass er als Stotterer bei Drei-Minuten-Dates denkbar schlechte Karten hat. Natürlich will Xavier ihm das nicht so direkt sagen.
    »Na gut, einverstanden. Dann können wir das wenigstens abhaken.«
    Xavier tappt zur Haustür, wobei seine Füße unerwartet tief in den Schnee einsinken, wie Kerzen in eine Buttercremetorte, und er dreht sich noch einmal um und winkt Murray zu.
    Auf einer Branchenparty letztes Jahr um Weihnachten wollte ihm eine einflussreiche Producerin – klein und drall, mit teleskopischen Absätzen – eine eigene Sendung schmackhaft machen, ohne Murray: etwas, das Xavier immer wieder passiert, seit er begonnen hat, sich einen Namen zu machen.
    »Wissen Sie, bei allem Respekt, er bremst Sie aus«, rief sie, reckte sich zu ihm hoch und blies ihm cocktail-sauren Atem ins Gesicht. Sie war die Art von Frau, die jeden anschrie, als wäre sie es in ihrer Zwergenhaftigkeit gewohnt, ihre Worte über eine große Distanz zu übermitteln. »Er bremst Sie aus, dieser … Wie heißt er?«
    »Murray.«
    »Genau, Baby.« Sie packte Xavier am Handgelenk, als würden sie gleich tanzen oder sich küssen. Xavier, der Firmenpartys eher meidet, ist oft überrascht über die plumpen Vertraulichkeiten der Mächtigen in seiner Branche. »Ich habe erst neulich in einem Meeting über Sie gesprochen.« Sie ließ ein paar wichtige Namen fallen. »Sie sollten das Fernsehen in Betracht ziehen, ganz im Ernst, Sie würden sich fabelhaft machen vor der Kamera, und auch im Radio gibt es tausend Möglichkeiten, wenn Ihnen das lieber ist. Aber Sie müssen allein weitermachen.«
    Xavier sah beklommen zu Murray hinüber, der am Rande eines Grüppchens herumgelungert und erfolglos versucht hatte, hier und da in das lebhafte Gespräch einzuhaken.
    »Ich denke mal darüber nach.«
    »Ja, unbedingt.« Sie drückte ihm eine Visitenkarte in die Hand.
    Er steckte sie in die Hosentasche, wo sie auch jetzt noch ist, in seinem Kleiderschrank. Natürlich hat er Murray nichts von dem Gespräch erzählt; wie immer bei solchen Gelegenheiten sagte er, er habe nur Smalltalk gemacht.
    Xavier sieht zu, wie Murray den Wagen mit seiner unbeholfenen Hartnäckigkeit knirschend und ruckelnd die steile Straße hochmanövriert.
    Während Xavier im Wartesaal zwischen Gedanken und Träumen im Bett liegt, wandern seine Gedanken zurück zu dem Gespräch im Auto, und er erinnert sich an den Tag, als er seinen Namen änderte, zwei Wochen nach seiner Ankunft in London. Der eigentliche Vorgang war erstaunlich unspektakulär – ein paar Formulare ausfüllen, sie in ein graues Büro in Essex bringen und ein paar Tage auf die Bestätigung per Post warten. Aber die unendliche Auswahl an neuen Namen war

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