Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elf Zentimeter

Elf Zentimeter

Titel: Elf Zentimeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Scheiblecker
Vom Netzwerk:
und das Kind«, sagte meine Mutter.
    »Wird es ein Enkel oder eine Enkelin?«, fragte mein Vater völlig zusammenhanglos, als ich gerade schilderte, welche Vereinbarungen ich mit Johanna getroffen hatte.
    »Er braucht jetzt wirklich eine ordentliche Arbeit«, sagte meine Großmutter.
    »Wenn du mit dem Kabarett weitermachen willst, dann tu es«, sagte mein Vater. »Dein Kind hat nichts davon, wenn du deine Ziele aufgibst.«
    Die vielen guten Ratschläge überforderten mich auch. Meine Gedanken schweiften ab. Ich könnte eine Jury von drei erfahrenen Prostituierten zusammenstellen und sie die Penislängen von historischen und lebenden Persönlichkeiten bewerten lassen. Bei uns in Österreich ist für die Menschen alles, was irgendwie amtlich daherkommt, sakrosankt. Die Frage war auch, wie ich zu so einer Jury kommen könnte und welche Persönlichkeiten ich bewerten lassen würde. Eine seriöse Schätzung von Silvio Berlusconis Schwanzlänge, das musste doch eigentlich einschlagen.
    »Er braucht eine ordentliche Arbeit«, wiederholte meine Großmutter.
    Mein Vater senkte seine Stimme zu einem Flüstern.
    »Ich hoffe, dass du nicht unglücklich bist.«
    Meine Mutter hatte es gehört.
    »Wieso sollte er unglücklich sein?«
    Das rief sie so laut, dass es wahrscheinlich noch in Jakobs Garten sechs Kilometer entfernt zu hören war.
    Ich versicherte ihnen, dass alles in bester Ordnung sei, und versprach, Johanna anzurufen und zu fragen, welche von den aus dem Keller ausgegrabenen Dingen sie brauchen konnte.
    »Ruf sie jetzt sofort an«, sagte meine Mutter.
    Alle waren ziemlich enttäuscht, als sie erfuhren, dass Johannas Eltern schon im eigenen Keller gegraben hatten. Ich half mit, unser eigenes Zeug wieder nach unten zu schleppen und bei der Gelegenheit die gesamte Unterwelt unter unserem Haus aufzuräumen.

[home]
    12
    M ein Vorsatz, ein Leben ohne Penistrauma zu führen, schien sich nicht wirklich zu erfüllen.
    Während ich von der Hektik meiner bevorstehenden Vaterschaft umgeben war, spürte ich, wie ich mich ganz in diese neue Rolle flüchtete, um dem eigentlichen Problem aus dem Weg zu gehen.
    Bei meiner Vaterschaft hatte ich viele Unterstützer, mit meinem Schwanz war ich allein. Ich erwog nun doch, einen Psychologen zu konsultieren, aber ich erwartete mir davon nicht viel. Zweifellos würde er eine ähnliche Position einnehmen wie einst der Arzt, der mich vom Metallring befreit hatte. Dass alles gar nicht so schlimm sei und dass es auf die Länge gar nicht ankomme. Es sei denn, man leide an dem medizinischen Phänomen des Mikropenis, der aber weniger als sieben Zentimeter lang ist. Der kürzeste gemessene Mikropenis soll sogar nur 1,3 Zentimeter lang gewesen sein. Ich hatte auch bereits ein Bild von so einem Mikropenis gesehen, das dem von einer fast gleich großen übergroßen Klitoris gegenübergestellt gewesen war. Meine Hoffnung, mein Selbstbewusstsein damit aufzubessern, war vergeblich gewesen. Mir fiel ein, dass der Abstand von meiner Schwanzlänge zu einem größeren Mikropenis nicht viel größer war als der Abstand zum guten Durchschnitt eines normalen Penis.
    Ich kannte auch schon alle Studien, die Psychologen wohl gegenüber Klienten wie mir zitierten. 2005 war festgestellt worden, dass 45 Prozent der Männer mit ihrer Penislänge unzufrieden waren. Eine Befragung von Frauen hingegen hatte ergeben, dass 85 Prozent der Frauen mit der Schwanzlänge ihres Partners »sehr zufrieden« waren.
    Beruhigt hatte mich das auch nicht. Immerhin hatte genau ein Drittel der Männer, die sich als zu schlecht ausgestattet empfanden, zumindest ein bisschen recht. Ihre Frauen waren nicht »sehr zufrieden«. Sechs Prozent fanden den Schwanz ihres Partners überhaupt eindeutig zu kurz. Wahrscheinlich dachten alle Betroffenen, dass sie zu diesen sechs Prozent gehörten. Bei mir stimmte diese Befürchtung allerdings garantiert. Es tröstete mich nicht einmal, dass es mit Brüsten so ähnlich war. Ziemlich viele Frauen dachten, ihre wären zu klein, während die Männer das ganz anders sahen.
    Immer wieder kam mir der Gedanke, einfach vor allem davonzulaufen. Ich hatte es schon einmal versucht, damals, als ich in dem Möbelhaus arbeitete. Ich fühlte mich zu jener Zeit schon ziemlich erwachsen. Ich war immerhin schon über sechzehn Jahre alt, verdiente mein eigenes Geld und hatte einen Mopedführerschein. Ich hatte nur noch keine Erfahrung mit Frauen und wusste noch nicht, dass ich mit Sabine wenig später meine ersten

Weitere Kostenlose Bücher