Elfen-Jagd
Jahresdienst«, sagte die Gorgone. »Jetzt sollst du deine Antwort bekommen.«
Die Augen des kleinen Mädchens leuchteten auf wie ein Mittagshimmel, und sie zappelte vor Aufregung. »Oh, danke schön, Gorgone! Tut mir fast leid, daß ich gehen muß, aber ich sollte langsam wirklich mal wieder nach Hause. Meine Mutter wird langsam ungeduldig, weil sie mich immer nur im magischen Spiegel zu sehen bekommt. Wie lautet denn die Antwort?«
Die Gorgone knuffte Humfrey in die Seite, wobei ihr üppiger Körper in Wallung geriet. »Die Antwort, Gatte!«
»Ach so, ja«, pflichtete der Gute Magier ihr bei, als sei ihm das noch nicht vorher eingefallen. Nachdenklich räusperte er sich.
»Auch sagen nun, was ich muß tun«, warf Krach ein, ohne zu merken, daß er damit einen wichtigen Denkvorgang störte.
»Ihr beide reist zusammen«, sagte Humfrey.
Krach blickte zu dem winzigen Mädchen hinab, und Tandy starrte den riesigen Oger an. Jeder war noch entsetzter als der andere. Der Oger war zweieinhalbmal so groß wie das Mädchen, und das war noch der geringste Unterschied zwischen den beiden.
»Aber ich habe doch gar nicht gefragt…« protestierte Tandy.
Die Gorgone schien zu lächeln. »Manchmal bedürfen die Äußerungen meines Mannes einer gewissen Erläuterung«, sagte sie. »Er weiß so viel mehr als wir alle, daß er einfach nicht unsere Unwissenheit berücksichtigt.« Sie kniff Humfrey auf beachtenswert vertrauliche Weise in die Wange. »Er meint folgendes: Ihr beide, Krach und Tandy, sollt gemeinsam durch die Wildnis Xanths reisen und euch dabei gemeinsam der Gefahren erwehren. Das ist der Preis, den der Oger anstelle eines Jahresdienstes hier im Schloß zu zahlen hat – seine Begleiterin zu beschützen. Und es ist auch die Antwort, für die das Mädchen bereits bezahlt hat.«
»Genau das habe ich doch gesagt«, grummelte Humfrey.
»Hast du auch, mein Lieber«, pflichtete die Gorgone ihm bei und hauchte ihm einen gesichtslosen Kuß auf den Scheitel.
»Aber das ergibt doch überhaupt keinen Sinn!« protestierte Tandy.
»Das braucht es auch gar nicht zu tun«, erklärte die Gorgone. »Es ist ja nur eine Antwort.«
Oh! Nun begriff Krach, soweit er dazu fähig war.
»Darf ich jetzt wieder an mein Buch?« fragte der Gute Magier gereizt.
»Aber natürlich darfst du das«, erwiderte die Gorgone großmütig und tätschelte seinen Hintern, als er sich umdrehte. Der Gute Magier marschierte wieder die Treppe zu seinem Studierzimmer empor. Krach wußte, daß der Mann wertvolle Arbeitszeit verloren hatte, doch irgendwie wirkte der Magier nicht unglücklich. Aber die feinen Nuancen zwischenmenschlicher Beziehungen waren für Oger natürlich unverständlich.
Die Gorgone drehte sich wieder zu ihnen um. »Er ist ja so lieb!« sagte sie. »Ich weiß wirklich nicht, wie er ein ganzes Jahrhundert ohne mich auskommen konnte.« Anscheinend schien sie sich nun auf Tandy zu konzentrieren. »Und du könntest mir unterwegs vielleicht einen Gefallen tun«, sagte die Gorgone. »Ich habe früher auf einer Insel in der Nähe des Dorfs des Magischen Staubes gelebt, das, wie ich glaube, direkt am Weg liegt, wenn ihr zum Ogersee geht. Ich habe in meiner Jugend dem Dorf einigen Schaden zugefügt und bin deshalb dort nicht mehr sehr willkommen. Aber meine Schwester, die Sirene, wohnt noch dort in der Gegend, und wenn du ihr vielleicht meine Grüße übermitteln würdest…«
»Aber wie soll ich denn mit einem Oger auf Reisen gehen?« wandte Tandy ein. »Das ist doch keine Antwort, das ist eine Strafe! Der frißt mich doch sofort auf, sobald er Hunger bekommt!«
»Nicht unbedingt«, widersprach die Gorgone. »Krach ist kein gewöhnlicher Oger. Er ist ehrlich und halbwegs zivilisiert. Er wird seinen Dienst korrekt ableisten, so gut ihm dies mit seinem beschränkten Fassungsvermögen möglich ist. Er wird es nicht zulassen, daß dir irgendein Leid widerfährt. Tatsächlich kannst du dir in den Urwäldern Xanths überhaupt keinen besseren Beschützer wünschen.«
»Aber wie löst denn das mein Problem, selbst wenn er mich nicht verschlingt?« beharrte Tandy. »Reisen nutzt doch überhaupt nichts! Ich kann doch nirgendwo hin, um…«
Die Gorgone legte dem Mädchen einen Zeigefinger auf die Lippen. »Behalt dein Problem erst einmal für dich, Liebes. Verlaß dich einfach auf das, was ich dir sage. Wenn mein Mann meint, daß das Reisen dein Problem lösen wird, dann wird es das auch tun. Humfrey wußte, daß heute ein Oger zu uns kommen
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