Elfen-Jagd
damit, Oger!« bellte der Magier gereizt. »Wie lautet deine Frage?«
Jetzt war Krach verlegener denn je. Er wußte nämlich überhaupt nicht, was er fragen sollte. Er hatte einmal geglaubt, daß sein Leben vollkommen sein würde, wenn er erst einmal ausgewachsen wäre, doch irgendwie hatte er dann festgestellt, daß dem nicht so war. Irgend etwas fehlte – und er wußte nicht, was. Und doch hatte er keine Ruhe, bis dieses fehlende Etwas gefunden war. Deshalb hatte er sich auch auf die Reise zum Guten Magier gemacht; denn das taten alle Wesen, wenn sie vor scheinbar unlösbaren Problemen standen. Doch es fehlte ihm an Intelligenz, seine Frage zu formulieren. Er hatte gehofft, daß ihm dies während der Reise gelingen würde, doch wie die Oger nun einmal waren, hatte er die ganze Sache vergessen, bis er am Ziel angelangt war. Es ließ sich nicht leugnen: Es gab Situationen, da waren Oger dümmer, als ihnen guttat. »Nicht weiß, nicht weiß«, gestand er ratlos und stellte einen Fuß auf den anderen.
Humfrey zog eine Grimasse. Er war ein sehr alter Gnom, und es war eine recht beachtliche Grimasse. »Soll das heißen, daß du hierhergekommen bist, um für eine Antwort einen ganzen Jahresdienst abzuleisten, und gar keine Frage hast?«
Krach hatte durchaus eine Frage, da war er sich ganz sicher; er wußte nur nicht, wie er sie formulieren sollte. Also stand er schweigend da und tropfte Wasser auf herumliegende Gegenstände, ganz der dumme Tölpel.
Humfrey seufzte. »Selbst wenn du sie gestellt hättest, wäre es doch nicht die richtige Frage gewesen«, sagte er. »Die Leute stellen ständig die falschen Fragen und vergeuden ihre Zeit und Arbeit. Ich weiß noch, wie vor nicht allzu langer Zeit ein Mädchen zu mir kam, um mich zu fragen, wie sie ihr Wesen ändern könnte. Chamäleon hieß sie, obwohl man sie damals noch nicht so nannte. Ihr Wesen war völlig in Ordnung. Was sie ändern mußte, das war ihre Einstellung.« Er schüttelte den Kopf.
Wie es der Zufall wollte, kannte Krach Chamäleon. Sie war die Mutter von Prinz Dor und verwandelte sich ständig von einem klugen Wesen in ein dummes und von einem schönen in ein häßliches. Humfrey hatte völlig recht: Ihr Wesen war ganz in Ordnung. Krach unterhielt sich gern mit ihr, wenn sie gerade genauso dämlich war wie er, und er betrachtete sie gerne, wenn sie so häßlich war wie er. Doch leider kamen die beiden Eigenschaften niemals zusammen. Trotzdem – für einen Menschen war sie ganz nett.
»Also gut«, sagte Humfrey in einem Tonfall, der das genaue Gegenteil meinte. »Wir haben also zur Abwechslung mal was Neues: eine Antwort ohne Frage. Bist du sicher, daß du den Preis dafür bezahlen willst?«
Krach war sich keineswegs sicher, doch er wußte auch nicht, wie er das ausdrücken sollte. Also nickte er einfach, und sein zottiges Gesicht erschreckte dabei einen Kuckuck, der gerade die volle Stunde ansagen wollte. Anstatt zu rufen, ließ der Vogel vor Schreck etwas fallen und verschwand wieder in seinem Häuschen.
»Dann eben so«, meinte der Magier achselzuckend. »Das, was du brauchst, findest du bei den Ur-Ogern.« Dann erhob er sich und stapfte auf die Tür zu. »Komm jetzt. Meine unansehnliche Frau wird sich um deinen Dienst kümmern.«
Wie betäubt folgte Krach ihm. Jetzt hatte er seine Antwort – und verstand sie nicht.
Sie schritten eine Treppe hinab. Auf irgendeine ihm völlig unverständliche Weise war Krach nach oben gelangt, als er unter der Feuermauer hindurchgeschwommen war. Unten wurden sie von Humfreys Frau erwartet, der schönen, gesichtslosen Gorgone. Sie war deshalb gesichtslos, weil ihr Gesicht, wenn es zu sehen gewesen wäre, alle Männer auf der Stelle zu Stein hätte werden lassen. Doch selbst ohne Gesicht, so sagte man ihr nach, hatte sie noch immer eine gewisse versteinernde Wirkung auf Männer. »Hier«, sagte Humfrey, als würde er einen Sack Äpfel abliefern.
Die Gorgone musterte Krach von Kopf bis Fuß – so sah es jedenfalls aus. Einige der Schlangen, die ihr Kopfhaar darstellten, zischelten. »Sieht wirklich wie ein Oger aus«, bemerkte sie. »Ist er stubenrein?«
»Natürlich ist er nicht stubenrein!« bellte Humfrey. »Er hat mir mein ganzes Studierzimmer vollgekleckert! Wo ist das Mädchen?«
»Tandy!« rief die Gorgone.
Ein kleines Mädchen erschien, das nach menschlichen Maßstäben recht hübsch war, mit braunen Locken und blauen Augen und einer kecken Himmelfahrtsnase. »Ja, Madame?«
»Tandy, heute endet dein
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