Elfen-Jagd
würde, und er wußte, daß du einen solchen Beschützer brauchst, weil du dich in der Welt dort draußen kaum auskennst. Glaub mir, alles wird sich zum Besten wenden.«
»Aber ich habe doch überhaupt kein Reiseziel!«
»Nein, aber Krach hat eins. Er sucht die Ur-Oger.«
»Gleich einen ganzen Stamm von Ogern? O weh, da kann ich mich ja gleich begraben lassen!«
Die Gorgone musterte sie auf tadelnd-gesichtslose Weise. »Natürlich brauchst du den Rat nicht zu befolgen, für den du bezahlt hast, Liebes. Aber der Gute Magier Humfrey weiß es wirklich besser.«
»Ich glaube, der wird langsam alt«, meuterte Tandy hitzig. »Vielleicht weiß er gar nicht mehr so viel wie früher.«
»Er behauptet gerne, daß er schon mehr vergessen hat, als er jemals wußte«, meinte die Gorgone. »Vielleicht stimmt das ja sogar. Aber ich rate dir, ihn nicht zu unterschätzen. Und urteile auch nicht falsch über diesen Oger!«
Tandy zog eine Schnute. »Also gut, also gut! Dann gehe ich mit diesem Ungeheuer mit. Aber wenn der mich auffrißt, dann trifft dich die Schuld dafür! Dann rede ich kein Wort mehr mit dir!«
»Auf meine Verantwortung«, stimmte die Gorgone ihr zu. »So, und jetzt hat Krach Hunger.« Sie drehte sich zu ihm herum. »Komm in die Küche, Oger, da gibt’s ein paar rohe Kartoffeln zu mampfen. Sie sind noch nicht geputzt und geschält und manche sind wurmstichig. Das wird dir schmecken.«
»Du machst wohl Witze!« sagte Tandy. Doch dann sah sie, wie Krach sich mit der Zunge über die Lippen fuhr. »He, du machst wohl doch keine Witze!«
»Gar kein Witz, hab’ Hungerhitz«, meinte Krach und hoffte insgeheim, daß es zu den Kartoffeln noch ein paar Fässer lauwarmes Spülwasser geben würde. Tandy verzog das Gesicht.
3
Schlauschlingen
Sie machten sich gemeinsam auf die Reise, aber sie hatten beide nicht viel Freude daran. Krach mußte winzige, langsame Schritte machen, damit das Mädchen mithalten konnte, und Tandy machte keinen Hehl daraus, daß sie den Oger für einen monströsen Raufbold hielt. Sie weigerte sich, sich von ihm tragen zu lassen, was er mühelos hätte tun können. Trotz der Versicherungen der Gorgone fürchtete sie sich noch immer davor, von ihm verschlungen zu werden. Sie schien eine Abneigung gegen Ungeheuer zu haben, vor allem gegen männliche. Also zogen sie mühselig gen Süden in Richtung Ogersee. Allein hätte das für Krach einen knappen Tagesmarsch bedeutet, doch so würden sie mehrere Tage dazu benötigen. Da hatte ihm der Gute Magier aber wirklich etwas aufgehalst! Und dabei wußte Krach noch nicht einmal, welche Frage er ihm beantwortet hatte.
Die Landschaft war recht abwechslungsreich. Zuerst kamen sie durch welliges Gelände, und Tandy brauchte ihre Zeit, bis sie sich daran gewöhnt hatte, auf wogenden Hügeln zu gehen. Mehrmals fiel sie dabei zu Boden, doch der war zum Glück mit weichem, grünem Torf bedeckt, so daß sie sich mit den Wellen abrollen konnte. Mit wachem Desinteresse bemerkte Krach, daß seine Gefährtin gar nicht so kindlich war, wie sie schien. Zwar war sie selbst für einen Menschen ziemlich klein, doch im Laufe ihrer Stürze offenbarte sie wohlgeformte Gliedmaßen und einen ebensolchen Torso. Tatsächlich war sie eine kleine Frau, bis in die kleinste Einzelheit. Tandy schien sich in Xanth erstaunlich schlecht auszukennen, fast als sei sie noch nie dort gewesen – was natürlich Unsinn war; denn jeder Bürger von Xanth hatte in Xanth gelebt, sogar die Zombies und Gespenster, die zwar nicht mehr lebten, aber immer noch aktiv waren.
Nachdem sie die wogenden Hügel hinter sich gelassen hatten, gelangten sie in eine etwas stabilere Gegend, die von einem Gewirrbaum beherrscht wurde. Gewirrbäume, die man auch Greifer nannte, hatten etwas mit Drachen und Ogern gemeinsam: Kein vernünftiges Wesen griff sie freiwillig an. Krach dachte nicht einmal darüber nach, sondern umging ihn, ohne ihm seine Herrschaft streitig zu machen.
Tandy jedoch schritt schnurstracks den sauberen, freien Weg entlang, der stets zu solchen Raubbäumen führte, und sog unschuldig den Wohlgeruch der üblen Pflanze ein. Fast war sie schon in Reichweite der hungrigen Umarmung des Greifers, als Krach endlich begriff, daß sie wirklich nicht wußte, was sie da vor sich hatte.
Krach sprang auf das Mädchen zu und versuchte, sie aus dem Griff der zuckenden Tentakel zu reißen. »Nicht gehen, stehen!« dröhnte er.
Tandy bemerkte ihn. »Iiiih! Das Ungeheuer will mich fressen!« schrie sie. Doch
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