Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
weder Mitleid, noch Erbarmen. Ihr tötetet nicht, um uns zu retten; das hätte ich verstanden. Ihr tötetet ohne jedes Motiv, um des Tötens willen!"
"Seid Ihr denn besser, Herr Edro? Kanntet Ihr bei Ychkr Mitleid?
Oder Gnade? Habt Ihr ihn nicht kaltblütig zu Tode gebracht? Und die Wesen seiner Traumwelt, Edro! Ihr habt sie alle gleich mitgetötet, denn sie konnten ohne ihren Gott nicht mehr existieren! Ihr habt tausendfachen Mord begangen! Oh, Ihr habt das Recht längst verwirkt, über andere zu urteilen. Und schon gar nicht dürft Ihr über mich urteilen, denn ich bin gewissermaßen ein Teil von Euch: Ich bin Euer Schatten, vergesst das nie!"
Kapitän Jakad ging mit besorgtem Gesicht davon. Mit schriller Stimme gab er seinen Seeleuten Anweisungen. Und so blieben nur noch Edro und sein Schatten.
Edro hatte das Gefühl, dass diese Begegnung schon lange hätte stattfinden müssen. Aber er selbst war daran Schuld gewesen, dass es zu einer Aussprache nie gekommen war.
"Für welchen Preis, mein düsterer Schatten, würdet Ihr es aufgeben mich zu verfolgen? Für welchen Preis würdet Ihr dieses Schiff auf der Stelle verlassen?"
Edro trat an die Reling und blickte den düsteren Wolken entgegen.
Die Wellen wurden bereits spürbar höher und hin und wieder spritzte ihm die fliegende Gischt ins Gesicht.
"Ihr könntet mir alle Königreiche der Welt zu Füßen legen,Edro.
Ihr könntet mich von meinem Weg nicht abhalten. Ich muss Euch folgen."
"Aber, so geht das doch nicht weiter!"
"Versucht Euch mit mir zu identifizieren!" Wie ein Gespenst huschte der Düstere dann davon. Was hatte er wohl gemeint? Das Unwetter kam schnell näher. Wild schaukelte das Schiff hin und her und obwohl es erst Nachmittag war, war es schon so dunkel wie am späten Abend.
Blitze donnerten irgendwo in der Ferne herab, und Regen klatschte gegen die LARA KARWING.
Edro war noch immer an Deck. Er hatte über das nachgedacht, was ihm der Düstere gesagt hatte. Nun sah er ihn am Bug der LARA KARWING stehen. Er sah den düsteren Wolken und dem Unwetter furchtlos entgegen, ja er schien es sogar zu erwarten, als sei es ein besonderes Ereignis oder eine Festlichkeit.
Der Dakorier zog es dann allerdings doch vor, sich ins Innere des Schiffes zurückzuziehen.
Er suchte den Maskenträger in seiner Kabine auf.
Er saß in sich versunken auf dem Boden und schien intensiv nachzudenken. Es wahr ihm aber in keiner Weise zu entnehmen, in welcher Stimmung er sich befand.
"Störe ich?" fragte Edro, aber der Mann ohne Gesicht verneinte mit einem leichten Kopfschütteln.
Das Schiff wurde von den Wellen und vom Wind heftig hin und hergerissen und es waren schon eine ganze Reihe von Gegenständen umhergeschleudert worden. Sie lagen unordentlich verstreut in der Kabine und schienen ihren gegenwärtigen Besitzer auch nicht im Geringsten zu stören.
Edro schloss die Tür hinter sich.
"Ich wollte mit Euch über etwas reden", sagte er, wobei auch er sich setzte. Die beiden Männer hörten eine Weile dem Ächzen und Stöhnen des Schiffes zu, bis der Mann ohne Gesicht schließlich fragte:
"Um was geht es, mein Freund?"
Hinter der Maske blitzten seine Augen eigentümlich. Sie waren unruhig und voll der Angst und wenn es eben möglich war, dann wich Edro ihren Blicken aus. Soviel Pein, soviel Furcht war in ihnen zu lesen, dass sie jeden erschrecken mussten, der in sie hinein sah.
"Es geht um den Düsteren.
"Um unseren Retter?"
Edro passte diese Bezeichnung nicht so recht. Irgendwo sträubte sich etwas in ihm gegen den Beinamen `Retter`. Er wusste selbst nicht, warum das so war.
Er nickte.
"Ja, genau, um ihn geht es."
"Was ist mit ihm?"
"Er folgt mir. Und er sagt, er werde mir immer folgen. Es sei sein Schicksal!"
"Habt Ihr noch nicht versucht, ihn loszuwerden?" Und dann erzählte der Dakorier dem Maskenträger von seinen Kämpfen mit dem Schatten.
"Er kommt immer wieder und überall hin folgt er mir. Er behauptet mein Schatten zu sein - der Schatten, den ich verloren habe!"
"Vielleicht hat er recht."
"Ich hoffe nicht."
Gespenstisches Stöhnen drang an die Ohren der beiden Männer.
"Das ist der Sturm", erklärte der Maskenträger.
"Ein schreckliches Wetter!"
Das dumpfe Rollen eines Donners erschreckte sie dann plötzlich.
"Ihr seid in einer verzweifelten Lage", meinte der Gesichtslose dann. Er rülpste ungeniert.
"Aber ich glaube nicht, dass ich Euch zu helfen vermag!"
"Versucht es doch wenigstens!"
"Ja, das kann ich tun. Aber
Weitere Kostenlose Bücher