Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
die einzig und allein den Charakter des Sprechers betrifft; denn egal über was sich ein Mensch auch immer auslassen mag – er sagt nie nur etwas zur Sache, sondern auch immer etwas über sich selbst, wenn auch oft verborgen und verschlüsselt.
Lakyr-a-Dergon war ein Mann von großer Eitelkeit, so wurde mir in diesem Augenblick bewusst. Und sein Vorhaben, das verstaubte Weltbild seiner Mitmenschen zu demolieren entsprang sicher nicht nur einer selbstlosen Motivation.
*
Am Tage unserer Abreise stellte Lakyr mir einen Mann namens Ganjon vor. Er war von großer Gestalt und, so schien es mir auf den ersten Blick, von primitivem gewissenlosem Charakter.
„Er ist der beste Bogenschütze weit und breit!“, lachte Lakyr. „Ich habe ihn der Garde des Bürgermeisters abwerben können!“ Ich zog misstrauisch die Brauen zusammen. Grobschlächtiges Gesindel! Ein hartes Urteil und sicherlich auch kein gerechtes.
Aber so ist der Lauf der Dinge. Man entscheidet im Augenblick und ist sich der eigentlichen Beweggründe oftmals gar nicht völlig bewusst.
Jedenfalls bedeutete es für mich nicht gerade eine besonders angenehme Vorstellung, mit diesem Subjekt mehrere Wochen gemeinsamer Reise verbringen zu müssen …
„Wozu brauchen wir ihn?“, fragte ich daher.
„Wozu?“ Lakyr schüttelte den Kopf. „Was für eine Frage, werter Keregin! Was für eine Frage! Er soll uns beschützen!“
„Wovor?“
„Wir werden den vielfältigsten Bedrohungen ausgesetzt sein.“ Es schien zwecklos, gegen die Anwesenheit dieses Barbaren argumentieren zu wollen. So schwieg ich also, obwohl ich eher in Ganjon als in etwas anderem, das uns auf unserem Weg begegnen konnte, eine Bedrohung erblicken konnte.
So ist das eben.
Das Geld regiert die Welt, nicht die Vernunft.
Und Lakyr-a-Dergon gehörte nun einmal zu denjenigen, die von Geburt an damit gesegnet sind, ohne dass sie auch nur einen Handschlag dafür zu tun hatten, während ich und Ganjon – dies dürfte der einzige verbindende Punkt zwischen uns gewesen sein - ein Angestellter, ein Bediensteter war, der das zu tun hatte, was ihm aufgetragen wurde.
Nun denn, wer hat schon die Wahl …
Lakyr besaß ein eigenes Schiff samt dazugehöriger Crew. Sonst fuhr er damit den breiten Rir-Fluss hinab zur nahegelegenen Mündung und dann die Küste entlang – nach Gun oder Rogii, manchmal auch bis Balan, um dort Handel zu treiben. Des Öfteren aber auch einfach nur zum Vergnügen.
Flussaufwärts ging die Reise seltener.
Was gab es schon Besonderes in Malint oder Moimarak?
Aber diesmal würde die Reise dorthin gehen – und noch viel weiter. Den Kapitän hatte ich bereits vorher kennen gelernt und er schien mir ein fähiger Vertreter seines Fachs zu sein.
Es ging also den Fluss hinauf – und das war einfacher gesagt als getan. Wenn der Wind günstig stand, wurde gesegelt. Wenn das unmöglich war, musste gerudert werden.
Zu beiden Seiten des großen Stroms erstreckte sich das fruchtbare Hügelland. Die Bauern bestellten ihre Felder oder trieben ihre Rinder auf die Weiden. Palniarak hatte ein blühendes Umland.
„Bin gespannt, was Ihr auf dem Uytrirran finden werdet“, brummte der Kapitän, an Lakyr-a-Dergon gewandt. „Ich weiß nicht so genau, aber ich schätze, ich bin wohl ziemlich in der Mitte zwischen Glauben und Unglauben stehen geblieben… Einerseits kann ich mir nicht vorstellen, dass die Welt sich von allein in Gang hält, dass da nichts ist, das sie ordnet, das bestimmt, was geschieht und was nicht geschieht. Die Welt sieht mir nicht aus, als wäre sie ausschließlich chaotischer Natur. Aber andererseits fällt es mir schwer mir vorzustellen, dass Wesen wie unsere Götter – so wie man sie in den Tempeln als Steinbildnisse bewundern kann – es sind, die die Ordnung auf der Erde gewährleisten und bestimmen.“
„Ihr habt Euch die Kraft des gesunden Zweifels bewahrt, Kapitän“, entgegnete Lakyr. „Es sollte mehr Menschen geben, die, wie Ihr, ihren Kopf zum Denken gebrauchen – und nicht als Ablageplatz für Kopfschmuck!“
*
Was lässt sich über Malint sagen?
Vielleicht, dass es die nächste größere Siedlung flussaufwärts ist.
Oder dass die Malinter allesamt das palniarakische Bürgerrecht besitzen. Alles in allem aber haftete dieser kleinen Stadt der Makel des Provinziellen an. Alle wichtigen Einrichtungen der Republik befanden sich in Palniarak selbst, der Bürgermeister kam nur höchst selten hierher.
Der Hafen wirkte etwas
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