Elfen wie Feuer
in ihrer Stimme war trotz des Windes unverkennbar.
Visyna sah von Rallie zu Chayii und hütete sich, etwas zu sagen. Chayii war eine Elfe, die schon unglaublich lange lebte, wie jeder wusste. Rallie dagegen war anders als alle Menschen, denen Visyna jemals begegnet war. Sie sprach mit einer Weisheit, die nur durch sehr viel Erfahrung über einen sehr langen Zeitraum erreicht worden sein konnte. Und beide waren, jedenfalls soweit Visyna das beurteilen konnte, Hexen. Das hätte sie eigentlich wie Schwestern aneinanderbinden sollen. Jede von ihnen war auf ihre Art eine mächtige Bannwirkerin, und jede benutzte ihre Fähigkeiten, um die Schattenherrscherin daran zu hindern, sie alle zu vernichten.
»Möglicherweise kannst du das entscheiden, Visyna«, sagte Chayii.
Visyna wusste, dass sie in der Falle saÃ. Chayii war seit ihrer ersten Begegnung mehr oder weniger herzlich mit ihr umgegangen, aber Visyna war klar, dass die Elfe von der Beziehung zwischen ihr und ihrem Sohn Konowa wusste, ganz gleich, wie angespannt und unhaltbar diese zurzeit auch sein mochte. Chayii hatte bisher ihre Meinung in dieser Angelegenheit nicht kundgetan, aber Visyna war sich so gut wie sicher, dass die Elfe diese Beziehung nicht billigte.
»Ja, Kind, sag schon«, meinte Rallie.
Wieso müssen alte Hexen eigentlich immer Spielchen spielen?, fragte sich Visyna. Andererseits konnte man zu dritt genauso gut spielen wie zu zweit.
Wortlos nahm Visyna einen Löffel, beugte sich über den Topf und tauchte den Löffel ein. Sie lächelte die beiden Frauen an, als sie den gefüllten Löffel an die Lippen hob, stolz, dass sie eine ausweglose Situation vermieden hatte. Dann kostete sie die Brühe.
Tränen traten ihr in die Augen und liefen ihr die Wangen herunter, wo der Wind sie trocknete. Die Zeit schien sich aufzulösen, als sich ihre Welt zu einem hellen, weiÃen Licht zusammenzog, das hinter ihren Augen zu explodieren schien. Es fühlte sich an, als wäre ihr die Schädeldecke weggeflogen.
»Und?«, erkundigte sich Yimt. Der Zwerg stand nervös den Frauen gegenüber. Es wäre ihm wirklich eine Ehre, hatte er gesagt, für drei so vornehme Damen zu kochen. Ganz offensichtlich wussten seine Kameraden seine kulinarischen Bemühungen nicht sonderlich zu schätzen. Jetzt trat er ein paar Schritte zur Seite, kam wieder zurück und zupfte die ganze Zeit an seinem Bart.
Rallie nahm ihren Löffel und tauchte ihn in den Topf; Chayii folgte sofort ihrem Beispiel. Sie beide sahen zuvor Visyna an, die aber keine groÃe Hilfe war. Ihre Nasenflügel waren aufgebläht, die Wangen gerötet. Die beiden Frauen nickten sich zu und kosteten Yimts Eintopf.
Es schien wie eine Ewigkeit, in der man nur das Geräusch des Windes und das Krachen der Wellen hörte, als das Schiff sich beeilte, dem Sturm davonzusegeln. Yimt zerrte so fest an seinem Bart, dass er sich mehrere Haarsträhnen ausriss.
Visyna fand als Erste ihre Stimme wieder.
»Wie ⦠wie nennen Sie das?«
»Das ist ein Drachenrattenrezept meiner alten Mutter. Sie hat das von ihrer Mutter und die wiederum von ihrer.« Er lieà seinen Bart los und fuchtelte mit der Hand herum. »Mir ist schon klar, dass es in einem Eisentopf gekocht ist und dass solche Geräte euch Feenvolk nicht gefallen, also schmeckt es vielleicht nicht ganz so, wie es sollte â¦Â«
»Warum ist es grün?«, unterbrach ihn Chayii. Ihre Stimme klang etwas undeutlich.
»Ach so. Sie haben es vielleicht schon erraten, aber wir haben keine Drachenratten an Bord. Und ehrlich, welches Schiff sticht schon mit einem ordentlichen Vorrat an Drachenratten in See? Ich habe den Koch gefragt, diesen einarmigen Kerl mit dem Glasauge und dem Holzbein, aber obwohl er Fässer von gepökeltem Schweinefleisch, Rindfleisch, Ziegenfleisch und vermutlich sogar gepökeltes Salz an Bord hat, befindet sich nicht eine einzige Drachenratte in seinen Lagerräumen. Allerdings hat er mich darauf hingewiesen, dass das Schiff einen groÃen Vorrat von normalen Ratten hat.«
Visyna wusste, dass ihr jetzt sämtliche Farbe aus dem Gesicht geschwunden war. »Sie meinen �«
Yimt legte die Hand aufs Herz. »Normale Ratten in einem Eintopf? Meine Mutter hätte mich an den Ohren aufgehängt. Nicht einmal, wenn mein Leben davon abhängen würde. Nein, ich habe eine Angelschnur ausgeworfen und ein paar Fische geangelt.
Weitere Kostenlose Bücher