Elfen wie Stahl
auf der ganzen Welt schon immer getan haben, während sie auf ihre Befehle warten.« Er beugte sich vor, griff in einen der beiden Ersatzreitstiefel und zog eine groÃe schwarze Flasche heraus. »Wir trinken!«
11
OBWOHL KONOWA FLINKDRACHE beinahe ein ganzes Leben lang praktisch isoliert in einem schwülen, von blutgierigen Insekten verseuchten, stinkenden Wald verbracht und dabei nicht mehr zu tun gehabt hatte, als nachzudenken, hatte er immer noch nicht herausgefunden, wie man wirklich seinen inneren Frieden fand. Ging es darum, die richtige Frage zu stellen, oder musste man einfach nur auf die richtige Art und Weise nach der Antwort suchen? Mit Mühe dachte er über seinen derzeitigen Zustand nach oder versuchte es jedenfalls.
Sein Kopf hämmerte wie eine Blechtrommel auf einem sonnenverbrannten Exerzierplatz. Selbst die schon so lange verschwundene Spitze seines linken Ohres schmerzte. Das war weder eine Folge seines Kampfes mit den Rakkes noch von Visynas Versuch, ihn umzubringen, bevor sie ihn besser kennengelernt hatte, versteht sich. Ebenso wenig lag es daran, dass er fast von der Kavallerie Ihrer Majestät enthauptet worden war, oder an der einfachen, heimtückischen Folter, auf ein Pferd steigen zu müssen. Sondern es war, und dessen war er sich absolut sicher, der Salabranntwein, den er während der letzten achtundvierzig Stunden mit dem Herzog von Harkenhalm getrunken hatte.
»Der Kommandeur Ihrer Majestät, Befehlshaber ihrer Streitkräfte im GroÃprotektorat von Elfkyna, hat Ihnen eine Frage gestellt«, sagte Marschall Ruwls Zauberer.
Ah, und natürlich das. Ein Feuer tief in Konowa flammte erneut auf. Im Zelt des Herzogs drängten sich sechs Offiziere von Ruwls Stab. Jaal war früh am Morgen abgerückt, ohne sich zu verabschieden. Etwas hatte seinen alten Freund bekümmert, aber betrunken, wie sie waren, hatte Jaal sich schlicht geweigert, darüber zu diskutieren. Stattdessen hatte er immer mehr Flaschen und Flakons zutage gefördert, die er in Taschen und Ãrmeln versteckt hatte, und Konowa mit Schilderungen der Ereignisse des letzten Jahres amüsiert.
»Tatsächlich?« Konowa richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Gruppe von Männern, die ihn umringte.
Sie glitzerten und funkelten wie ein Schwarm Sittiche. Die Brust eines jeden Einzelnen war mit strahlenden Orden geschmückt, die, wie bei ihren gefiederten Gegenstücken, dafür da waren, andere Männchen zu beeindrucken und Frauen dahinschmelzen zu lassen. Konowa las die Verachtung in ihren Gesichtern, gähnte, kratzte sich den Kopf und sprang dann vor, als wollte er sie angreifen. Sie zuckten zusammen, alle bis auf den alten Elfenmagus, Jurwan Blattflüsterer. Er starrte Konowa nur gelassen an, während er Nüsse kaute, die er in einem Beutel verwahrte. Seine funkelnden Augen verrieten eine aufsässige Intelligenz, und sein wettergebräuntes Gesicht war so faltig, dass es wie Borke wirkte. Blattflüsterer stützte sich auf eine Hellebarde mit einem brünierten scharfen Blatt und einer Girlande aus Blättern um den Schaft. Er trug eine bunte Robe aus Tierhäuten und war mit einer faszinierenden Federhaube aus grauen, schwarzen und roten Federn geschmückt, die über die Spitzen seiner Ohren reichte. Der Magus wirkte eher wie ein Vagabund denn wie einer der mächtigsten Bannwirker.
»Allerdings«, ergriff der Marschall das Wort. »Und Sie werden so freundlich sein zu antworten.«
Konowa riss seinen Blick von dem des Magus los und sah Marschall Ruwl an. Der Marschall war nur noch ein Schatten des Mannes, den Konowa einst gekannt hatte. Trotz des milden Lichts, das durch das Segeltuchmaterial des Zeltes ins Innere drang, wirkte der Marschall verblichen. Sein silbergrüner Umhang hing schlaff um seine Schultern, und sein Zweispitz wackelte auf seinem Kopf, als wäre dieser geschrumpft. Am meisten verblüfften Konowa jedoch seine Augen: Sie waren entzündet und rot gerändert; sie wirkten zu schwach, um einen entschlossenen Blick auch nur einen Moment zu erwidern.
»Nein«, sagte Konowa.
»Nein?«, antwortete der Marschall. Einige Offiziere keuchten entsetzt, während Blattflüsterer nur lächelte.
»Sind Sie jetzt auch noch taub geworden?«, erkundigte sich Konowa.
Mindestens drei Säbel rasselten in ihren Scheiden, als die Stabsoffiziere des Marschalls bei dieser Beleidigung vortraten.
Ein leises
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