Elfen wie Stahl
Leben gerettet, und zwar nicht nur bei der Konfrontation mit den Rakkes. Ohne die Gesellschaft dieses pelzigen, sein Territorium permanent markierenden Raubtiers wäre Konowa verrückt geworden. Die Unterströmungen des Lebens des Waldes waren durch seine Träume geflossen und hatten sirrende Nachklänge von etwas hinterlassen, das er nicht verstand. Er fragte sich, was die Elfen von der Langen Wacht ertragen mussten, und war fast dankbar dafür, dass er damals auf der Geburtswiese zurückgewiesen worden war.
»Ein Goldstück für Ihre Gedanken.« Rallies Stimme riss Konowa wieder in die Gegenwart zurück.
»Da würden Sie eine Menge Wechselgeld bekommen«, erwiderte Konowa und lächelte, um sein plötzliches Unbehagen zu verbergen. Besaà Rallie vielleicht die unheimliche Fähigkeit seines Vaters, die Gedanken eines anderen lesen zu können?
»Das bezweifle ich sehr, Konowa Flinkdrache«, antwortete Rallie über das ganze Gesicht grinsend. »Jedenfalls nicht, wenn Sie mir Ihre wahren Gedanken verraten haben.«
Konowa zwang sich zu einem Lächeln und ritt schweigend weiter. Darauf kannst du lange warten, dachte er.
20
DIE SONNE BRANNTE vom Himmel, und die Hitze lastete wie Ziegelsteine auf den Soldaten, als das Regiment über die von Schlingpflanzen bedeckte Ebene von Qundi nach Osten marschierte. Der Pfad, dem sie folgten, schlängelte sich wie ein alter Fluss durch die Steppe. Sein Bett war ein zentimeterdicker Teppich aus Staub, der bei jedem Schritt aufstob und die Soldaten überzog, bis sie ebenso grau waren wie die Erde. Bei jedem Schritt sahen sie auch die Ergebnisse des endlosen Kampfes, diesen Pfad frei zu halten. GroÃe Haufen von schwarzen, geschrumpften Pflanzen säumten den Pfad, ihre Stämme lagen zerstückelt daneben, die Enden braun und vertrocknet. Doch wo auch immer Feuer oder Klinge den Weg frei gemacht hatten, waren neue Pflanzen aus dem Boden gebrochen, schickten ihre Tentakeln über den Weg und zwangen das Regiment, zehn Soldaten und zwei Muraphanten vorauszuschicken, damit sie den Weg frei hackten und die Pflanzen niedertrampelten.
Es war ein langsamer, erschöpfender Marsch. Soldaten stolperten und stürzten zu Boden. Ihre Haut war so trocken wie Pergament, und sie verdrehten die Augen, bis man nur noch das WeiÃe sah. Am späten Nachmittag verteilte man die Vorräte von einem Muraphanten auf die anderen Tiere, damit er Soldaten tragen konnte, die zu schwach zum Weitergehen waren. Konowa hatte zuerst Rallie gefragt, ob er einige Soldaten
in ihren Planwagen verfrachten könnte, aber sie hatte sein Ansinnen höflich abgelehnt. Sie meinte, dass sich die Soldaten auf dem Muraphanten viel wohler fühlen würden. Nachdem der zwanzigste Soldat zusammengebrochen war, lieà der Prinz endlich die Kolonne anhalten und ein Nachtlager aufschlagen.
»Schaffen sie nicht einmal einen Tagesmarsch?« Der Prinz lief ungeduldig im Schatten unter seiner Markise hin und her und trank Wein aus einem Kristallkelch.
Konowa zwang sich, seine zur Faust geballte Hand wieder zu öffnen. »Es ist tagsüber auÃerordentlich heiÃ, und die Soldaten haben keinerlei Schatten, unter dem sie Schutz suchen könnten, Sir ⦠Und sie haben auch keine Pferde.« Er konnte seinen Ãrger kaum beherrschen.
»Sie sind Soldaten des Calahrischen Imperiums und gehören zur besten Armee der Welt. Muss man sie verhätscheln? Sollte ich Kutschen für sie rufen, damit sie gemütlich ans Ziel kommen und dabei verweichlicht und faul werden?«
Wie Ihr?, hätte Konowa gerne gesagt, schüttelte jedoch nur den Kopf. »Ich würde einfach nur vorschlagen, dass wir unsere Marschroutine ändern, damit wir in der schlimmsten Hitze des Tages ruhen. Wir können in der Nacht und am frühen Morgen marschieren, wenn es kühler ist. Es wird uns nicht viel nützen, mit Soldaten in die Schlacht zu ziehen, die benommen und schwach sind und nicht einmal eine Muskete abfeuern können.«
Prinz Tykkin schien darüber nachzudenken, während er weiter auf und ab ging und nur innehielt, um seinen Kelch neu zu füllen. Er machte sich nicht die Mühe, Konowa etwas anzubieten, entweder aus Bosheit oder aus Angst, dass noch mehr seines Bleikristalls zerschmettert auf dem Boden landen könnte.
»Sehr gut, also rasten wir bis zum Einbruch der Nacht und setzen dann den Marsch fort. Ah«, das Gesicht des
Weitere Kostenlose Bücher