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Elfen wie Stahl

Elfen wie Stahl

Titel: Elfen wie Stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Evans
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hindurch. Die Bäume schieden eimerweise klebrigen Saft ab, dessen Geruch genauso widerlich war wie der auf dem feierlichen Sommerball in der Hauptstadt von Calahr, an dem er vor Jahren einmal teilgenommen hatte.

    Der Gestank und der Lärm hätten bereits genügt, ihm den Wald zu verleiden, aber offenbar schien sich das Schicksal damit nicht zu begnügen. Zu allem Überfluss war sich Konowa auch noch sicher, dass die Bäume ihn beobachteten. Schlimmer noch, er hatte den wachsenden Verdacht, dass sie versuchten, ihm etwas mitzuteilen. Er ging zu einem Baum, streckte sogar die Hand aus und tätschelte ihn, aber der Baum sah aus wie ein Baum und benahm sich auch so. Er wirkte vollkommen undurchschaubar, während er einfach dastand.
    Es liegt nur an der Hitze, schloss er und wischte sich den Schweiß von der Stirn. In Elfkyna war es im Sommer unerträglich heiß, im schneelosen Winter nass und den Rest des Jahres widerlich.
    Er war, wie schon das gesamte letzte Jahr, allein in einem Wald.
    Der Gedanke erinnerte ihn an die wütenden Worte, die er vor all den Jahren geschrien hatte, als er seinen gebrochenen Arm hielt und gegen den Stamm des Baumes trat, der ihn hatte herunterfallen lassen. »Ich hasse den Wald, und ich will kein Elf mehr sein!«
    Auch Jahrzehnte später hatte sich an diesem Gefühl nichts geändert.
    Konowa ließ seufzend die Feldflasche sinken und streckte die Hände mit den Handflächen nach oben vor sich aus, während er überlegte, ob er jemals wieder sein Schicksal selbst bestimmen würde. Dann betrachtete er seine Hände genauer und drehte sie herum. Seine natürliche braune Hautfarbe hatte sich zu dem dunkleren rötlichen Ton der Rinde der Bäume um ihn herum verfärbt. Na großartig, dachte er. Ich verwandle mich in einen verdammten Baum. Er fuhr mit den Händen durch seine verfilzte schwarze Mähne und erwartete
fast, Blätter unter seinen Fingern zu spüren. Stattdessen jedoch streiften sie seine Ohrmuscheln, ertasteten die Spitze seines rechten Ohres und die ausgefranste Narbe am linken, wo zuvor die Spitze gewesen war. Er hatte diese Verstümmelung nicht absichtlich herbeigeführt, aber das Ergebnis regte ihn auch nicht allzu sehr auf. Er hatte sich wegen seiner Herkunft noch nie sonderlich wohl gefühlt.
    Konowa schloss die Augen und ließ den Wald zu sich sprechen. Nichts. Er schlug die Augen auf, um zu sehen, ob sich etwas geändert hatte. Eine große, bunt gezeichnete Schlange wand sich den Stamm eines uralten, knorrigen Teakbaums hinauf und nutzte die abblätternde blassgraue Rinde des Baumes als Halt. Die Schlange hielt inne und schwang ihren Kopf herum, um ihn anzusehen. Ihre Zunge zuckte aus dem Maul und schmeckte die Luft. Konowa schloss erneut die Augen und konzentrierte sich auf die Schlange, aber er musste erkennen, wie närrisch allein der Versuch war. Er gab auf und nahm die Bäume direkt aufs Korn.
    Sie waren ganz anders als die schlanken, geraden Kiefern und Fichten oder die massiven Eichen mit den dicken Zweigen und Ästen, die er aus seiner Kindheit kannte. Hier war alles schief und verkrüppelt, angefangen bei den Stämmen der Bäume bis zu den Kreaturen, die auf ihnen herumkletterten, oder den Schlingpflanzen, die sie überwucherten. Selbst die Blätter waren anders. Einige waren breit und flach, andere ekelhaft grün und bitter.
    Er versuchte es auf andere Art. Du bist ein Elf, rief er sich ins Gedächtnis. Geboren aus der Welt der Natur; du solltest in der Lage sein, das zu tun. Er verlangsamte seinen Atem und zwang sich zu entspannen, versuchte, sich von der Essenz des Forstes durchfluten zu lassen. Durchfluten? Essenz? Er schüttelte den Kopf. Das war sinnlos. Alles war von Leben
erfüllt, und alles Leben hatte eine Stimme, doch er hörte nur Lärm, empfand nur Chaos.
    Genau wie damals, an jenem Tag, an dem er auf die Geburtswiese ging, um ein Elf der Langen Wacht zu werden. Er erinnerte sich an die Mischung aus Aufregung und Furcht, die er empfunden hatte, als er das heiligste Heiligtum des Hhar Vir, des Tiefen Forstes betreten hatte, auf der Suche nach einem besonderen Schössling unter den zartgrünen jungen Schösslingen, der sein Ryk Faur, sein Bundsbruder werden sollte.
    Â»Lass deinen Geist zwischen ihnen wandeln, und einer wird nach dir rufen«, hatte man ihm gesagt. Also war er fünf Tage lang ohne Essen und Trinken auf der Wiese geblieben,

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