Elfenbann
fahren.«
Auch wenn es Tamani nicht gefiel, konnte sie sehen, dass er ihr zähneknirschend recht gab. Jetzt, kurz vor der Dämmerung ins Auto zu springen und die einstündige Fahrt zum Grundstück zu erzwingen, war wirklich keine gute Idee. »Einverstanden«, sagte er. »Aber dann fahren wir Freitag, nicht erst Samstag.«
»Nach der Schule«, sagte Laurel.
»Direkt nach der Schule.«
»Kein Problem.«
Tamani nickte grimmig. »Dann wäre es besser, wenn David jetzt nach Hause führe. Gleich geht die Sonne unter.« Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zur Hintertür. Laurel lauschte, ob sie zuschlug, hörte aber nichts. Doch als sie in die Küche lugte, war er nicht mehr zu sehen.
David schmiegte das Gesicht an ihren Hals und blies
ihr seinen heißen Atem auf die Haut. Sie wollte ihn an sich ziehen, ihn festhalten, doch das musste warten. Obwohl Tamani ihr versichert hatte, alles im Griff zu haben, war es Laurel wichtig, dass David zu Hause war, bevor die Sonne ganz unterging.
»Du musst wirklich gehen«, flüsterte sie. »Ich möchte nicht, dass du nach Einbruch der Dunkelheit draußen bist.«
»Mach dir um mich nicht so viele Sorgen«, sagte David.
Laurel löste sich aus der Umarmung und blickte zu ihm hoch. »Doch«, sagte sie sanft. »Was soll denn ohne dich aus mir werden?« Diese Frage klang nicht mehr rein hypothetisch, aber eine Antwort wollte sie darauf nicht haben.
Fünf
T amani zog geräuschlos die Tür hinter sich zu und lief schweigend auf den Waldrand zu. Er hatte nicht viel Zeit – eine der weniger vergnüglichen Aufgaben bestand darin, sicherzustellen, dass David lebendig nach Hause kam, sobald Laurel in ihrem Heim in Sicherheit war. Tamani legte selbst wenig Wert darauf, dass der Menschenjunge weiteratmete, doch da Laurels Glück gleich nach ihrer Sicherheit kam, stand David unter Bewachung.
Aaron streckte die Hand nach Tamanis Arm aus, sobald er den ersten Baum hinter sich gelassen hatte. »Was ist los?«, fragte er leise.
»Es gibt Ärger«, antwortete Tamani finster.
Ärger traf die Sache nicht richtig. Jetzt, da er vor Laurel nicht mehr zuversichtlich erscheinen musste, ließ Tamani sich fallen, raufte sich die Haare – er hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt, dass sie so kurz waren – und spürte das ganze Ausmaß seiner Angst. Nicht zum ersten Mal wünschte er, Jamison würde Laurel zurückbeordern. Doch Jamison war davon überzeugt, dass es noch nicht so weit war und dass Laurel freiwillig kommen müsste.
»Es ist noch eine Elfe aufgetaucht«, sagte er.
Aaron zog eine Augenbraue hoch. »Shar hat nichts gesagt …«
»Mit der Jägerin, also nicht aus Avalon.«
Aaron sah ihn noch erstaunter an. »Unselig?«
»Unwahrscheinlich. Sie muss irgendwie eine … Wildelfe … sein.«
»Aber das ist unmöglich«, sagte Aaron und kam mit den Fäusten auf den Hüften einen Schritt näher.
»Ich weiß«, sagte Tamani und warf einen prüfenden Blick auf das Haus, in dem zwei Gestalten im schwindenden Abendlicht durch die Küche wandelten. Er konzentrierte sich wieder auf die Unterredung mit Aaron, obwohl ihm vor Furcht die Luft wegblieb, während er gleichzeitig überlegte, was schlimmstenfalls passieren könnte.
»Was bedeutet das für uns?«, fragte Aaron.
»Keine Ahnung«, erwiderte Tamani. »Zunächst müssen wir wieder Verstärkung anfordern.«
»Noch mehr Leute?« Aaron starrte ihn ungläubig an. »Wenn das so weitergeht, holen wir bis zum Winter halb Avalon rüber.«
»Es geht nicht anders. Wir brauchen mindestens ein Aufgebot für die Bewachung des neuen Mädchens, vielleicht sogar zwei. Jamison hat mir versprochen, dass wir bei Bedarf mehr Wachposten bekommen, und ich möchte niemanden von Laurels Haus abziehen.«
Als Tamani Motorengeräusche hörte, hob er den Blick. Davids Auto – es dröhnte auf eine eigene Art, die ihm in den letzten Wochen allzu vertraut geworden war. Er musste los. Im Aufstehen holte er das Handy aus der Tasche. Während er David unbemerkt nach Hause begleitete, wollte er Shar noch einmal anrufen. Er drehte sich um und legte Aaron die freie Hand auf die Schulter.
»Diese Elfe könnte alles zerstören, wofür wir gearbeitet haben. Wir müssen sie ernst nehmen.«
Er wartete Aarons Antwort nicht ab und folgte Davids Rücklichtern.
Was auch immer Yuki vorhatte, offenbar war es dafür erforderlich, Laurel unbedingt aus dem Weg zu gehen.
Erst dachte Laurel, Yuki wäre eben schüchtern, als sie auf jeden Annäherungsversuch
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