Elfenbann
Decke, und wenn uns dann zufällig jemand so wie jetzt in einem Auto sieht, denkt er, ich betrüge meinen Freund. Das ist ja so viel besser. Wieso bin ich darauf nicht eher gekommen?« Sie sah ihn von der Seite an. »Glaub mir, in Kleinstädten sind Skandale viel interessanter als Vegetariergruppen.«
»Was soll ich also tun?«, fragte Tamani.
»Wink mir in den Gängen zu«, sagte Laurel nach reiflicher Überlegung. »Hör auf, mich in Rhetorik nicht zu beachten. In ein paar Wochen ist das alles völlig normal. Sogar für Yuki oder Klea, falls es sie überhaupt interessiert.«
Tamani grinste. »Du hältst dich wohl für oberschlau.«
»Ich halte mich nicht dafür«, sagte Laurel lachend und neigte den Kopf, damit der Wind ihr langes goldenes Haar nach hinten wehen konnte. »Ich bin es.« Nach einer kurzen Pause wagte sie einen weiteren Vorschlag. »Du könntest dich auch mit David anfreunden.« Als Tamani nichts sagte, schaute sie ihn prüfend an. Er runzelte
die Stirn. »Ihr habt mehr gemeinsam, als du denkst. Vergiss nicht, dass wir alle in einem Boot sitzen.«
Er schüttelte den Kopf. »Das würde nicht hinhauen.«
»Und warum nicht? Er ist nett. Es würde dir im Übrigen nicht schaden, einige menschliche Freunde zu haben.« Damit sprach sie das Thema an, in dem sie die Wurzel des Problems vermutete.
»Darum geht es nicht«, sagte Tamani mit einer vagen Geste.
»Worum denn dann?«, fragte Laurel entnervt.
»Ich habe keine Lust, einem Typen näherzukommen, dem ich unbedingt die Freundin ausspannen will.«
Den Rest der Fahrt verbrachte Laurel damit, schweigend aus dem Fenster zu sehen.
Sechs
A ls sie am Grundstück ankamen, drehte Tamani sich zu ihr. »Du bleibst hier«, sagte er, den Blick fest auf den Waldrand gerichtet. »Nur, bis wir wissen, dass es sicher ist.« Laurel gab nach, schließlich hatte er eine Kampfausbildung und sie nicht. Er schnallte sich ab und sprang aus dem Cabrio, ohne erst die Tür zu öffnen.
Kurz bevor er in den Schatten der Bäume tauchen konnte, stürzte sich jemand von rechts aus den Büschen auf ihn. Erst konnte Laurel nicht sehen, wer Tamani am Boden hielt, aber als sie Shar erkannte, hielt es sie nicht mehr im Auto und sie eilte zu ihnen.
Die beiden Wachposten lagen ineinander verschlungen im Schmutz. Shar hielt Tamani im Polizeigriff, doch Tamani hatte seine Beine um Shars Bauch geschlungen und drückte ihn zu Boden. Als sie sich voneinander losgerissen hatten, sah es nach einem Patt aus. Laurel verschränkte die Arme und grinste, während sich die Elfen gälische Schimpfwörter und befremdlich klingende Elfenbeleidigungen an den Kopf warfen.
»Du unterentwickelter Spor! Ich hab mir Sorgen gemacht!«
»Was für ein mieser Wachposten, total arglos!«
Schließlich verkündete Tamani einen Waffenstillstand
und sie standen auf, säuberten ihre Kleidung und schüttelten sich die Blätter aus dem Haar. Auch Shars Haare waren wie Tamanis nicht mehr grün an den Wurzeln. Anscheinend hatte er seine Ernährung ebenfalls umgestellt.
»Warum bist du nicht ans Telefon gegangen, Mann? Ich versuche seit einer Woche, dich anzurufen!«
Laurel legte die Hand auf den Mund, um ihr Lächeln zu verbergen. Tamanis Akzent verschlimmerte sich minütlich. Shar steckte die Hand in einen Beutel an seinem Gürtel und holte das iPhone mit demselben Blick heraus, mit dem ihre Mutter Reste betrachtete, die hinten im Kühlschrank vor sich hingammelten. »Ich kann mit dem verflixten Ding nicht umgehen«, sagte Shar. »Entweder merke ich nicht, dass es vibriert, ehe es zu spät ist, oder ich halte es ans Ohr, so wie du es mir gezeigt hast, aber nichts passiert.«
»Hast du es entriegelt?«, fragte Tamani.
»Was für ein Riegel? Es ist glatt wie ein Stechpalmenblatt«, sagte Shar und musterte das Handy, das er verkehrt herum hielt. »Du hast gesagt, es wäre ganz einfach, man könnte direkt losreden. Das habe ich gemacht.«
Tamani seufzte und boxte Shar auf die Schulter. Shar rührte sich nicht und wich schon gar nicht zurück. »Man muss nicht einmal behalten, wie es geht. Das Display sagt dir genau, was du tun sollst. Probiere es noch mal«, sagte Tamani und fasste in seine Jackentasche.
»Das bringt nichts«, sagte Shar schlecht gelaunt. Er sah Laurel scharf an. »Jetzt kann ich dich auch so hören.« Er drehte sich um und ging weiter in den Wald. »Gehen wir lieber außer Sichtweite. Das fehlt uns noch, dass nach sechs
Monaten ohne Orks einer vorbeikommt, während wir im Freien stehen und
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