Elfenblick
hin und her, als hätte er schreckliche Schmerzen. Mageli stürzte zu ihm, versuchte ihn festzuhalten und zu beruhigen, aber sein Körper wurde von Krämpfen geschüttelt.
»Hör auf, hör sofort auf!«, brüllte sie Ferocius an, aber der Schattenfürst stand immer noch unbewegt an derselben Stelle.
Was sollte das? Warum tat er Erin weh? Was wollte Ferocius bloß von ihnen?
Wie eine Welle schwappten ihre Gefühle über Mageli hinweg ‒ ihre Angst, ihre Hilflosigkeit, ihre Verzweiflung, ihre Wut auf Ferocius, aber auch ihre Liebe zu Erin. Zugleich spürte Mageli eine gewaltige Energie in sich aufsteigen. All ihre Emotionen konzentrierten sich in ihrer Brust, bis sie das Gefühl hatte, ihr Körper stünde in Flammen. Mit voller Wucht schleuderte sie dem Schattenfürsten ihren Gedanken entgegen: Hör auf!
Es war die größte magische Anstrengung, die Mageli bisher je vollbracht hatte, und augenblicklich kam Erins Körper zur Ruhe. Er öffnete die Lider und blickte Mageli an, und in seinen Zauberaugen erkannte sie Schmerz, Zorn, aber auch die gleiche Liebe, die sie für ihn empfand.
»Keine Angst«, raunte Erin ihr zu. »Gemeinsam schaffen wir es hier raus.«
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, schien sein Körper sich plötzlich aufzulösen, wurde konturlos und durchsichtig und verschwand dann vollständig.
»Erin«, flüsterte Mageli. Entsetzt schaute sie zu Ferocius. Was hatte der Schattenfürst getan? Ferocius kam ihrer Frage zuvor.
»Du kannst deinem Freund nicht helfen«, erklärte er mit beißendem Spott. »Du kannst ja nicht einmal dir selbst helfen.« Nun kam er auf sie zu – unter dem langen Mantel sah es aus, als würde er nicht gehen, sondern schweben – und blieb direkt vor Mageli stehen, die noch immer am Boden kniete. Aus dieser Perspektive wirkte die Gestalt in dem schwarzen Umhang noch größer, beinahe übermächtig, und Mageli wich unwillkürlich ein wenig zurück.
Dann riss sie sich zusammen. Wenn sie hier verängstigt am Boden herumkroch, hatte sie keine Chance, das war schon mal klar. Auch wenn es aussichtslos erschien – sie musste Ferocius etwas entgegensetzen. Trotzig hob sie das Kinn.
»Immerhin habe ich dich dazu gebracht, Erin nicht weiter wehzutun.«
Als Antwort erhielt sie ein belustigtes Schnauben.
»Als ob du mich zu irgendetwas zwingen könntest. Ich fürchte, du überschätzt deine Magie bei Weitem.«
Wieder flackerte in Mageli Wut auf. Doch plötzlich kam ihr ein genialer Gedanke: Vielleicht war sie nicht stark genug, um Ferocius im magischen Zweikampf zu besiegen. Aber sie war definitiv in der Lage, ein geschicktes Ablenkungsmanöver zu versuchen. Mageli konzentrierte sich auf das Brennen in ihrer Brust, schickte es aus ihrem Inneren heraus – und schon stand Ferocius’ Umhang in Flammen.
Ein wütendes Zischen drang unter der Kapuze hervor, doch noch bevor Ferocius das Feuer gelöscht hatte, schickte Mageli den Befehl an seinen Geist aus, den sie im Stillen schon die ganze Zeit formuliert hatte: Verschwinde!
Hatte sie gehofft, Ferocius würde nun den Rückzug antreten, sich vielleicht ebenso vor ihren Augen auflösen wie Erin zuvor? Nichts dergleichen geschah. Stattdessen spürte Mageli in ihrem Kopf ein Ziehen und Drücken, ein dumpfes Pochen und gleichzeitig stechende Schmerzen, als würde jemand ihren Schädel mit einem Schraubstock immer weiter zusammendrücken. Ihre Gedanken und ihr unausgesprochener Befehl an Ferocius schienen vor eine innere Blockade zu prallen. Mageli presste die Hände gegen ihre Schläfen und sackte in sich zusammen … So fühlte es sich also an, wenn ein anderer, ein vielfach stärkerer Magier in den eigenen Geist eindrang!
»Genug gespielt.« Ferocius klang beinah gelangweilt. »Ich werde jetzt gehen. Und du … wirst hierbleiben.«
Obwohl sie bereits gefürchtet hatte, dass ihr Gegner genau das plante, wurde Mageli übel. Sie würde gegen Ferocius nichts ausrichten können, das war ihr nach dieser kleinen Machtdemonstration endgültig klar. Ihr ganzer Plan hatte darauf beruht, Erin aus dem Traumverlies zu befreien, ohne dass der Schattenfürst es bemerkte. Doch dieser Plan war fehlgeschlagen. Und zwar so richtig!
»Du weißt es vielleicht nicht«, fuhr Ferocius unbeirrt fort, »aber du hast mir einen großen Gefallen getan. Ich hatte schon überlegt, wie ich dich in dieses Labyrinth locken sollte, da bist du ganz von selbst auf den Gedanken gekommen. Leichter hättest du es mir nicht machen können.«
»Aber warum?« Mageli
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