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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hier gerade passiert ist.«
    »Wie großzügig«, sagte Pia spöttisch. »Und warum sollte ich dir glauben?«
    »Weil du anscheinend keine Ahnung hast, mit wem du dich da gerade anlegst, Kleiner«, erwiderte der Dunkelhaarige ernst. »Weder Miguel noch Antonio oder ich haben Lust, unserem Boss zu erklären, wie es zwei Amateuren wie euch gelungen ist, uns zu übertölpeln, und ihr beide wollt doch auch ganz bestimmt noch ein bisschen am Leben bleiben, oder? Also, warum tun wir nicht alle einfach so, als wäre das hier gar nicht passiert, und jeder kümmert sich wieder um seine eigenen Angelegenheiten?«
    »Aber genau das tue ich doch gerade«, antwortete Pia. Sie wedelte auffordernd mit der mit Platzpatronen geladenen Waffe. »Geh ein paar Schritte zurück.« Eine letzte, sehr unangenehme Sekunde verstrich, in der der Trotz in den Augen ihres Gegenübers nicht nur die Furcht eindeutig überwog, sondern sie sich auch fast verzweifelt fragte, was sie eigentlich tun sollte, wenn er einfach stehen blieb. Mit Platzpatronen auf ihn schießen? Dann gewann – zu ihrer Erleichterung – die Vernunft doch die Oberhand. Der Dunkelhaarige ließ zwar die Arme ein gutes Stück sinken, machte aber gehorsam einen Schritt nach hinten, und dann noch einen, als sie ihre auffordernde Geste wiederholte. Jesus mobilisierte ein weiteres Prozent seiner Körperkräfte, um den anderen am Nacken in die Höhe zu ziehen. Der Anblick erinnerte Pia an eine Katze, die ein störrisches Junges trägt.
    »Und noch ein Stückchen«, sagte Pia. »Nur Mut. Ist nicht sehr weit.«
    Diesmal vergingen mehrere Sekunden, bis der Bursche begriff – und auch dann gehorchte er nicht sofort, sondern starrte sie nur aus großen Augen an. »Das ist nicht dein Ernst!«, krächzte er. Sein Blick irrte zwei- oder dreimal unstet zwischen dem schwarzen Schlund der Baugrube und der Maske vor ihrem Gesicht hin und her.
    »Eigentlich schon«, antwortete Pia. Die lautlos mahnende Stimme hinter ihrer Stirn wurde immer drängender. Jede Sekunde, die sie mit Reden verschwendete, kostete nur unnötig kostbare Zeit. »Aber es ist deine Entscheidung. Dein Knie oder ein Schlammbad. Soll ja angeblich sehr gesund sein.«
    »Ganz wie du willst«, antwortete er. »Es ist schließlich eure Beerdigung.« Aber er drehte sich gehorsam um und ging zum Rand der Baugrube. Jesus bugsierte sein zappelndes Katzenjunges neben ihn. In der Nacht, in der es reichlich Smog und den Widerschein der unzähligen Lichter der Stadt auf den tief hängenden Wolken gab, aber keinen nennenswerten Mond, wirkte das schwarze Rechteck der Baugrube bodenlos, ein Abgrund, der nur darauf wartete, jeden zu verschlingen, der dumm genug war, ihm zu nahe zu kommen. Aber Pia wusste auch, dass sie in Wirklichkeit nicht einmal ganz zwei Meter tief und fast hüfthoch mit dem zähen Schlamm gefüllt war, in den der Dauerregen der letzten Tage den Boden verwandelt hatte. Ziemlich kalt, ziemlich ekelig, mehr aber auch nicht. Die beiden würden mit Sicherheit ihre Schuhe, mit einiger Wahrscheinlichkeit ihre Strümpfe und ganz bestimmt einen Großteil ihres Stolzes einbüßen, aber sonst weiter nichts.
    O ja, und zumindest der Bursche, mit dem sie gesprochen hatte, einen Gutteil seines Hinterkopfs.
    Er explodierte in einer fast lautlosen Wolke aus Blut, Knochensplittern und Gehirnmasse, die in alle Richtungen davonspritzte und Pias Brust und Schultern, ihre Hand und die Plastikmaske vor ihrem Gesicht besudelte, und das alles, bevor sie das weiche Plopp des schallgedämpften Schusses hörte, der den Mann getroffen hatte. Fast ohne Kopf, trotzdem stocksteif und mit immer noch halb erhobenen Armen kippte er nach vorne und verschwand in der Baugrube, und noch bevor er mit einem schmatzenden Laut in dem Morast dort drinnen aufschlug, erscholl das geflüsterte Plopp noch einmal, und auch der Bursche vor Jesus wurde nach vorne gerissen und verschwand in der Tiefe, wahrscheinlich schon tot, sein Hals eine einzige grauenhafte Wunde. Wer immer auf die Männer geschossen hatte, dachte Pia mit schon fast hysterischer Sachlichkeit, benutzte ein ziemlich großes Kaliber.
    Erst dann begriff sie wirklich, was gerade vor ihren Augen geschehen war, und tatsächlich erst danach schlug die Angst zu, verspätet, aber dafür mit doppelter Wucht. Sie fuhr herum, ließ die Plastikmaske fallen und riss den Revolver mit beiden Händen in die Höhe, vollkommen gleichgültig, ob er nur mit Platzpatronen geladen war oder nicht, hielt in blinder Angst nach

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