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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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allgemeinen Murren und Protestieren führte, aber nicht dazu, dass auch nur ein einziger Gast das Lokal verließ.
    Genau wie an den Tagen zuvor waren die Gäste wohl weniger von Bracks überteuertem Bier oder reichhaltigem Essen angelockt worden – so vorzüglich es zugegebenermaßen auch sein mochte –, sondern sie wollten Alica und sie (und vor allem sie ) sehen. Besser gesagt, sie zu begaffen wie ein seltenes Tier im Zoo oder eine besonders skurrile Attraktion in einer Freak-Show. Der Gedanke ärgerte Pia über die Maßen, doch irgendwann stellte sie fest, dass er zwar ohne Zweifel frustrierend, erniedrigend und ganz eindeutig demütigend war, aber auch in keinster Weise hilfreich. Dazu kam, dass ihr kaum noch Energie blieb, an irgendetwas anderes zu denken, auch wenn Alica und Lasar ohnehin das allermeiste erledigten und die Gäste bedienten, Bestellungen aufnahmen, Geld einstrichen oder hastig sauber machten, wenn einer der Gäste seinen Platz für Nachrückende räumte. Schließlich hörte sie auf, abwechselnd mit dem Schicksal zu hadern und sich selbst leidzutun, und konzentrierte sich ausschließlich auf ihre Arbeit.
    Die sie voll und ganz in Anspruch nahm, wie sich zeigte. Brack verkaufte sein Bier beinahe schneller, als sie es in Krüge füllen konnte, und ein- oder zweimal eindeutig schneller, als Lasar in der Lage war, ein neues Fass hereinzurollen und anzustechen.
    Erst eine Stunde vor Mitternacht begann es ein wenig ruhiger zu werden. Der Schankraum war noch immer bis auf den letzten Platz besetzt, aber Brack musste immerhin nicht mehr Gäste wegschicken, als er einließ, und Alica fand zum ersten Mal an diesem Abend Zeit, zu ihr hinter die Theke zu kommen und sich erschöpft gegen die schlampig gezimmerte Konstruktion zu lehnen.
    »Allmählich frage ich mich, ob du nicht recht gehabt hast«, seufzte sie.
    Pia füllte erst pedantisch den Bierkrug voll und stellte ihn auf die Theke, bevor sie sich zu ihr herumdrehte. »Womit?«
    »Dass es eine Schnapsidee war, hier als Kellnerin anzuheuern«, sagte sie. »Noch so ein Tag und ich kippe aus den Latschen. Meine Füße bringen mich ja jetzt schon um.«
    »Es war deine Idee.«
    Alica bedankte sich mit einem ärgerlichen Blick, seufzte aber nur und kramte ihre zerknautschte Zigarettenschachtel unter dem Umhang hervor, ließ ihr Feuerzeug aufschnappen und schloss genießerisch die Augen, während sie einen ersten, tiefen Zug nahm. Pia registrierte beiläufig, dass für einen Moment alle Gespräche im Raum verstummten – und nicht alle Blicke, die Alica (und vor allem ihr Zippo) trafen, waren nur erstaunt oder erschrocken.
    »Ah«, seufzte Alica noch einmal. »Das habe ich jetzt gebraucht.«
    Pia linste in ihre Packung und runzelte dann die Stirn. In den vergangenen Tagen hatte Alica in puncto Rauchen eine schier unglaubliche Disziplin an den Tag gelegt, dennoch neigten sich ihre Vorräte nun erbarmungslos dem Ende zu. »Noch zwei Stück«, sagte Pia. »Sieht so aus, als müsstest du dir eines deiner kleinen Laster in allernächster Zukunft abgewöhnen.«
    »Und das freut dich, wie?«, grollte Alica.
    »Keineswegs. Aber Zigaretten werden bald nicht das Einzige sein, was uns fehlt.«
    Alica wirkte ein bisschen erschrocken, doch nach einer Sekunde hob sie nur die Schultern, schnippte ihre Zigarettenasche auf den Boden und nahm einen weiteren und noch tieferen Zug. »Wahrscheinlich hast du recht«, seufzte sie. »Hast du zufällig auch eine geniale Idee, was wir daran ändern könnten?«
    »Das Rauchen aufgeben?«, schlug Pia vor.
    »Abgelehnt«, sagte Alica »Vielleicht finde ich ja einen Ersatz. Ich habe auf dem Markt ein paar Pflanzen entdeckt, die fast wie Tabak aussehen. Ich werde mir gleich morgen etwas davon besorgen und ein bisschen herumexperimentieren.«
    »Ja, eine hervorragende Idee«, antwortete Pia. »Ich meine: Wir sind zwar nicht freiwillig hier, aber wir sind trotzdem so etwas wie Botschafterinnen aus einer anderen Welt, oder? Und was ist das Erste, was wir ihnen bringen? Lungenkrebs und Herzinfarkt.«
    »Genauso haben sich die Ureinwohner Nordamerikas auch an denen gerächt, die ihnen ihr Land gestohlen haben, wenn ich mich richtig erinnere«, antwortete Alica ungerührt. »Hat doch funktioniert. Ich schätze, wenn man die Zahl der Nikotintoten gegen die der abgeschlachteten Indianer aufrechnet, machen die Apachen einen guten Schnitt.«
    Pia wollte etwas erwidern, aber in diesem Moment ging die Tür auf, und der Anblick des Trios, das

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