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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht wecken würdest.«
    »Tu ich nicht«, versprach Alica. »Aber ich bin einfach noch viel zu aufgeregt, um jetzt so einfach schlafen zu können.«
    »Ich nicht«, murmelte Pia.
    »Also, ich bin immer noch ganz platt, wie du die drei Burschen abgefertigt hast«, fuhr Alica ungerührt fort. »Ich meine: Ich wusste ja, dass du dich wehren kannst, aber das?«
    »Eigentlich waren es ja nur anderthalb«, nuschelte Pia. »Und ich bin jetzt wirklich müde, weißt du?«
    »Ja, sicher«, sagte Alica. »Entschuldige, ich wollte dich wirklich nicht wecken. Ich bin eben nur …«
    Pia hörte, wie sie sich neben ihr bewegte, dann berührte Alicas Hand sie sanft und warm zwischen den Schulterblättern. Im ersten Moment war sie einfach nur überrascht, und ihr erster Impuls war, sie abzuschütteln. Aber sie tat es nicht, denn die Berührung war zwar ungewohnt, aber auch auf eine seltsame Art angenehm. Sie war nicht nur warm, sondern ließ auch einen prickelnden Schauer über ihren Rücken rieseln. Pia war noch nicht ganz sicher, was sie davon halten sollte.
    »Ich habe starke Frauen schon immer bewundert, weißt du?«, fuhr Alica in ihrem Bemühen fort, sie nicht zu wecken. »Und wenn ich ehrlich sein soll, dann habe ich dich immer ein bisschen beneidet, weißt du das?«
    »Nein«, antwortete Pia. »Erzähl mir doch davon – morgen früh.«
    Alica lachte leise. Ihre Fingerspitzen begannen kleine kreisende Bewegungen zwischen ihren Schulterblättern zu vollführen, und aus dem Prickeln wurde … etwas anderes.
    »Lass das«, murmelte sie.
    »He, ich mach dir nichts vor«, sagte Alica, »ich fand es immer schon toll, wie du so ganz allein zurechtkommst, ohne auf irgendjemanden angewiesen zu sein oder vor irgendwem Angst zu haben.« Ihre Hand begann langsam an Pias Rücken hinabzuwandern, und sie rückte näher, sodass Pia die Wärme ihres Körpers fühlen konnte.
    »Was glaubst du, was du da tust?«, fragte sie.
    »He, komm schon«, antwortete Alica und drängte sich noch ein wenig dichter an sie. Pia konnte hören, wie ihr Atem schneller ging. »Du willst mir doch nicht erzählen, dass du jetzt schlafen willst?«
    »Und was sollte ich stattdessen tun, deiner Meinung nach?«, fragte Pia.
    Anstelle einer Antwort verschwand Alicas Hand zwar von ihrem Rücken, war aber dafür plötzlich an einer Stelle, an der sie ganz und gar nichts zu suchen hatte … auch wenn einem Teil von ihr die Berührung ganz und gar nicht so unangenehm war, wie sie es eigentlich sein sollte.
    »Komm schon«, flüsterte Alicas Stimme an ihrem Ohr. Ihr Atem strich warm über ihren Nacken und ihr Gesicht, und etwas in ihr reagierte auf diese Berührung. »Ich meine: Wir sitzen hier vielleicht für eine ziemlich lange Zeit fest, und es gibt niemanden, den wir kennen, oder dem wir vertrauen könnten. Und du bist doch nicht prüde, oder? Ich meine, du bist wirklich hübsch, und ich bin eine gesunde junge Frau, und …«
    »Nicht mehr lange, wenn du die Hand da nicht wegtust«, sagte Pia.
    Alica zog beleidigt die Hand zurück. Aber sie hielt wenigstens die Klappe.

XIX
    N ein, sie war nicht überrascht, am nächsten Morgen allein aufzuwachen. Gegen alle Erwartungen war sie praktisch sofort eingedämmert und hatte wie ein Stein geschlafen, und als sie die Augen aufschlug, war Alica fort. Pia dachte mit einem sachten schlechten Gewissen an gestern Abend zurück; wobei ihr sonderbarerweise am meisten die rüde Art zu schaffen machte, auf die sie Alica zurückgewiesen hatte. Nicht dass sie irgendetwas in dieser Art ernsthaft in Betracht gezogen hätte (auch wenn sie zugeben musste, dass Alica ganz niedlich aussah, vor allem im Vergleich mit allen anderen weiblichen Wesen, denen sie bisher hier begegnet war; von den männlichen Einwohnern Liliputs gar nicht zu reden), aber es tat ihr dennoch ein wenig leid, sie so grob zurückgewiesen zu haben.
    Verschlafen setzte sie sich auf und reckte sich ausgiebig. Sie gönnte sich noch ein paar Sekunden, in denen sie einfach dasaß, den undeutlichen Stimmen aus dem Erdgeschoss lauschte, ohne auch nur ein einziges Wort zu verstehen, und darauf wartete, dass sie endlich aus diesem Albtraum erwachte oder dass wenigstens das Gefühl bleierner Schwere aus ihren Gliedern wich. Schließlich sah sie ein, dass keines von beidem geschehen würde, und stand widerwillig auf, um sich nach unten zu schleppen und sich der allmorgendlichen Herausforderung des Toilettengangs zu stellen.
    Pia vergaß sowohl ihre Angst vor dem kalten Wasser als

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