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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sie sich nicht einbildete, das war der mehr als handlange Schnitt, der plötzlich in der strohgefüllte Matratze klaffte. Dabei war sie vollkommen sicher, dass Alica das Schwert nicht bewegt hatte.
    »Oh!«, sagte Alica erschrocken, ließ den Schwertgriff los, als wäre er plötzlich glühend heiß geworden, und prallte ein kleines Stückchen zurück. »Du hast recht. Das Ding ist wirklich höllisch scharf.« Was sie allerdings nicht daran hinderte, sich sofort wieder vorzubeugen und die armlange Klinge mit eindeutig bewundernden Blicken zu mustern. Sie streckte auch wieder die Hand danach aus. Allerdings hütete sie sich, ihre Finger in die Nähe der Schneide kommen zu lassen.
    »So etwas habe ich noch nie gesehen«, murmelte sie. »Was ist das? Glas?«
    Pia musterte den armlangen Riss in der Wand mit einem schrägen Blick. »Kaum.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.« Alica überlegte einen Moment, trat dann vom Bett zurück und kam nach kaum einer Sekunde mit einem von Bracks schlampig aus Gusseisen gefertigten Löffeln zurück. Pia war nicht einmal überrascht, als sie ihn behutsam an der Schneide entlangführte und er in zwei Teile zerfiel. Alica riss die Augen auf und ächzte.
    »Unglaublich!«, keuchte sie. »Das … das muss Diamant oder so was sein!«
    Pia nahm den abgeschnittenen Teil des Löffels mit spitzen Fingern vom Bett und betrachtete ihn nachdenklich. Diamant? Die Schnittkante war so glatt, als wäre sie mit einem Laser oder irgendeiner Science-Fiction-Waffe geschnitten worden, und als sie vorsichtig mit den Fingerspitzen darüberfuhr, fühlte sie, wie kalt sie war. Es tat regelrecht weh.
    »Kannst du dir vorstellen, was dieses Ding bei uns wert wäre?«, fragte Alica.
    Sie antwortete nicht darauf, musste aber an einen anderen, vermeintlich gläsernen Dolch denken, der Jesus so schwer verletzt hatte. Plötzlich machte ihr dieses Schwert Angst.
    »Und kannst du dir vorstellen, was wir hier damit anfangen könnten?«, fuhr Alica fort, als Pia ihr nicht den Gefallen tat zu antworten. Entschlossen nahm sie das Schwert mit beiden Händen auf und bewegte es hin und her. Das helle Singen erklang wieder, und die Klinge schien sich in einem lautlosen Gewitter aus Lichtblitzen und flimmernden Reflexen aufzulösen.
    »Sei vorsichtig damit«, mahnte Pia.
    »Mit diesem Schwert könnten wir Istvan samt seiner gesamten Garde aus der Stadt jagen«, behauptete Alica. »Und dieses Heer, das angeblich im Anmarsch ist, gleich mit dazu.«
    »Ja, wenn einer von uns damit umgehen könnte«, antwortete Pia unbehaglich.
    Alica bewegte die Waffe weiter hin und her, und sie tat es zunächst genau auf die unbeholfene Art, die man bei einem Menschen erwartete, der noch nie ein Schwert in der Hand gehalten hatte. Trotzdem war da zugleich etwas ungemein Elegantes an dieser Bewegung, eine selbstverständliche Leichtigkeit, die Pia zutiefst erschreckte, und das umso mehr, als sie sich daran erinnerte, wie vertraut und selbstverständlich sich das Schwert gestern Abend in ihrer Hand angefühlt hatte.
    »Och, das lerne ich schon«, sagte Alica leichthin. »So schwer kann das doch gar nicht sein.«
    Und wie es aussah, hatte sie es bereits gelernt, dachte Pia verwirrt. Alica fuchtelte weiter mit der Waffe herum; ihre Bewegungen schienen mit jeder Sekunde fließender und schneller zu werden. Eiranns Zorn sang wie eine gläserne Harfe, bewegte sich vor und zurück, beschrieb komplizierte Kreise, Achten und noch viel kompliziertere Muster. Pia kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
    »Woher kannst du das?«, murmelte sie ungläubig.
    »Keine Ahnung«, antwortete Alica und lachte leise. »Hab ich doch gesagt. So schwer ist es nicht.« Das Schwert drehte sich immer schneller in ihren Händen, spießte spielerisch in Pias Richtung, ohne sie wirklich zu berühren, und zeichnete immer kunstvollere Muster in die Luft.
    Etwas knackte, und Alica starrte verdutzt auf das Bett, das mit einem Mal ein wenig schräg stand. Die Schwertklinge hatte eines seiner Beine gekappt.
    »Ups«, murmelte sie.
    »Habe ich schon erwähnt, dass es sehr scharf ist?«, fragte Pia.
    Alica schenkte ihr einen bösen Blick und setzte dazu an, eine giftige Antwort zu geben, doch in diesem Moment wurden auf der Treppe polternde Schritte laut, und sie konnte das Schwert gerade noch hinter dem Rücken verbergen, bevor die Tür auch schon aufgestoßen wurde und Brack hereinstürmte, dicht gefolgt von Lasar.
    »Ist etwas passiert?«, fragte er aufgeregt. »Ich habe Lärm gehört

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