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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und den angerichteten Schaden zu begutachten, sondern verwandte ihre Energie lieber darauf, selbst welchen anzurichten. Mit aller Kraft trat sie dem Kerl rechts von sich in die Kniekehle und stieß ihm die flachen Hände gegen den Rücken, als er erwartungsgemäß nach vorne stolperte. Alica versuchte etwas ganz Ähnliches mit dem letzten Burschen anzustellen, aber es war gar nicht mehr nötig. Auch die beiden Kinder (die gar keine Kinder waren, sondern kleinwüchsige Männer) kamen in all dem Durcheinander aus dem Takt ihrer sorgsam einstudierten Choreografie. Der eine landete mit den Füßen voran in Hernandez’ Bauch, der zweite stellte sich noch viel ungeschickter an, stolperte irgendwie über seine eigenen Füße und krachte mit beiden Knien in Hernandez’ Gesicht, als dieser keuchend auf den Rücken fiel. All das dauerte etwas weniger als eine Sekunde.
    »Erhabene! Lauft!«, schrie Nani. »Wir halten sie auf! Bringt Euch in Sicherheit!«
    Pia beschloss, sich später zu wundern, griff nach Alicas Arm und rannte los. Der Kerl, den sie zu Boden gestoßen hatte, rappelte sich bereits wieder hoch und versuchte nach Alicas Bein zu greifen, aber Nani war mit einem einzigen Schritt neben ihm und trat ihm so wuchtig vor die Schläfe, dass er benommen zurücksank. Irgendetwas zischte mit einem hässlichen Geräusch an ihnen vorbei, fetzte ein Stück aus ihrem Mantel und grub sich in die Wand vor ihnen, und Pia schlug einen blitzartigen Haken und riskierte nun doch einen Blick über die Schulter.
    Die beiden Kerle, die hinter ihnen gestanden hatten, waren zuverlässig ausgeknockt und rührten sich nicht mehr – jedenfalls nicht sehr –, aber die drei anderen wirkten dafür umso wütender. Der Anführer war schon wieder aufgesprungen, ohne dass der Hund seinen Arm losgelassen hätte. Das Tier musste gut und gerne dreißig Kilo wiegen, was der Bursche aber nicht einmal zu spüren schien. Er riss den wütend knurrenden Hund einfach mit sich in die Höhe und bewegte den Arm dann ruckartig zur Seite, wodurch das Tier gegen die Wand neben ihm geschmettert wurde. Was bislang geiferndes Knurren gewesen war, wurde ein kurzes, schrilles Jaulen, dann ließen seine Kiefer endlich das Handgelenk des Burschen los und er fiel reglos zu Boden. Aus dem zerfetzten Handgelenk des Bärtigen spritzte hellrotes Blut wie aus einem durchtrennten Hochdruckschlauch, und Pia merkte, wie seine Wut mit jedem Tropfen Blut, den er verlor, nur noch weiter stieg. Sein unverletzter Arm glitt unter den Mantel und kam mit einem schartigen Schwert wieder zum Vorschein, und mehr musste sie nicht sehen.
    »Erinnere mich daran, dass ich nie wieder ohne die Pistole aus dem Haus gehe!«, keuchte sie, schlug einen weiteren Haken und zerrte Alica noch schneller hinter sich her.
    Nur ein paar Schritte vor ihnen flog eine Tür auf.
    »Erhabene! Hierher!«
    Pia reagierte ganz instinktiv, fuhr mitten in der Bewegung herum und zog gerade noch rechtzeitig genug den Kopf ein, um nicht gegen den niedrigen Türsturz zu knallen.
    Ein ebenso niedriger, nur unzureichend erleuchteter Gang nahm sie auf, und Pia hatte einen flüchtigen Eindruck von einem breitflächigen Gesicht und heftig wedelnden Armen, dann wurde die Tür mit einem Knall hinter ihnen zugeworfen, und es wurde so dunkel, dass sie im ersten Moment beinahe gar nichts mehr sahen. »Auf den Hof, Erhabene!«, stieß eine gehetzt klingende Stimme hervor. »Hinter dem Brunnen ist ein Tunnel!«
    Sie stürmten durch den Gang und eine weitere Tür wieder ins helle Sonnenlicht hinaus. Pia warf die Tür mit einem Knall hinter sich ins Schloss, der nahtlos in ein weitaus lauteres Bersten überging, mit dem die Tür am anderen Ende des Flures auseinanderflog. Pia glaubte einen gedämpften Schrei zu hören und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass es nicht ihr geheimnisvoller Retter war, der seine Hilfsbereitschaft mit dem Leben bezahlte, aber ihnen blieb keine Zeit, sich davon zu überzeugen. Sie hatten allerhöchstens ein paar Sekunden, um den Keller zu erreichen … wenn es ihn denn gab.
    Sie verschwendete eine dieser kostbaren Sekunden, um sich zu orientieren, ohne dass sie sich hinterher sonderlich schlauer fühlte. Der Hof war winzig – kaum fünf Schritt im Quadrat und mit Brennholz, ausrangierten Möbeln, Kisten und Fässern und allem möglichen Krempel nur so vollgestopft –, aber von einem Brunnen konnte sie gar nichts entdecken. Es war Alica, die einfach weiterrannte und auf ein vollkommen ungesichertes

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