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Elfenblut

Elfenblut

Titel: Elfenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wirklich?
    »Wenn ihr dann so weit seid.« Brack stand auf und zauberte von irgendwoher einen dritten Umhang herbei, den er sich um die Schultern warf.
    »Willst du uns loswerden?«, fragte Pia mit gutmütigem Spott.
    »Nein«, antwortete Brack. »Aber es ist ein strammer Tagesmarsch bis zum nächsten Ort, gleich in welche Richtung. Wenn ihr vor Dunkelwerden dort sein wollt, dann solltet ihr nicht noch mehr Zeit verlieren.«
    »Und das?« Pia deutete auf seinen Mantel.
    »Ich begleite euch bis zum Tor«, antwortete Brack. »Ich kenne die Wache. Sie lassen euch durch, ohne zu viele Fragen zu stellen, wenn ich bei euch bin. Außerdem wollt ihr euch doch nicht schon auf dem Weg zum Stadttor verlaufen, oder? WeißWald ist groß.«
    Er machte nicht den Eindruck, über diesen Entschluss diskutieren zu wollen, und im Grunde war es Pia nur recht, nicht ganz allein durch eine Stadt laufen zu müssen, die ihr vollkommen fremd und voller Menschen war, deren Sitten und Gebräuche sie nicht kannte, und deren Sprache sie nicht einmal beide beherrschten. Außerdem war da noch die Gestalt, die sie gesehen hatte.
    Teroc schien regelrecht in seinen Teller hineinzukriechen, als sie am Tisch vorbeigingen, aber Brasil beging den Fehler, ihr einen wütenden Blick zuzuwerfen. Brack versetzte ihm eine Kopfnuss, die ihn beinahe vom Hocker geworfen hätte.

IX
    K älte sprang sie an wie ein unsichtbares Raubtier, das die ganze Nacht über geduldig auf sie gewartet hatte, als sie das Haus verließen. Pias Atem schien nicht zu Dunst zu werden, sondern in winzige Eissplitter zu zerfallen, und die Luft war so kalt, dass sie sich wie vereistes Glas anfühlte, das gegen ihr Gesicht gepresst wurde. Hastig zog sie den Mantel enger um die Schultern und registrierte, dass Alica dasselbe tat. Einzig Brack schien die Kälte nichts auszumachen. Er machte sich nicht einmal die Mühe, seinen Mantel zu schließen.
    Pia blieb etliche Sekunden lang stehen und sah sich aufmerksam um. Von der Gestalt, die das Haus beobachtet hatte, war nichts zu sehen (was rein gar nichts bedeutete, wie sie sich schmerzlich eingestand), und von hier unten aus betrachtet und ohne das störende Papier bot die Straße einen weit fantastischeren Anblick als vorhin vom Fenster ihres Zimmers aus. Sie sah hundertmal mehr Details, und kein einziges davon gefiel ihr.
    Obwohl … eigentlich stimmte das nicht. So bizarr und unpassend es ihr auch selbst in diesem Moment noch vorkommen mochte, alles erschien ihr zugleich auf eine fast unheimliche Weise vertraut; ein Gefühl, als wäre sie in eine Heimat zurückgekehrt, die sie nie gekannt hatte.
    »Wollen wir hier rumstehen, bis wir festgefroren sind?«, fragte Alica.
    Pia blinzelte irritiert. Alicas Gesicht war bereits vor Kälte gerötet, und sie zitterte im eisigen Wind. »Wie?«
    »Du stehst seit fünf Minuten da und starrst Löcher in die Luft«, behauptete Alica.
    »Fünf Minuten?«
    »Zehn. Sag ich doch. Mindestens.« Alica machte eine ebenso ungeduldige wie auffordernde Geste. »Können wir?«
    Statt zu antworten, warf Pia Brack ein entsprechendes Nicken zu, und der dicke Wirt setzte sich gehorsam in Bewegung. Alica und sie folgten ihm nicht nur, sondern schlugen auch instinktiv die Kapuzen ihrer Umhänge hoch und senkten die Köpfe, um dem eisigen Wind zu entgehen, der ihnen wie mit unsichtbaren Messerklingen die Haut von den Gesichtern zu schneiden versuchte. Sie bewegten sich schnell durch die schlammigen Straßen, weit schneller als die meisten hier, die eher zu flanieren schienen, und sogar schneller als Brack, der immer wieder zurückfiel und einen kurzen Zwischenspurt einlegen musste, um zu ihnen aufzuholen; was er regelmäßig mit missbilligenden Blicken quittierte. Pia beschleunigte ihre Schritte dennoch fast instinktiv immer mehr. Sie wollte aus dieser verdammten Kälte raus. Und sie mussten aus dieser Stadt verschwinden, bevor ihr Verfolger sie einholte. Auf dem letzten Stück fegten sie regelrecht durch die schmalen Straßen, was ihnen den einen oder anderen verwunderten Blick einbrachte.
    Schließlich erreichten sie die Stadtmauer und das Tor, und Brack bedeutete ihnen mit einem kurzatmigen Schnauben, stehen zu bleiben. Anscheinend war es hier nicht üblich, sich zu beeilen, und vermutlich fielen sie allein deshalb schon auf.
    Aber längst nicht nur aus diesem Grund.
    Was Pia schon gestern Abend bei Brack und vorhin bei Brasil aufgefallen war, das schien hier eher die Regel zu sein: Nahezu jeder, dem sie begegneten,

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