Elfenblut
sich.
»Deine Freundin ist wirklich sonderbar«, sagte er und drehte sich ebenfalls um, um die Treppe hinaufzugehen. Pia blieb allein zurück. Sie sah in die Richtung, in der er verschwunden war, dann zur Theke und schließlich zu den beiden Gästen am Nachbartisch. Ganz wie sie erwartet hatte, starrten die beiden Männer sie an, unverhohlen neugierig, aber auch auf die gleiche, fast schon anzügliche Art, auf die Brack sie am vergangenen Abend gemustert hatte. Teroc wich ihrem Blick hastig aus, aber der andere grinste plötzlich breit und fuhr sich dann auf eine Art und Weise mit der Zungenspitze über die Lippen, die er vermutlich nicht überlebt hätte, wäre Jesus jetzt hier gewesen.
Der Gedanke stimmte sie traurig. Und er schürte ihr schlechtes Gewissen. Sie hatte seit Stunden nicht mehr an Jesus gedacht, und nach allem, was geschehen war, kam ihr das ein bisschen wie ein Verrat an ihm vor … was natürlich Unsinn war. Aber seit wann scherten sich Gefühle um Logik?
Sie spürte, dass sie immer noch angestarrt wurde, stand auf und drehte sich dann mit einem Ruck herum. Teroc tat sein Möglichstes, um in den Teller hineinzukriechen, aber sein Kumpel grinste nur noch breiter.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte Pia, während sie gemächlich auf ihn zuschlenderte.
»Ganz bestimmt sogar, Gaylen«, antwortete der Bursche. Sein Name war Brasil, wenn sie sich richtig erinnerte. So ungefähr, jedenfalls. »Falls wir uns über den Preis einig werden, heißt das.«
Gut, das konnte sie nun beim besten Willen nicht mehr nicht verstehen. Sie spürte, wie ihr die Zornesröte ins Gesicht schoss, aber der Bursche deutete das offensichtlich falsch. In seinen Augen glitzerte es gierig.
»Du hast doch nichts dagegen, wenn ich die Ware erst einmal prüfe?«, fragte er, streckte die Hand aus und griff nach Pias Hüfte, und Pia griff ihrerseits nach seinem Handgelenk, verdrehte es mit einem Ruck und bog dann seine Finger so weit zurück, wie sie es gerade noch konnte, ohne sie zu brechen.
»Mit dieser Hand?«, fragte sie lächelnd.
Der Bursche ächzte vor Schmerz, sank von seinem Hocker direkt auf die Knie und schien etwas sagen zu wollen, aber Pia hatte gar keine Lust, ihm zuzuhören. Sie verstärkte den Druck auf seine Hand noch einmal um eine Winzigkeit, und aus der geplanten Beschimpfung wurde ein noch lauteres Ächzen, dann ein Wimmern.
Pia bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Teroc aufspringen wollte, und warf ihm einen so eisigen Blick zu, dass er mitten in der Bewegung erstarrte und sich wieder zurücksinken ließ. Kluger Kerl.
»Es tut mir wirklich leid, Brasil«, fuhr sie in zuckersüßem Ton fort. »Aber ich fürchte, dass du meinen Preis nicht bezahlen kannst.«
»Hmpf!«, machte Brasil.
»Dann ist es jetzt wohl das Beste, wenn wir uns alle wieder setzen und dieses Gespräch einfach vergessen«, schlug Pia vor.
»Hrmmpfff!«, keuchte Brasil, und Pia beschloss, Gnade vor (Faust-)Recht walten zu lassen, ließ seine Hand los und trat vorsichtshalber einen Schritt zurück. Sie erkannte einen Feigling, wenn sie ihn sah, und Brasil war einer. Aber auch Feiglinge konnten gefährlich werden, wenn man den falschen Knopf drückte. Gerade Feiglinge.
Tatsächlich sprang der Bursche wütend auf die Füße … und zog sich dann seinerseits einen halben Schritt vor ihr zurück. Möglicherweise lag es daran, dass er nahezu einen Kopf kleiner war als Pia. Sie war keine Riesin, aber immerhin beinahe eins achtzig, und der Bursche allerhöchstens anderthalb Meter.
»Genieß dein Frühstück«, sagte Pia lächelnd, drehte sich um und ging zu ihrem Tisch. Sie sah nicht zu ihm zurück, lauschte dafür umso konzentrierter. Sie konnte hören, wie er sich schwer auf den Hocker fallen ließ, und wagte es, sich etwas zu entspannen. Gleichzeitig belegte sie sich in Gedanken mit einer ganzen Anzahl sehr wenig damenhafter Bezeichnungen. Ihre Reaktion war ziemlich dumm gewesen; verständlich vielleicht, aber trotzdem dumm. Einmal ganz davon abgesehen, dass die Sache auch hätte ins Auge gehen können, wäre es im Moment wirklich besser, wenn sie so wenig Aufsehen erregten wie möglich.
Sie setzte sich wieder und hatte es kaum getan, als Brack die Treppe herunterkam. Er trug einen Mantel über dem linken Arm, einen zweiten über der Schulter und zwei Paar kurze Stiefel in der Hand. Mit einem selbstzufriedenen Lächeln steuerte er den Tisch an, schob mit dem Fuß einen Hocker zurück und zögerte dann plötzlich.
»Ist alles in
Weitere Kostenlose Bücher