Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elfenherz

Titel: Elfenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holly Black
Vom Netzwerk:
dazugehörige Treppe in den Tunnel zurückkehrten, sah Val dort mehrere Leute. Das flackernde Kerzenlicht beleuchtete hier einen Wangenknochen, dort ein Kinn, die Flasche in einer Papiertüte, die jemand an den Hals setzte. Das Mädchen mit dem dicken Bauch war da und teilte sich mit einem anderen Mädchen die Decke.
    »Da seid ihr ja«, sagte Dave. Er lallte, und als sie ihn im Kerzenlicht sah, hing sein Mund herunter, wie besoffen. »Komm, setz dich zu mir, Lolli«, sagte er. »Komm, setz dich her.«
    »Nein.« Lolli ging stattdessen zu Luis. »Du hast mir nichts zu befehlen.«
    »Ich will dir doch gar nichts befehlen.« Seine Stimme klang elend. »Weißt du nicht, wie sehr ich dich liebe, Baby? Ich würde alles für dich tun. Hier.« Er hielt den Arm hoch. »Lolli« stand in blutverschmierten eingeritzten Buchstaben auf seiner Haut. »Das habe ich für dich getan.«
    Val zuckte zusammen, aber Lolli lachte nur.
    Luis zündete sich eine Zigarette an, und in dem kurzen
Augenblick, als das Streichholz aufloderte, war sein ganzes Gesicht im Licht. Er sah wütend aus.
    »Warum glaubst du mir nicht?«, quengelte Dave.
    »Ich glaube dir doch«, sagte Lolli schrill. »Es ist mir aber egal. Du bist langweilig. Vielleicht würde ich mich in dich verlieben, wenn du nur nicht so langweilig wärst.«
    Luis sprang auf und zeigte mit der Zigarette erst auf Lolli und dann auf Dave. »Hört sofort mit dem Scheiß auf, alle beide!« Er drehte sich um und warf Val einen wütenden Blick zu, als wäre das alles ihre Schuld.
    »Wer ist das?«, fragte Val und deutete zu dem Pärchen, das sich in die Decke gewickelt hatte. »Ich dachte, keiner soll hier runterkommen.«
    »Hier unten sollte wirklich keiner sein«, erwiderte Luis und setzte sich zu seinem Bruder. »Du nicht, ich nicht, die nicht.«
    Val verdrehte die Augen, aber wahrscheinlich merkte er das bei dem Kerzenlicht nicht mal. Sie rutschte näher an Lolli heran und flüsterte ihr zu: »Dreht der auch so auf, wenn ich nicht hier bin?«
    »So einfach ist das nicht«, flüsterte Lolli zurück. »Die hatten schon früher hier ihr Lager, aber Derek wurde wegen irgendwas nach Norden geschickt, und Tanya ist dann in irgendein verlassenes Haus draußen in Queens gezogen.«
    Luis rückte näher an seinen Bruder heran und redete leise auf ihn ein. Dann stand Dave mit geballten Fäusten auf. »Du kriegst immer alles!«, schrie er Luis an. Tränen liefen ihm über die Wangen und der Rotz aus der Nase.

    »Was willst du von mir?«, fragte Luis. »Ich habe das Mädchen nicht angefasst. Ist doch nicht meine Schuld, wenn nichts läuft.«
    »Ich bin kein Ding«, brüllte Lolli. »Redet nicht über mich, als wäre ich eine Sache.«
    »Blöde Kuh!«, schrie Dave zurück. »Ich bin langweilig? Ich bin feige? Eines Tages wirst du dir noch wünschen, du hättest nicht so mit mir geredet.«
    Das Mädchen mit der Decke setzte sich ruckartig auf und blinzelte. »Was... »
    »Los«, sagte Luis und packte Dave am Arm. »Wir gehen jetzt, Dave. Du bist betrunken, draußen wird’s dir besser gehen.«
    Dave schüttelte seinen Bruder ab. »Halt’s Maul.«
    Val stand auf; der letzte Rest Nimmer ließ die kreidige Dunkelheit des Tunnels vor ihren Augen verschwimmen. Ihre Beine waren Pudding und ihre Fußsohlen brannten von den langen Wanderungen, die ihrem Körper gerade erst wirklich bewusst wurden. Dennoch hatte sie jetzt überhaupt keine Lust darauf, in so eine klaustrophobische Nummer verwickelt zu werden.
    »Regt euch ab, wir gehen.«
    Lolli folgte ihr wieder die Treppe hinauf.
    »Warum hast du ihn so gern?«, fragte Val.
    »Ich hab ihn nicht gern«, erwiderte Lolli, die gar nicht erst fragte, wen Val meinte. »Sein Auge ist hinüber, er ist zu dünn und benimmt sich wie ein alter Sack.«
    Val zuckte die Achseln und wand ihren Daumen durch
die Gürtelschlaufe ihrer neuen Hose. Ihr Blick ruhte auf ihren Stiefeln, die sich über die Ritzen auf dem Bürgersteig vorwärtsbewegten. Dabei schwieg sie.
    Lolli seufzte. »Er sollte darum betteln.«
    »Sollte er«, fand auch Val.
    Sie liefen die Bayard Street entlang, vorbei an Lebensmittelläden, die säckeweise Reis, bergeweise blassgoldene Äpfel, Bambussprösslinge in Wasserschalen und riesige Stachelfrüchte anboten, die an der Decke baumelten. Val und Lolli gingen an kleinen Läden vorbei, die Sonnenbrillen, Papierlampen, Bambusbüschel mit goldenen Bändern und hellgrüne Plastikdrachen verkauften, die aussehen sollten wie aus gemeißelter Jade.
    »Bleib mal

Weitere Kostenlose Bücher