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Elfenkind

Elfenkind

Titel: Elfenkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka-Gabriela Schmidt
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Nachttisch hinüber, um die Leselampe anzuschalten und erstarrte in der Bewegung. Was war das? Sie zwinkerte ein paar Mal mit ihren Augen, aber der Eindruck blieb unverändert. Am Fußende ihres Bettes war ein großer dunkler Schatten, der dort nicht hingehörte.
    Aliénors Herz begann zu flattern und ihr Körper versteifte sich voller Panik. Ihre Finger krallten sich in der Bettdecke fest.
    «Keine Angst, Aliénor, ich werde dir nichts tun, ich verspreche es.»
    Die Stimme war männlich, tief, leise. Der Tonfall war ungewöhnlich samtig, einfühlsam, beruhigend. Irgendwo hatte sie diese Stimme schon einmal gehört und mit der Erinnerung daran war nichts Unangenehmes verbunden. Im Gegenteil. Sie fühlte sich in der Nähe dieser Stimme sicher, und sie überlegte fieberhaft, woher sie ihn kannte.
    Die Schmerzen schlossen einen immer dichter werdenden Ring um ihren Körper, der ihr den Atem abschnürte und sie schwindlig machte. Hatte der Mann etwas damit zu tun, dass es ihr so schlecht ging? Hatte er ihr irgendetwas eingeflößt oder gespritzt? Sie betrachtete ihn weiter, darauf gefasst, dass er sich ihr näherte, und bereit, dann sofort um Hilfe zu schreien. Sie hätte das ohnehin schon längst tun sollen. Aber etwas hielt sie zurück.
    Als sie sich einige Augenblicke angesehen hatten, ohne dass etwas geschah, entspannte sie sich etwas. Wenn er ihr etwas hätte antun wollen, hätte er das wohl bereits getan.
    «Wer sind Sie?», fragte sie schließlich und versuchte, sich etwas weiter aufzurichten. Sie schaltete die Nachttischlampe ein, die den Raum in ein schummriges Licht tauchte und sah wieder zu dem Fremden hinüber.
    Ein einziger Blick genügte um festzustellen, dass er ein attraktiver Mann war, muskulös, athletisch, etwa dreißig Jahre alt. Halblange, leicht gelockte, rabenschwarze Haare rahmten ein schlankes ebenmäßiges Gesicht mit einem energischen Kinn ein.
    Seine Haut war so hell und glatt wie Alabaster. Ähnlich wie meine eigene Haut, dachte Aliénor verblüfft. Aber er erschien ihr deswegen nicht bleich oder kränklich, eher edel, wie ein Aristokrat aus lang vergangener Zeit.
    Er war in eine eng anliegende schwarze Lederhose und ein blusiges weißes Hemd mit Stehkragen gekleidet. Darüber stand ein langer Ledermantel über seinen breiten Schultern offen. Obwohl er sehr groß war, wirkte er nicht schwerfällig oder bedrohlich.
    «Frédéric.» Er deutete eine höfliche Verbeugung an, die rechte Hand aufs Herz gelegt. «Frédéric, Duc de Bonville.»
    Sie sah eine Art silbernen Siegelring an seiner Hand und der zurückrutschende Ärmel des Mantels gab den Blick auf einen breiten silbernen Armreif an seinem Handgelenk frei.
    Er kam langsam näher und ging auf dem kleinen Teppich neben ihrem Bett auf ein Knie nieder. Er wirkte selbst jetzt, in dieser Haltung, die sie an kniende Ritter des Mittelalters erinnerte, nicht lächerlich, sondern beeindruckend männlich.
    Seine Miene war freundlich, um seine Augen lagen kleine Lachfältchen, die auf einen Sinn für Humor schließen ließen. Nein, sie traute ihm nichts Böses zu, auch wenn dies vielleicht dumm war. Schließlich war er nachts unbemerkt in ihr Zimmer eingedrungen. Auch wenn er ihr bisher nichts getan hatte und in keiner Weise bedrohlich wirkte, konnte sie ihm doch nicht trauen, bevor sie nicht wusste, was er hier eigentlich wollte.
    Geduldig nahm er es hin, dass sie ihn misstrauisch musterte. Um seine Mundwinkel spielte ein kleines Lächeln, das auch seine grauen Augen zum Leuchten brachte. Für einen Augenblick verloren ihre Schmerzen ein wenig an Bedeutung.
    Doch dann kam die nächste Welle angerollt und sie rang wieder um Luft, hatte das Gefühl jede Sekunde zu ersticken. Ihre Brust hob und senkte sich schwer.
    «Oh, Gott, was ist das?», keuchte sie. Sein Gesicht verlor an Konturenschärfe, kleine bunte Blitze tanzten vor ihren Augen, ihr war schwindlig und sie fürchtete, das Bewusstsein zu verlieren. «Maman …»
    Er griff ihre Hand. «Ganz ruhig. Deine Mutter kann dir nicht helfen. Aber ich bin gekommen, dir heute Nacht beizustehen.»
    «Beistehen?», stöhnte sie. «Wobei?»
    «Bei dem, was du gerade durchmachst. Mir ist bewusst, dass du schreckliche Schmerzen haben musst.»
    Wovon sprach der Mann? Und wie war er eigentlich in ihr Zimmer gekommen? Erstmal brauchte sie jetzt ein paar Antworten. Der Schmerz ebbte für einen Augenblick ab, und entschlossen entzog sie ihm ihre Hand, schlug die Decke zurück und schwang sich heraus. Kaum stand sie,

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