Elfenkrieg
suche er nach weiteren Angreifern. »Ich war mehr als das – für dich, Vanora.«
»O nein, bitte nicht das schon wieder. Was habt ihr nur alle mit diesem Namen?«
Eamon ging furchtlos auf sie zu und baute sich vor ihr auf. »Es ist dein Name, Vanora, und du weißt es.«
»Ach ja?« Die Priesterin legte ihren Kopf schräg und hob sich ihm entgegen, als wolle sie ihn küssen. Eamon erstarrte, als hätte sie ihm ein Schwert an die Brust gesetzt. »Und was wart Ihr für mich?«, flüsterte sie eine Haaresbreite von seinen Lippen entfernt, während sie ihn mit ihren saphirblauen Augen ansah. »Was habe ich Euch gegeben, das ihr jetzt einfordern wollt, hm?«
»Etwas, das du verloren hast.«
»Was mag das wohl sein?« Ihre Hand strich durch sein Haar. »Seid nicht naiv und behauptet, mein Herz.«
»Deine Menschlichkeit.«
Die Priesterin ließ sich zurück auf die Füße sinken. »Na, das ist mal etwas Neues.« Sie sah Eamon in die Augen. Regungslos betrachteten die beiden sich, dann hauchte sie plötzlich ohne Vorwarnung ihren Nebel gegen seine Lippen. EamonsKörper sackte augenblicklich in sich zusammen, wo ihn die Priesterin auf dem Boden herumdrehte, so dass er auf dem Rücken lag. Auch er schien sich nicht bewegen zu können und starrte sie einfach nur an.
Die ganze Sache versprach kein gutes Ende zu nehmen, und als sich die Priesterin plötzlich rittlings auf Eamons Hüfte niederließ, meinte Vinae, ihren Augen nicht trauen zu können, während Meara ihre entnervt verdrehte.
»Nun, Eamon«, säuselte die Priesterin und beugte sich zu ihm vor, um ihm das Haar zurückzustreichen. »Ihr behauptet, ich wäre einst menschlich gewesen? Ihr hättet mich gekannt? Vielleicht wird Euch dies hier vom Gegenteil überzeugen.«
Mit zur Seite geneigtem Kopf, als packe sie ein Geschenk aus, löste sie einen Riemen nach dem anderen und entledigte Eamon der schützenden Brustplatte, der Schulterteile und der Armschienen seiner Silberrüstung. Danach schob sie die Schleier von ihrem linken Bein bis zum Knie hoch und entblößte am Unterschenkel außer der weißen Haut auch noch einen Lederriemen, von welchem ein reichverzierter Dolch gehalten wurde. Eamon starrte darauf und fragte sich wohl, ob er diese Waffe bald in seiner Brust spüren würde. Doch die Priesterin beugte sich nur zu ihm vor und strich ihm sanft mit der Hand über die Wange.
»Fürchtet Ihr Euch?«, gurrte sie, während ihre Finger über seine Lippen strichen. »Tapferer Menschenfreund.«
In demonstrativer Langsamkeit zog sie mit der anderen Hand den Dolch aus der Scheide und drehte ihn schließlich in ihren Händen. »Wunderbar, meint Ihr nicht?«, fragte sie und setzte die Spitze der im Silberlicht blitzenden Klinge sogleich an seine Brust. Mit beiden Händen hielt sie den vergoldeten Knauf fest und verlagerte ihr Gewicht, um den Druck zu verstärken. »Ein solch anregendes Gefühl, den Stahl einer Waffeauf der Haut zu spüren.« Die Hand der Priesterin fuhr hinab, und es gab ein reißendes Geräusch.
Vinae hätte aufgeschrien, wäre es ihr möglich gewesen, doch beim genauen Hinsehen erkannte sie, dass nur der Waffenrock entzweigeschnitten, Eamon jedoch unversehrt geblieben war – noch, denn sofort lag die Schneide wieder an seiner Brust, während Eamon die Priesterin immer noch ausdruckslos anstarrte.
»Deine Schwester – die Königin«, sagte sie beinahe schon beleidigt. »Sie hat mich nicht sehr nett behandelt. Vielleicht schicke ich ihr mit dem Bruder eine Botschaft.«
Die Klinge bewegte sich in Richtung Herz. Eamons Augen weiteten sich, und dann sah Vinae ein rotes Rinnsal auf seiner weißen Haut unter dem offenen Rock hinabfließen.
Noch einmal versuchte sie sich gegen die Kraft des Nebels zu wehren, der sich um sie schlängelte und gefangen hielt, doch es war nichts zu machen. Nicht einmal ein kleines Rucken, eine winzige Bewegung des Fingers. Jede Magie schien sie verlassen zu haben, als trüge sie erneut den Schattenkristall. Sie erreichte das Wasser um sich herum nicht und war vollkommen machtlos.
Ihre Mutter und sie würden sterben.
»Tat das weh?«, fragte die Priesterin in ihrem hohen, singenden Ton und hob die Klinge an ihr Gesicht. Einen schaurigen Moment lang dachte Vinae, sie würde das Blut davon ablecken, doch stattdessen hauchte sie sanft wie einen Kuss ihren Nebel dagegen. Sofort begann der Stahl zu leuchten, zu glühen in graublauem Licht, und zu Vinaes Erleichterung erhob sich die Priesterin, ohne Eamon weiter zu
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