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Elfenkrieg

Elfenkrieg

Titel: Elfenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Qunaj
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drückte sie an seine Lippen. Er kniff seine Augen zusammen und glaubte zu träumen. Dies konnte nicht echt sein. Dies durfte nicht echt sein, und doch spürte er es jetzt wieder mit aller Deutlichkeit. Jede Grenze, die sie vorhin noch getrennt hatte, war verschwunden. Ihm war klar gewesen, dass dies mit dem Tod der Priesterin, dem Schwinden der Göttin passieren könnte, doch er hatte diesen Gedanken verdrängt. Die Hoffnung, er könne sie noch ein letztes Mal sehen, und zugleich die Angst davor, sie daraufhin sofort zu verlieren, hatte diese Möglichkeit in seinem Kopf nicht zugelassen. Hätte er sich damit näher auseinandergesetzt, wäre er niemals in der Lage gewesen, die Göttin zu töten. Sie war in ihr gewesen, und nur der Tod des Körpers hatte sie vertreiben können.
    »Nevliin«, flüsterte Vanora, und er spürte eine zarte Berührung an seiner Brust. »Was ist ... mit mir?«
    Er wollte seine Augen nicht öffnen, um sich dem Unvermeidbaren nicht stellen zu müssen, und doch gelang es ihm irgendwie, ihre Hand loszulassen und sie anzusehen. VollerAngst und Unverständnis blickte sie zu ihm auf. Nevliin meinte zu zerbrechen, als ihm klar wurde, dass sie nicht wusste, was er getan hatte – dass er sie getötet hatte.
    »Nichts«, flüsterte er unter Aufbringung all seiner verbliebenen Lebenskraft und zog sie an sich, während ihr Atem immer schwächer wurde. Mit beiden Händen hielt er sie umschlungen, den Kopf auf ihren Scheitel gebettet. »Schlaf nur, meine Liebe. Schlaf.« Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und ließ seine Lippen dort verharren. Was würde er dafür geben, jetzt mit ihr gehen zu können! Sie nicht schon wieder alleinlassen zu müssen, während er im Leben gefangen gehalten wurde. Das letzte Mal hatte er keine Gelegenheit gehabt, sich von ihr zu verabschieden, doch jetzt spürte er jeden ihrer verbliebenen Herzschläge an seiner Hand, hörte jeden einzelnen Atemzug.
    »Warte auf mich«, flüsterte er und schloss seine Augen, da er es nicht mehr ertrug, das schwindende Leben in den ihren zu sehen. »Ich komme dir nach, sehr bald schon. Warte nur noch etwas länger.«
    Tränen bahnten sich ihren Weg unter seinen geschlossenen Lidern hindurch. Er drückte Vanora so fest an sich, dass es ihr wohl jeden restlichen Atem nehmen musste. Doch er konnte sie nicht fortlassen. Noch nicht.
    Wie viel leichter wäre es gewesen, die Priesterin auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Er wusste nicht, ob er zornig oder dankbar für die Möglichkeit sein sollte, diesmal Abschied zu nehmen.
    »Nevliin?«, hörte er seinen Namen schließlich noch einmal über ihre Lippen kommen.
    Widerwillig öffnete er seine Augen und offenbarte seine Tränen. Elfen weinten nicht, und doch war es das zweite Mal in seinem Leben, dass er welche vergoss.
    Ihre Hand umklammerte seinen Arm, ihre Finger gruben sich in seine Haut, und sie sah ihm mit solcher Klarheit in die Augen, als wäre der Tod nicht bereits in diesem Raum. Und doch schien sie sich ihres nahenden Endes nun plötzlich sehr bewusst.
    »Weiße Stadt«, stöhnte sie und drückte noch einmal seinen Arm. »Feuer ... Schwert. Gib ... acht.« Sie nickte und klammerte sich an ihm fest. Panik überschattete ihr Gesicht. »Kein ... Schicksal.«
    Nevliin lächelte und küsste ihr die Tränen von den Wangen. »Sch«, flüsterte er und legte seine Stirn an ihre. »Ich bin bald wieder bei dir. Keine Sorge. Ich kenne mein Schicksal. Schlaf jetzt.«
    Vanora versuchte, sich in seiner Umarmung aufzubäumen, doch er drückte sie zu fest an sich. »Weiße Stadt«, keuchte sie noch einmal, dann fielen ihr auch schon die Augen zu wie einem Kind, das seiner Müdigkeit endlich nachgab.
    Nevliin wiegte sie in seinen Armen, während er ihrem schwindenden Atem lauschte. Die Abstände zwischen den einzelnen, mittlerweile wieder ruhigeren Zügen wurden immer länger. Ihr Körper wurde schlaffer, und doch fühlte sie sich immer noch unglaublich leicht an. Nur zu genau wusste er, wie er sie damals vor vierundachtzig Jahren in der Höhle gefunden hatte. Zu genau wusste er noch, wie das Unerträgliche über ihn hereingebrochen war. Diesmal war es anders, doch er konnte nicht behaupten, dass es weniger weh tat. Es war einfach nur anders.
    Er hatte sie getötet, kam ihm immer wieder in den Sinn, doch dann bemerkte er das rote Leuchten in diesem Raum und erinnerte sich wieder an sein Schicksal. In diesem Leben war für ihn und Vanora kein Platz mehr. Sie beide würden zusammenfinden – bei den

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