Elfenkrieg
niemals enden. »Wir holen das Herz, und damit ist Ardemirs Geist frei. Er wird Vinae nicht mehr töten.«
»Dafür haben wir keine Zeit«, wiederholte Nevliin, und als der Drache die ersten Flammen in Richtung Schafott spie, begriffselbst Aurün, dass ihr verhasster Verbündeter recht hatte. Sie würden es nicht rechtzeitig schaffen. Vinae war so gut wie tot.
Ein lichterloher Feuerball raste knapp an der festgebundenen Elfe vorbei und setzte einen Baum hinter ihr in Flammen. Sie würden das Herz nicht rechtzeitig erreichen, um Ardemir aufzuhalten, doch der Drache musste aufgehalten werden, etwas anderes zählte im Moment nicht. Denn auch wenn ihr Wunsch, ihr Volk zu befreien, über allem stand, so konnte sie ihre Freunde doch nicht im Stich lassen.
Ohne weiter nachzudenken, nahm Aurün einen Pfeil aus dem Köcher, den sie auf ihrem Rücken trug, und spannte den Bogen. Diesmal hatte sie die beiden Ritter nicht unbewaffnet begleitet. Geschickt legte sie den Pfeil an, den sie noch von den letzten Drachenangriffen auf die Tempel hatte, und zielte hoch zur Sonne.
Der Pfeil zischte von der Sehne. Eamon und Nevliin folgten mit ihren Blicken der Flugbahn des Geschosses, das sich genau im richtigen Moment herabsenkte und vor der Stadt niederging.
Der Pfeil traf den Drachen in die Schulter; er brüllte auf, als wäre er tödlich verwundet worden.
»Er wird nun eine Zeitlang schlafen«, sagte Aurün und löste die Sehne wieder vom Bogen. »Der Pfeil ist noch mit Daerons Gift versehen. Also los! Lasst uns keine Zeit verlieren.«
Eamon riss seinen Blick von dem schwankenden Drachen los und starrte Aurün an. »Also gut.« Er deutete zum Gerüst vor der Stadt. »Wir holen das Herz und Vinae und danach erst Liadan.«
»Nein.« Nevliin trat einen Schritt vor. »Wir sind am Eingang zu den Verliesen und müssen unseren Vorsprung ausnutzen. Sie wissen von uns. Der Pfeil hat sie auf unsere Spur geführt.Wir müssen Liadan jetzt holen. Dem Kampf können wir uns danach immer noch stellen.«
»Aber Vinae ...«
Nevliin fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Sie hat Zeit gewonnen, Zeit, die uns jetzt davonläuft, Eamon. Behalte sie hier im Auge, und handle, wenn du meinst. Aurün und ich holen Liadan, deine Schwester .«
Verblüfft über Nevliins Worte wandte sich Aurün ihm zu. Der Ritter ließ sie jedoch zu keiner Erwiderung ansetzen. »Es genügt, wenn einer hier Wache hält«, sagte er ungeduldig. »Eamon bleibt hier und hält die Stellung. Ihr kommt mit mir, Aurün.«
Auch Eamon schien überrascht über diese Änderung ihres Plans. Dann nickte er und wandte seinen Blick wieder zur Stadt, von wo sich bereits Schlangenschilde aufgemacht hatten.
Aurün hingegen folgte Nevliin in seinem weißen Umhang, der erstaunlich schnell die Treppen hinablief. Ihr wäre auch lieber gewesen, sie hätten sich zuerst um das Herz gekümmert, doch sie musste zugeben, dass Nevliins Argumente einleuchtend waren. Sie waren jetzt in der Nähe des Verlieses, und würden sie zuerst die ganze Stadt durchqueren und einen Kampf herausfordern, so würden sie es vermutlich nicht mehr schaffen, zurückzukehren. Vinae musste warten, anders ging es nicht.
»Weiter.« Nevliin schlüpfte durch den schattigen Bogengang hinaus auf den Marktplatz, der kaum genügend Platz bot, um zu gehen, da der Käfig ihn völlig einnahm. Unbehelligt gelangten sie zu der geheimen Einstiegsluke, die ihnen Vinae damals gezeigt hatte. Die Drachen boten ihnen genügend Deckung vor den Blicken der Wachen, und auch wenn Aurün die trüben Augen ihrer Gefährten kaum ertragen konnte, riss sie sich zusammen und schlüpfte in die Dunkelheit des Verlieses.
»Haltet Euch dicht hinter mir«, flüsterte Nevliin, während er auch schon die finsteren Korridore entlanglief.
Aurün hatte Mühe, den weißen Umhang nicht aus den Augen zu verlieren, doch auch sie wollte die Sache so schnell wie möglich zu Ende bringen. Es würde nicht lange dauern, bis die Wachen Alarm schlugen und es auch hier unten von Schlangenschilden wimmelte. Solange die Drachen eingesperrt waren und Liadan in Freiheit, hatten sie eine Chance, den Kampf zu gewinnen und als Sieger daraus hervorzugehen. Doch dazu mussten sie das richtige Verlies erst einmal finden.
»Wisst Ihr, wo Ihr suchen müsst?«, zischte sie.
Ohne zu antworten, lief Nevliin zielstrebig weiter, als wüsste er genau, wo Liadan gefangen gehalten wurde. Sie liefen an Zellen vorbei, deren Insassen kaum noch lebendig sein konnten, dann wieder an
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