Elfenkrieg
in einem Schaukelstuhl gedöst hatte.
»Ich weiß.« Aurün zuckte mit den Schultern. »Deine Schwester ist auch nicht begeistert, weil sie nun einmal eine Thesalis ist, und Ardemir gibt es auch nicht zu, aber dass er in sie vernarrt ist, sieht ein Blinder.«
»Ardemir liebt alle Frauen.«
»Bei ihr scheint es anders zu sein.«
Eamon fuhr sich mit beiden Händen durch sein Haar. »Ich wusste nicht, dass Meara eine Tochter hat«, sagte er schließlich leise.
»Das habe ich mir gedacht.« Aurün wollte ihn soeben nocheinmal fragen, was an dieser Nachricht denn so fürchterlich war, als Ardemir zu ihnen auf den Balkon trat.
»Es ist schon hell«, stellte er fest und streckte sich mit einem lauten Gähnen, doch als er Eamons abwesenden Blick und Aurüns Hilflosigkeit darüber sah, hielt er mit erhobenen Armen inne und kniff seine Augen zusammen. »Störe ich?«, fragte er und sah zwischen den beiden hin und her.
»Nein.« Eamon richtete sich auf. »Nein, ganz und gar nicht. Aurün hat mich nur über den letzten Stand der Dinge aufgeklärt.« Er wirkte wieder völlig normal, und auch das war merkwürdig.
»Ah.« Ardemir sah an den beiden vorbei. »Und seit wann sitzt der da schon?«
Eamon und Aurün drehten sich gleichzeitig um und sahen zu Nevliin, der in seinem dunklen Umhang immer noch reglos dasaß.
»Ich weiß nicht«, antwortete Eamon. »Ich glaube, er war noch nirgends anders.«
Ardemir nickte. »Du solltest mit ihm reden, Eamon.« Er deutete mit dem Kopf zum Salon, und gemeinsam gingen sie in den warmen Raum, wo bereits ein Feuer im Kamin brannte.
Eamon schloss die Glastüren und ließ sich auf einem gepolsterten Stuhl nieder. Aurün und Ardemir nahmen ihm gegenüber auf einer Bank Platz.
»Ich wüsste nicht, was ich ihm sagen sollte«, antwortete Eamon. »Nein, wirklich nicht.«
Aurün beugte sich etwas vor. »Du bist der einzige Freund, den er noch hat, Eamon. Sag ihm, dass es so nicht weitergehen kann.«
Er lachte. »Ja, ich kann mir seine Reaktion bildlich vorstellen.«
»Aber irgendetwas muss geschehen«, erwiderte Ardemir.Das kurze Haar ließ ihn fremd aussehen, irgendwie härter. Vielleicht lag es auch nur an den Sorgen, die ihm etwas von seiner Unerschütterlichkeit nahmen. »Vielleicht schlägst du ihm vor, dass er nach Valdoreen zurückgeht.«
»Ich dachte, das hättet ihr schon versucht?«
»Und wenn du mit ihm über ... Vanora sprichst?«
Eamons Ausdruck veränderte sich nicht im Geringsten, als sein Vetter ihren Namen erwähnte, er sah ihn immer noch genauso unverwandt an, und doch war jetzt etwas völlig anders an ihm. Seine Augen wurden kälter.
»Ihr Tod liegt Jahrzehnte zurück«, fuhr Ardemir fort. »Nevliin muss über sie hinwegkommen. Er zerstört sich ... und andere ebenso. Ich weiß, dass er sie geliebt hat, aber glaubst du, sie hätte das gewollt? Sag ihm, dass sie wünschte, ihn glücklich zu sehen. Er soll wieder leben, verflucht noch mal. Er soll sich ja nicht gleich eine andere Frau nehmen, aber es sind vierundachtzig Jahre vergangen, Eamon.«
»Du hast recht.« Eamons Stimme klang eisig. »Es ist lange her. Ich muss mit ihm reden.«
»Du bist der Einzige, der mit ihm über Vanora reden kann«, drängte Ardemir weiter. »Ich habe es versucht, und du kannst dir vorstellen, dass er mich noch nicht einmal eines Blicks gewürdigt hat, als ich ihren Namen erwähnte. Aber du stehst ihm nahe. Du standst Vanora nahe.«
»Ja.«
»Er ist dein Freund.«
»Ja.« Eamon erhob sich und ging vor den Bücherregalen, die eine gesamte Wand einnahmen, auf und ab. »Ich hätte nicht gedacht, dass es ihn so zerstören würde«, sagte er und klang dabei, als spräche er zu sich selbst. »Natürlich wusste ich, dass er sie geliebt hat, mehr noch. Es war Faelnuír, Seelenverwandtschaft, aber was aus ihm geworden ist ...« Er seufzte. »DieTrauer verschwindet nicht. Das Gefühl der Leere, aber es gibt immer auch Freude. Er darf sich nicht völlig verlieren, er darf nicht andere in seinen Schmerz hineinziehen.«
»Er ist zu weit gegangen«, stimmte Ardemir zu. »Elfen sind tot und verletzt. Das kann nicht mehr ...«
Ein zweistimmiges Aufschreien ließ sie alle herumfahren. Eamon war in drei großen Sätzen an der Tür und riss sie auf. Auch Aurün und Ardemir liefen ihm sofort hinterher und erblickten die beiden Menschenmädchen Mairi und Isla, die kreidebleich zu Nevliin aufsahen, der neben ihnen stand.
»Eamon, Ardemir ... Eure Hoheit.« Nevliin ging seelenruhig an ihnen vorbei in den
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