Elfenkrieg
habe, wie sie es verdient.«
»Weil sie dein Leben gerettet hat!«
Nevliin wandte seinen Blick ab und sah aus dem Fenster.
»Ich kann ebenso wenig vergessen, was sie getan hat«, sagte Eamon schließlich resignierend. »Und ich weiß, dass du nicht so skrupellos bist, wie du es vorzugeben magst.«
»Du glaubst mich zu kennen?« Nevliin sah ihn wieder an. »Ich würde sie töten, Eamon. Jetzt sofort, ohne zu zögern. Soll ich es dir beweisen? Soll ich zurückgehen und sie töten?«
Aurün konnte nicht glauben, was sie da hörte. Nein. Sie konnte es sehr wohl glauben, und das war genau das Schlimme. Sie musste Nevliin nur ansehen und wusste, dass, wäre Liadan jetzt hier, er ihr, einzig um seine Worte zu beweisen, die Kehle durchschneiden würde. Dieses Gespräch war sinnlos. Um das zu sehen, musste sie auch nicht über die Gabe der Drachenelfen verfügen, um ins Innerste einer Seele zu blicken. Nevliin war abgrundtief böse.
»Das würdest du nicht tun«, antwortete Eamon ruhig, und doch war ihm das Entsetzen anzuhören. »Du nicht.«
»Ich nicht? Das weißt du, weil ...« Nevliin machte eine auffordernde Handbewegung, doch Eamon schüttelte nur seinen Kopf. Er sah unsagbar traurig aus, und Aurün hasste Nevliin dafür. Er war nicht Eamons Freund.
»Ich will dir helfen, Nevliin«, sagte er beinahe flehend. »Auch wenn dir alles egal ist. Du bist mir nicht egal.«
»Seit wann? Hat es dich gekümmert, was aus uns wird? Du bist weggelaufen, Eamon, also komm mir nicht mit irgendwelchenrührseligen Geschichten von Freundschaft. Davon verstehst du genauso wenig wie ich.«
»Fürst Nevliin«, begann Aurün, da sie das nicht mehr länger mitanhören konnte, doch als er zu ihr herumfuhr und sie mit den schwarzen Augen ansah, verschlug es ihr die Sprache.
»Wir alle verstehen deine Trauer«, versuchte es nun wieder Ardemir. »Niemand verlangt von dir, freudig durch das Leben zu tanzen, aber du musst auch an ...«
»Vanora ist tot.«
Es wurde totenstill. Alle starrten Eamon an, der sich wieder erhob, doch Aurün entging nicht, mit welcher Kraft Nevliin die Stuhllehne umfasste.
»Vanora ist tot«, wiederholte Eamon langsam und erwiderte den vernichtenden Blick des Ritters. »Sie wird nicht zurückkommen, egal, was du tust, egal, wie viele du tötest oder verletzt.«
»Sei vorsichtig.«
Eamon lachte gequält auf. »Sonst tötest du mich?« Er schüttelte seinen Kopf. »Nur zu, und doch werde ich die Wahrheit aussprechen. Vanora ist tot. Sie ist gegangen und hat ihr Leben für dich, mich und all die anderen gegeben. Es war nicht Liadans Schuld, auch nicht die unsere. Es war einzig Vanoras Schuld. Sie traf diese Entscheidung, und niemand hätte sie daran hindern können. Sie ist keine Nebelgestalt, auch wenn du es dir wünschst. Du warst dabei, als sie starb. Du warst dabei, als wir ihren Körper verbrannten. Sie kann nicht wiedergeboren werden – auch das weißt du. Es war ihr Schicksal, die Barriere zu zerstören. Sie hat ihre Aufgabe erfüllt und ist bei den Sternen – sie hat ihren Frieden. Schließe endlich damit ab.«
Nevliin erhob sich ganz langsam und ging um den Tisch herum auf Eamon zu. Seine Hände zitterten. Aurün sah auchdas Pulsieren des Blutes an seinem Hals, wo sich die Sehnen deutlich hervorhoben, doch Eamon fuhr ungerührt fort.
»Ich habe es auch nicht sehen wollen, Nevliin«, sagte er. »Ich habe das Schicksal verflucht, ich habe alles und jeden verflucht, aber das führt zu nichts. Vanora ist fort, und irgendwann werden wir zu ihr gehen. So lange können wir nichts anderes tun, als das Beste aus unserem Leben zu machen. Wenn nicht für uns selbst, dann für sie, denn sie sieht, was du tust, Nevliin. Sie wartet auf dich, und sie wird enttäuscht sein.«
»Und jetzt?«, knurrte Nevliin, als er vor ihm stehen blieb. »Glaubst du, jetzt werde ich dir für deine Weisheiten danken und dich in die Arme schließen? Tut mir leid.« Er zeigte auf Ardemir und Aurün. »Wie schön ihr euch alles ausgedacht habt. Schließt euch zusammen, in der Mission den fehlgeleiteten Ritter zu retten. Wirklich nobel! Aber ich muss euch enttäuschen. Was auch immer ihr sagt, was auch immer ihr tut – es ist mir gleichgültig.« Mit diesen Worten drehte er sich um und ging zur Tür, was Aurün unwillkürlich vor Erleichterung aufatmen ließ. Die Angst um Eamon, während er sprach, hätte sie beinahe um den Verstand gebracht.
»Ich habe sie auch geliebt, Nevliin.«
Die Zeit blieb stehen. Erneute Stille. Nevliin
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