Elfenlicht
Verankerung gebrochen. Armlange Geschosse mit vierkantigen Spitzen lagen auf dem Boden verstreut. Auch etliche große graue Steine lagen auf der hölzernen Pritsche. Einige von ihnen waren mit Blut verschmiert. Offenbar hatten sie das Schicksal der Kobolde besiegelt.
Immer lauter tönte das Geschrei der Kämpfer. Der Hofmeister wollte sehen, was um ihn geschah. Er konnte nicht einfach nur da liegen und sich seinem Schicksal ergeben. Vom Schmerz ganz benommen, zog er sich an der Seitenwand des Fuhrwerks hoch. Die Trolle waren bis an die Wagen herangekommen. Der Kampf der Verbündeten war nur noch ein letztes Aufbäumen gegen das Unvermeidliche.
Alvias griff nach einer Armbrust, die zu seinen Füßen lag. Doch vermochte er den linken Arm nicht zu bewegen, und nur mit einer Hand konnte er die Waffe nicht spannen. Entmutigt sah er sich nach seinem Schwert um. Es musste auf dem Schlachtfeld zurückgeblieben sein, dort, wo er niedergeschlagen worden war. Trotzig zog der Elf sein Messer. So würde er wenigstens mit einer Waffe in der Hand sterben.
Am Fuß des Hügels erschollen dutzende Kriegshörner. Es hörte sich an, als gehe eine riesige Reiterschar zum Angriff über. Das Handgemenge hatte so viel Staub aufgewirbelt, dass man nur undeutlich sehen konnte, was dort geschah.
Eine riesige graue Hand legte sich vor Alvias auf die Seitenwand der Pritsche. Ein großer Kopf mit geröteten Augen erschien. Als der Troll das Messer sah, grinste er breit. »Zu klein!«
Alvias wollte dem Mistkerl den Dolch in den Handrücken rammen, doch ein leichter Stoß des Trolls holte ihn von den Beinen. Zwischen den vermeintlichen Toten erhob sich ein Kobold, der den Arm in einer Schlinge trug. Er richtete seine Armbrust auf den Angreifer. Mit scharfem Klacken zog er den Abzug durch. Ein Bolzen traf den Troll dicht über der Nasenwurzel in die Stirn. »Ein zu großes Ziel, um es zu verfehlen.«
Der Kobold ließ die Waffe sinken. Ihm zitterten die Hände. »Das war mein letzter Bolzen.« Alvias trat an die Seite des Schützen. Es war derselbe, mit dem Melvyn sich vor Beginn der Kämpfe unterhalten hatte.
»Du bist Misht?«
Der Schütze grinste. »Als Hofmeister der Königin hat man wohl ein gutes Namensgedächtnis. Schade, dass die Trolle es gleich durch die Kutsche schmieren werden.«
Der Elf hob trotzig seinen Dolch. »Der erste Schmierfink sollte auf seine Finger Acht geben.«
»Mich musst du nicht mit solchen Sprüchen ermutigen«, murmelte der Kobold. »Worte sind allzu billig.«
Alvias atmete tief aus. »Ich glaube, das habe ich eher gesagt, um mir Mut zu machen. Manchmal hilft es, die eigene Stimme zu hören. Da scheint eine Reiterattacke im Gange zu sein. Glaubst du, die hauen uns hier heraus?« Der Kobold kletterte auf einen umgestülpten Weidenkorb, um über die hölzerne Seitenwand zu blicken. Auch er zog trotzig sein Messer. »Du solltest dir keine Hoffnungen machen, Hofmeister. Wir sind die letzten Reserven. Es gibt niemanden mehr zum Heraushauen, es sei denn, wir bekommen das selbst auf die Reihe.«
Alvias trat an Mishts Seite. Die Kämpfenden hatten sich wieder ein Stück von den Wagen entfernt. Die Hörner klangen jetzt ganz nahe.
»Kentauren«, sagte der Kobold, als sei damit alles erklärt, was sich dort unten abspielte.
Alvias sah, wie einige Trolle vom Hügel fortliefen. Dann wurden es mehr. Der aufgewirbelte Staub raubte ihm die Sicht.
»Schirrt die Pferde an!«, rief ein Elf in verbeulter Rüstung. »Wir ziehen uns zurück.« Erschöpfte Krieger kamen den Hang hinauf. Ihre Umhänge hingen in Fetzen. Die Rüstungen waren mit Staub und Blut bedeckt.
Eine Gruppe aus drei Kentauren und zwei Elfen kam den Hügel hinauf. Eine Elfenkriegerin mit kurzem, blondem Haar deutete zu Alvias und sagte dann etwas zu ihren Begleitern. Jetzt erkannte Alvias den Fürsten Elodrin. Der Heerführer lenkte sein Pferd zum Fuhrwerk herüber. »Ein ungewöhnlicher Ort, um dem Hofmeister der Königin zu begegnen.«
»Ich suche den Schwertmeister.« Alvias tastete nach dem ledernen Zylinder an seinem Gürtel. »Ich habe eine dringende Nachricht von der Königin für ihn.«
Elodrins Blick wurde härter. Die übrigen Krieger vermieden es, Alvias in die Augen zu sehen.
»Wo finde ich den Schwertmeister?« Der Fürst von Alvemer deutete auf das Schlachtfeld hinaus. »Irgendwo dort draußen. Du kommst zu spät.«
»Kann mich jemand zu ihm bringen?«
»Verstehst du nicht?«, fragte Elodrin grob. »Er wird deine Botschaft nicht mehr
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