Elfenlicht
Männern versteckt hatte, war fast völlig gerodet. Die zerstörten Streitwagen, Kleiderreste, sogar Knochen, alles wurde genutzt, um die Feuer zu schüren. Über der ganzen Ebene hing der Duft nach gebratenem Fleisch.
Nikodemus schnürte es die Kehle zu, wenn er daran dachte, was für Fleisch da gebraten wurde. Und morgen schon würden sie wandern müssen, um so viel wie möglich von dem Fleisch zu den geheimen Vorratslagern zu bringen. Bei dem Gedanken daran schauderte es den jungen Kommandanten der Lutin. Bisher hatten sie nur Büffelfleisch, Schweinehälften, Mammutschinken und dergleichen in die Vorratskammern gebracht. Diesmal würde es anderes Fleisch sein ... Aber Geschäft war Geschäft! Elija hatte sich mit den Trollen eingelassen, und beiallem, was man über diese stinkenden Kannibalen auch Übles sagen mochte, sie hielten sich an ihr Wort.
Nikodemus betrachtete sich in der spiegelnden Schwert-klinge. Er sah gut aus. Die feine lange Schnauze mit dem dichten roten Haar, die schmalen Lippen, auf denen keine einzige Warze wucherte, die spitzen, makellos weißen Zähne. Er freute sich darauf, bald wieder durch die Lande zu ziehen, um für die Sache der Rotmützen zu werben.
Verstohlen blickte er zu Ganda hinüber. Kommandantin Schlüsselchen kümmerte sich um einige der verwundeten Kobolde, die sie auf dem Schlachtfeld gefunden hatten. Es waren sehr wenige. Aber sie waren äußerst dankbar! Den Kerlen war klar, was ihnen widerfahren wäre, wenn die Trolle sie gefunden hätten. Hatte Elija sich erst mal ein paar Abende mit ihnen unterhalten, würden sie sicherlich treue Rotmützen werden.
Der Gedanke an seinen großen Bruder machte Nikodemus ein wenig eifersüchtig. Elija fiel immer alles zu. Er konnte reden, bis man nicht mehr wusste, wo einem der Kopf stand. Nie hatte Nikodemus erlebt, dass es seinem Bruder nicht gelungen wäre, einen Kobold von der Sache der Rotmützen zu überzeugen. Es war Elija gewesen, der den Kommandanten Skorpion angeworben hatte und die Eiserne Kommandantin. Sie hatte ein schreckliches Ende genommen, die Eiserne. Und obwohl es hieß, sie und der Skorpion seien ein Paar gewesen, hatte sich der Kommandant ruhig verhalten.
Er hätte das nicht getan, dachte Nikodemus. Wieder blickte er zu Ganda. Unglaublich, wie gut sie noch aussah! Dabei musste sie doch etwa genauso alt sein wie sein Bruder Elija. Er sah sie gern an. Das hatte er schon damals getan, als er noch ein Rotzlöffel gewesen war. Sie hatte sich nichts dabei gedacht. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal geahnt, dass er in sie fast genauso verliebt gewesen war wie in Liza.
Warum verliebte er sich nur immer in die Weiber, die nichts von ihm wissen wollten? Ach, Liza! Sie war jetzt irgendwo im Herzland. Sie hatte sich freiwillig gemeldet, um dort im Untergrund für die Sache der Rotmützen zu streiten. Sich zu ihnen zu bekennen, war seit einer Weile nicht mehr ganz ungefährlich. Einige der Elfenfürsten ließen sie verfolgen. Er musste wieder an die Eiserne denken. Sie war eine Märtyrerin geworden, eine Heldin. Ihren Namen würde man noch in hundert Jahren kennen.
Nikodemus blickte auf. Ganda schlenderte in seine Richtung. Wieso hatte sie sich nur sofort wieder Elija an den Hals geworfen? Der wusste mit den Weibern doch kaum etwas anzufangen!
Ein bisschen unheimlich war sie ihm mit ihrer silbernen Hand. Was sie in den Kerkern der Elfen wohl erlebt hatte? Ob es sehr unhöflich war, sie direkt danach zu fragen?
»Na, reiche Beute gemacht?«
Nikodemus legte das Schwert ins Gras und lächelte etwas verlegen. »Es ist nicht gut, dass wir morgen schon wieder losziehen müssen. Hier liegt ein Vermögen auf der Steppe.«
»Das wird auch noch dort liegen, wenn wir in ein paar Tagen zurückkommen. Aber das Fleisch muss fort. Ich verstehe zwar nicht ganz, was der Sinn dieses Geschäftes ist, aber den Trollen ist es sehr wichtig. Man muss wohl ein Troll sein, um zu begreifen, welchen Nutzen man von Vorratslagern hat, an die man gar nicht ohne weiteres herankommt.«
Nikodemus war in die Hintergründe dieses Geschäftes eingeweiht. Es hatte mit der Erschaffung der Einheitsfront zu tun, mit Trollen und Viehherden, die davonliefen, dem Winter, langen Märschen, wunden Füßen, leeren Bäuchen und ... Hmmm. Vielleicht hatte er doch nicht den Überblick über alle Einzelheiten. Aber Ganda würde er nichts erzählen. Wenn Elija sie noch nicht eingeweiht hatte, dann hatte das gewiss einen Grund. Da würde er sich nicht
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