Elfenlicht
den Rohrstock gezeigt, da bin ich weggelaufen und hab mir die Birkenstreifen gesucht, denn ich weiß, wenn du ihm sagen wirst, du hättest es auch nicht gerecht gefunden, dass er mich nicht mitgenommen hat, dann wird er es sich beim nächsten Mal dreimal überlegen, ob er mich mit dem Rohrstock davonjagt. ( ...) « *
AUS: TRUHE XVII, AKTE 5, DOKUMENT 32 B SAMMLUNG DER PROZESSAKTEN IM FALL DES FÜRSTENHAUSES VON ARKADIEN GEGEN DEN MÖRDER UND HOCHVERRÄTER ELIJA GLOPS
* Anmerkung des Übersetzers: Das Originaldokument 32 a ist mit Ruß auf acht Streifen Birkenrinde geschrieben. Einige der Textstellen sind leider verwischt und unleserlich, daher rühren die Lücken in der Übersetzung. Der Verfasser des Textes schreibt auf sehr unbeholfene Art, so als habe er die Schreibkunst eben erst erlernt. Seine kindliche Grammatik wurde in der Übersetzung leicht geglättet, der sprunghafte Stil des Berichts ist jedoch beibehalten. Obwohl der Brief nicht unterschrieben ist, gibt es Indizien, die darauf hindeuten, dass er von Nikodemus Glops verfasst sein könnte.
UNTER MENSCHEN
Ollowain wedelte verzweifelt mit einem parfümierten Tuch, doch nichts vermochte den durchdringenden Gestank des Hafens zu überdecken. Neidisch betrachtete er Ganda. Der Lutin schien der üble Geruch nichts auszumachen. Sie hatte für die Reise in die Welt der Menschen die Gestalt eines kleinen Mädchens angenommen und stand jetzt neben dem Kapitän, der die plumpe Galeere durch das überfüllte Hafenbecken steuerte. In ihrem perlenbestickten Kleid mit dem feinen Schleier, der ihr Gesicht kaum verhüllte, und mit den großen dunklen Augen sah die Lutin sehr unschuldig aus. Sie hatte die Herzen der Besatzung im Sturm erobert. Alle liebten das kleine Mädchen. Sie hatten ja keine Ahnung, wen sie da an Bord gelassen hatten!
Ganda redete kichernd auf den Kapitän ein. Ollowain wünschte, er wüsste, was die beiden beredeten. Der Schwertmeister verstand die Sprache der Menschen in dieser Weltgegend nicht. Sie war ein grobes Gestammel, kaum besser als das Grunzen der Trolle. Er hatte lange gebraucht, um sich die Sprache der Fjordländer anzueignen. Doch diesmal gab er sich nicht die geringste Mühe, etwas zu lernen. Sie würden nie wieder hierher kommen. Es war überflüssig, sich die Zunge mit solchem Kauderwelsch zu verbiegen. Wenn nur Ganda nicht so viel schwatzen würde! Am Ende verplapperte sie sich noch.
Der Elf strich über den Griff seines Schwertes. Selbst wenn die ganze Schiffbesatzung über sie herfallen sollte, würde er vermutlich keine ernsthaften Schwierigkeiten haben zu siegen. Doch es würde hunderte von Augenzeugen geben, und es war äußerst fragwürdig, ob sie aus dem Hafen entkommen könnten, selbst wenn er sich dazu überwinden würde, ins stinkende Wasser zu springen.
Ollowain suchte keinen Ärger, aber dieser Lutin traute er jeden Verrat zu. Wenn Ganda nur endlich aufhören würde, mit jedem dahergelaufenen Menschen zu reden. Das würde auf kurz oder lang zu Schwierigkeiten führen! Sie tat das, um ihn zu provozieren, Ollowain wusste das genau. Er sollte sich seinen Zorn nicht anmerken lassen, dann würde sie es vielleicht aufgeben.
Eine Weile betrachtete er die unerfreulichen Dinge, die in der Bugwelle vor der Galeere trieben. Fäkalien, Gemüsereste, Fischabfälle. Ein Stück entfernt trieb etwas Weißes auf einer dicken Planke. Es bewegte sich noch. Der Elf zuckte zusammen, als er erkannte, was er da sah: eine Katze, deren Hinterleib in helles Tuch gewickelt war, sodass er aussah wie ein Fischschwanz. Die Vorderläufe des Tieres waren auf die Planke genagelt. Und die Katze lebte noch! So etwas konnten sich nur Menschen ausdenken.
Ollowain dachte daran, das Tier mit einem Messerwurf von seinen Qualen zu erlösen. Vermutlich war die Katze eine Opfergabe an einen der obskuren Menschengötter. Leise fluchend erinnerte er sich, dass sie um keinen Preis auffallen durften. Ein oder zwei Stunden noch, dann wären sie in der Bibliothek. Die Reise war fast geschafft! Er musste sich zusammenreißen.
Der Blick des Schwertmeisters wanderte unstet hin und her. Es gab nichts, das es wert war, länger betrachtet zu werden. Zugegeben, für Menschenverhältnisse war der Hafen von Iskendria ungewöhnlich groß. Selbst in Albenmark gab es nur wenige Häfen, die größer waren. Aber nichts schien hier fertig zu sein. Und wenn ein Werk vollendet war, dann verloren die Menschen offensichtlich das Interesse daran und überließen es dem Verfall.
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