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Elfenlicht

Elfenlicht

Titel: Elfenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hinter ihr. Der feine Sand hatte das Geräusch seiner Schritte geschluckt. Er trug ein großes, silbernes Tablett, auf dem allerlei rote Tonschalen mit den unterschiedlichsten Speisen standen. Unter den Arm hatte er drei Brotfladen geklemmt.
    »Sie sieht noch ganz lebendig aus«, sagte Ganda beklommen.
    »Keine Sorge. Sie ist seit Jahrhunderten in diesem Glas und etwa so lebendig wie ein Stein. Knochenvipern sind berühmt für ihr Gift. Es lähmt ihre Opfer. Alle Muskeln erschlaffen, die Lungen versagen den Dienst, und selbst das Herz hört auf zu schlagen. Man kommt nicht einmal dazu, einen Schrei auszustoßen. Die Toten sehen aus, als seien sie einfach eingeschlafen. Das Gift hinterlässt keinerlei Spuren. Keine Rötung auf der Haut, nichts. Nur die beiden nadelfeinen Einstiche der Giftzähne. Und sie sind schwer zu entdecken, wenn man nicht weiß, wonach man suchen muss.«
    Ganda schüttelte sich. »Warum stellt man sich so etwas in sein Zelt? Findest du diese Viper etwa schön?«
    »Derjenige, den du hier vor dir siehst, wäre wegen dieser Schlange vor langer Zeit beinahe gestorben. Das alte Valemas war berüchtigt für seine Intrigen. Die Viper erinnert daran, dass Leben und Tod davon abhängen können, wie man sich auf einem Stapel Kissen niederlässt. Durch einen glücklichen Zufall wurde sie zwischen den Kissen erstickt. Eine verrückte Geschichte, nicht wahr? Die Schlange erinnert daran, wie nah uns der Tod in jedem Augenblick ist. Doch genug von solchen Schauergeschichten. Komm, setz dich.« Er deutete mit dem Kinn in Richtung des Kissenstapels neben der Feuerstelle.
    Ganda leckte sich nervös mit der Zunge über die Schnauze.
    Galawayn lächelte. »Du musst dir keine Sorgen machen. Im Saal des Lichts gibt es keine Schlangen, kleine Freundin. Jedenfalls keine lebendigen.« Er ging hinüber zu den Sitzplätzen, stellte das Silbertablett vor Ollowain ab und rückte die Schalen darauf noch einmal zurecht. »Leider ist das nichts Besonderes. Nur etwas Gemüse, ein paar Saucen, marinierte Taubenbrust und kalte Ziegenleber.« Ihr Gastgeber brach ein Stück von einem der Brotfladen ab und reichte es Ganda. Dasselbe tat er für Ollowain.
    Die Lutin begann mit großem Appetit zu essen, Galawayn hingegen rührte die Speisen kaum an. Auch Ollowain hielt sich auffällig zurück. Die beiden Elfen maßen einander mit Blicken. Schließlich war es ihr Gastgeber, der das immer bedrückender werdende Schweigen brach.
    »Meister Gengalos hat mich darüber unterrichtet, dass ihr euch für die Geheimnisse der Albenpfade interessiert. Ein weites Feld. Es gibt viele hundert Schriften darüber.«
    Der Schwertmeister blickte zu dem kümmerlichen Häuflein an Schriftrollen. »Und wo verwahrst du die Bücher, die du hütest?«
    Galawayn zwinkerte ihnen verschwörerisch zu. »Ich habe ein ganz eigenes Ablagesystem für die Schriften unter meiner Obhut. Doch davon später mehr. Sprechen wir lieber von der Schuld, die du gegen die Bibliothek abzutragen hast. Ich habe schon ein wenig vom Kampf um Phylangan gehört. Ist es richtig, dass es eine Reihe von rätselhaften Morden gab, die vor den eigentlichen Gefechten stattfanden? Und stimmt es, dass man den Mörder nie gefasst hat?«
    »Es sind hunderte gestorben in diesen Wochen. Die meisten Mörder wurden für ihre Taten nie zu Verantwortung gezogen«, entgegnete der Schwertmeister gereizt, »auch ich nicht. Dabei habe ich von den Trollen, so wie es sich für einen wahrhaft üblen Mörder gehört, eine ganze Reihe netter Beinamen bekommen, etwa 'die tanzende Klinge' oder 'Fleischreißer'. Angeblich hatten sie sogar einen Kopfpreis auf mich ausgesetzt.«
    Galawayn wirkte betroffen. Er hob abwehrend die Hände. »Ich wollte dich nicht beleidigen. Und philosophisch betrachtet, hast du sicherlich Recht, doch gemeinhin macht man ja einen Unterschied zwischen Soldaten, die ihre Feinde töten, und einem Mörder, der scheinbar wahllos zuschlägt. Wurde er denn nun gefasst?«
    »Nein! Wir haben uns bemüht. Aber es war die Schlacht, der Kampf ums schlichte Überleben, der unsere volle Aufmerksamkeit forderte. Über den Mörder wissen wir nur, dass er ein zutiefst von Magie durchdrungenes Wesen war. Offenbar konnte er durch Wände gehen ... Und er hatte Freude am Töten. Er scheint wahllos zugeschlagen zu haben.«
    Ollowain hatte sein Teeglas abgestellt und die beiden Hände auf die Oberschenkel gelegt. Seine Augen waren geschlossen, so als versuche er sich die Bilder der vergangenen Schrecken in

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