Elfenliebe
Spiegel, dann lächelte sie den Elfen an. »Es ist wirklich wunder-wunderschön. Ich möchte es gern in der Akademie tragen, wenn ich darf.« Der Elf verneigte sich strahlend. Zögernd ging Laurel weiter.
Und niemand hielt sie an.
Es dauerte einige Minuten, bis sie das Gefühl überwunden hatte, etwas gestohlen zu haben. Ihre Aufmerksamkeit wanderte wieder zu den Marktbesuchern. Viele von ihnen nahmen ebenfalls Sachen aus den Auslagen und von den Ständen mit, ohne dafür etwas zu geben – außer Dank und Komplimenten. Nachdem sie die anderen »Käufer« eine Weile beobachtet hatte, beruhigte sie sich.
»Wir sollten etwas für dich finden«, sagte sie und drehte sich zu Tamani um.
»Bloß nicht. Ich nehme nichts von hier. Mein Markt liegt ein Stück weiter unten am Hang.«
»Und was ist das hier?«
»Das ist der Sommermarkt.«
»Oh!« Laurel regte sich schon wieder auf. »Aber ich bin eine Herbstelfe. Dann hätte ich das nicht nehmen dürfen.«
Tamani lachte. »Nein, nein – Winter- und Herbstelfen kaufen, wo sie wollen. Für sie gibt es keinen extra Markt – dafür sind sie zu wenige.«
Sie dachte kurz nach. »Dann kann ich auf deinem Markt auch einkaufen?«
»Ich denke schon, aber ich wüsste nicht, warum du von dort etwas haben wolltest.«
»Warum nicht?«
Tamani zuckte die Achseln. »Er ist nicht so schön wie der Sommermarkt. Ich meine, der Ort ist schon schön – in Avalon ist es überall schön. Aber wir brauchen keinen Schmuck oder Ähnliches. Wir brauchen Kleider, Essen und Werkzeug für unsere vielen verschiedenen Aufgaben. Ich bekomme dort zum Beispiel die Waffen, Heilmittel und Zaubertränke, die ich für meine Ausrüstung als Wachtposten benötige. Es wird alles in der Akademie angefertigt und uns von dort zugeschickt. Die Sommerelfen brauchen Glitzerkram – das ist Teil ihres Handwerks, insbesondere für Theaterelfen. Wenn du genauer hinschaust, findest du in vielen Geschäften Farben und Bühnenmaterialien, Musikinstrumente, Goldschmiedewerkzeug und so etwas.« Er grinste. »Die Stände hier draußen in der Sonne bieten das ganze Glitzerzeug an, um die Kundschaft anzulocken.«
Sie lachten beide. Laurel griff sich ins Haar und befühlte ihren neuen Kamm. Sie überlegte einen Moment, wie viel er in Kalifornien wert wäre, aber dann verwarf sie den Gedanken. Es war egal – denn verkaufen würde sie ihn niemals.
Je weiter sie sich vom Marktplatz entfernten, umso
leerer wurde es. Entlang der breiten Straße reihten sich nun niedrige Häuser aneinander und Laurel blickte verwundert von einer Seite zur anderen. Die Behausungen bestanden aus demselben Zuckerglas wie das Panoramafenster in ihrem Akademiezimmer. Die größeren dieser lichtdurchlässigen Kugeln, die sich zur Straße hin öffneten, waren offenbar Wohnzimmer, während Laurel in den kleineren, pastellfarbenen Glasblasen, die sich an den Seiten und hinten anschlossen, die Schlafzimmer vermutete. Riesige Vorhänge aus pastellfarbener Seide waren hinter den Gebäuden verborgen, sodass überall das Sonnenlicht hineinfiel. Für nächtliche Intimitäten konnten sie jedoch über das gläserne Gebäude gezogen werden. Die Häuser glänzten in der Sonne, und viele waren mit Bändern geschmückt, an denen Glaskristalle und Prismen hingen, die das Licht tanzen ließen wie die Prismen in Laurels Zimmer zu Hause bei ihren Eltern. Die ganze Siedlung schimmerte so hell, dass es beinahe blendete. Dies waren die »Ballons«, die Laurel von weiter oben gesehen hatte, als Jamison sie nach Avalon brachte. »Sie sind unglaublich hübsch«, fand sie.
»Das stimmt, ich schlendere auch gern durch das Sommerviertel.«
Langsam dünnte sich die Bebauung aus und bald gingen Tamani und Laurel wieder hügelabwärts. Die breite Straße führte durch eine weite Wiese mit Klee und Blumen. Laurel hatte solche grünen Wiesen bisher nur in Filmen gesehen. Und obwohl sie sich inzwischen an die Luft in Avalon gewöhnt hatte, die nach feuchter Erde und blühenden Blumen roch, empfand sie den Duft hier
draußen im Wind besonders intensiv. Sie atmete tief ein und genoss die belebende Brise.
Als sie merkte, dass Tamani nicht mehr neben ihr ging, blieb sie stehen und drehte sich um. Er hockte am Wegrand und wischte sich die Hände an dem weichen Klee ab. »Was machst du da?«, fragte sie.
Tamani sprang verlegen auf. »Ich … äh, habe meine Handschuhe vergessen«, sagte er kaum hörbar.
Laurel begriff nicht, worum es ging, doch dann sah sie, dass der Klee leicht
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