Elfenliebe
Pflänzchen waren mit Papier umwickelt, mit Messgeräten umstellt oder so mit Stoff behängt, dass das Sonnenlicht auf eine bestimmte Weise gefiltert wurde. Das hier war mehr als ein Gewächshaus – es war ein regelrechtes Labor!
»Als ich mir letzte Woche dein Projekt ansah, schien es nicht sonderlich gut zu laufen.« Ein Lehrer mit einer tiefen, sonoren Stimme befragte eine kleine brünette Elfe, die ziemlich jung aussah.
»Das stimmt«, sagte sie schlicht – ohne jeden Anschein
von Scham oder Verlegenheit. »Am Ende war es ein vollkommener Fehlschlag.«
Laurel zuckte zusammen und wartete auf hämisches Geflüster und Gekicher.
Doch es kam nicht.
Sie blickte um sich. Die Elfen hörten aufmerksam zu, und einige nickten sogar, als die kleine Elfe Einzelheiten ihres Misserfolgs beschrieb. Niemand schien auch nur im Geringsten entmutigt zu sein. Ein weiterer Riesenunterschied zu daheim – und ein ziemlich erfrischender dazu.
»Und was hast du jetzt vor?«, fragte derselbe Lehrer.
Die kleine Elfe zögerte keine Sekunde. »Ich muss noch einige Untersuchungen anstellen, um herauszufinden, warum das Serum nicht gewirkt hat, und wenn das erledigt ist, möchte ich gern noch einmal von vorn beginnen. Ich will auf jeden Fall einen Weg finden, um den Viridefaeco-Trank wieder in Avalon einzuführen.«
Der Lehrer dachte einen Moment lang nach. »Einverstanden«, sagte er schließlich. »Einen Versuch hast du noch. Danach wirst du zu deinen regulären Studien zurückkehren müssen.«
Die kleine Elfe nickte und bedankte sich, bevor sie sich wieder zurück in den Kreis stellte.
»Noch jemand?«, fragte die leitende Lehrerin. Die Elfen sahen sich um, ob noch jemand aufzeigte, aber niemand meldete sich. »Ein Wort noch, bevor ihr auseinandergeht«, sagte sie. »Ihr habt bestimmt gemerkt, dass Laurel wieder bei uns ist – wenn auch nur für kurze Zeit.«
Laurel stand im Mittelpunkt. Einige Elfen lächelten ihr zu, doch die meisten starrten sie neugierig an.
»Sie wird in den nächsten Wochen bei uns bleiben. Bitte lasst sie ungehindert an euren Projekten teilhaben und alles beobachten. Beantwortet ihre Fragen. Sie hat keine Veranlassung, etwas zu dekantieren, schon gar nicht, wenn es schwierig wäre. Aber nehmt euch bitte die Zeit, ihr genau zu erklären, was ihr macht, wie – und warum. Das war’s. Ihr könnt gehen.« Sie klatschte noch einmal in die Hände und die Elfen gingen auseinander.
»Und jetzt?«, flüsterte Laurel Katya zu. Alle redeten wieder durcheinander, aber nach der vergangenen Stunde schien es Laurel noch immer angebracht, nur zu flüstern.
»Wir machen uns an die Arbeit«, sagte Katya schlicht. »Ich sitze gerade an zwei Langzeitprojekten. Anschließend muss ich noch einiges auffrischen.«
»Auffrischen?«
»Ja, wie man einfache Zaubertränke und Seren für die anderen Elfen in Avalon herstellt. Das lernen wir bereits ziemlich früh, aber erst wenn wir in einer höheren Klasse sind, dürfen wir Produkte herstellen, die dann auch in der Bevölkerung verteilt werden. Wir haben bestimmte Quoten zu erfüllen. Ich war so mit meinem Birnbaum beschäftigt, dass ich ein bisschen hinterherhinke.«
»Ihr arbeitet einfach? Woran ihr wollt?«
»Na ja, fortgeschrittene Projekte müssen vom Fachbereich genehmigt werden. Die Lehrer kommen regelmäßig
und begutachten unsere Arbeit. Aber ansonsten können wir uns selbst Projekte aussuchen.«
Das Ganze erinnerte Laurel stark an die Zeit, als ihre Mutter sie zu Hause unterrichtet hatte. Damals entsprach der Stundenplan Laurels Interessen und wurde ihrem persönlichen Tempo angepasst. Bei dem Gedanken daran lächelte Laurel, obwohl sie schon vor langer Zeit aufgehört hatte, ihre Mutter darum zu bitten, sie wieder zu Hause zu unterrichten – nicht zuletzt dank David und ihrer Freundin Chelsea.
Aber hier hatte Laurel kein eigenes Projekt, und einfach durch den Raum zu wandern, erschien ihr wenig vielversprechend. Selbst wenn sie zwei Wochen lang den Gebrauch aller möglichen Pflanzen auswendig gelernt hatte – sie wusste einfach nicht genug, um sinnvolle Fragen zu stellen. Deshalb war sie erleichtert, als sie eine bekannte Gestalt in den Raum kommen sah – eine Reaktion, die sie beim Anblick von Yeardleys strenger Miene niemals erwartet hätte.
»Ist sie so weit?«, fragte der Professor Katya statt sie selbst.
Katya schmunzelte und schubste Laurel sanft. »Sie gehört Ihnen.«
Laurel folgte Yeardley zu einer Versuchsanordnung auf dem Tisch. Ohne lange
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