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Elfenlied

Elfenlied

Titel: Elfenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Gromjan zu mir ins Zelt. Ich rechnete mit dem Schlimmsten.
    »Deine Mutter hat unserem Klan schweren Schaden zugefügt. Sie war eine ausgezeichnete Pfadfinderin. Viele Reisende und Karawanen haben ihre Dienste nachgefragt. Zuletzt sogar Königin Emerelle. Der Auftrag der Königin führte deine Mutter und deinen Vater nach Langollion. Ich weiß nicht, was sie dort taten. Deinen Vater hat diese Reise das Leben gekostet. Die Elfenfürstin Alathaia ließ ihn öffentlich hinrichten, und deine Mutter war fortan verschollen. Alathaia behauptete, Sesha habe sie über die Albenpfade geführt und dabei einen schweren Fehler gemacht, wodurch sie bei ihrer Reise um sieben Monde in der Zeit nach vorne sprangen. Weil Sesha schwanger war, musste dein Vater an ihrer Stelle büßen. Ich glaube diese Geschichte nicht. Aber sie hat sich überall in Albenmark verbreitet. Niemand schenkte unserem Klan fortan Vertrauen und wollte mit uns reisen, obwohl es vorher niemals Klagen gegeben hatte. Deine Mutter war verschwunden, und man munkelte, dass sie geflohen sei und noch einmal einen Zeitsprung gemacht habe. Dein Erscheinen bestätigt das. Deshalb gibt es hier etliche, die dich am liebsten in ein stilles Grab irgendwo draußen im Windland legen würden. Du bist schlecht für unsere Geschäfte!«
    Ich wusste nicht, was ich von dieser Geschichte halten sollte. Stimmte sie? Konnte ich Gromjan trauen? Warum erzählte er mir all das? War nun die Zeit für das stille Grab gekommen?
    »Du hast Schulden bei deinem Klan«, fuhr er endlich fort. »Und morgen kannst du sie einlösen. Du sollst dich noch einmal in eine Elfe verwandeln. Und diesmal werde ich darauf achten, dass du keine Fehler machst. Du wirst dein rotes Kleid tragen.«
    »Aber das wird mir zu klein sein. Das …«
    Er schnitt mir mit einer harschen Bewegung das Wort ab. »Das haben Zita und ich bereits bedacht. Du wirst sagen, du wärst eine Maurawani. Die Maurawan sind in den Augen der meisten Elfen nichts als Barbaren. Niemand wird sich wundern, wenn dein Kleid dir ein wenig zu klein ist. Im Gegenteil. Man wird es als eine freundliche Geste aufnehmen, dass du ein Gewand angelegt hast, das offensichtlich nicht vom Volk der Maurawan stammt.«
    »Aber ich weiß gar nichts über diese Elfen«, wandte ich ein.
    »Ich werde dir alles erzählen, was wichtig ist. Und du wirst nur wenig reden. Auch das wird niemanden verwundern. Die Maurawan sind in sich gekehrt und schweigsam.«
    Ich verstand das alles nicht. »Welchen Nutzen soll das haben?«
    »Man soll sehen, dass man uns eine Elfe anvertraut hat. Jahrzehntelang hat man uns nicht einmal Waren überlassen. Alles, was wir zum Handel mit uns führten, mussten wir selbst kaufen. Und ich habe mich bei einem Geschäft etwas verkalkuliert …«
    »Die Nelken?«
    Er nickte. »Wir haben kein Gold oder Silber mehr, um neue Güter zu erwerben und auf eigenes Risiko Handel zu treiben. Niemand reist mehr mit uns. Mit einem Wort: Unser Klan ist ruiniert. Du kannst das ändern. Wenn du keinen Fehler machst.«
    Ich war stolz und erschrocken zugleich. Die halbe Nacht erklärte mir Gromjan, wie ich mich verhalten sollte. Die andere Hälfte der Nacht fand ich vor Aufregung keinen Schlaf.
    Am nächsten Morgen ließ Gromjan mich allein, damit ich mich verwandeln konnte. Obwohl erster Raureif auf dem Gras lag, musste ich mich wohl eine halbe Stunde lang vor allen Kobolden des Klans nackt zeigen. Sie betrachteten mich eindringlich. Manche zwickten mich auch in Arme und Waden. Mira mochte gar nicht glauben, dass ich es war. Wie beim ersten Mal gaffte sie mich in ehrfürchtiger Scheu an.
    Endlich durfte ich mein rotes Kleid anziehen. Es zwickte und zwackte und endete zwei Handbreit oberhalb des Knies. Aber Elfen waren ja berüchtigt dafür, schamlos zu sein. Alle hofften, dass sich keiner daran stören würde.

Der Rebell
    Endlich schickten sie mich in die Stadt. Damit jeder mich sah und mitbekam, dass zumindest einige Elfen meinem Klan wieder vertrauten. Nur Elija begleitete mich. Ihn hatten sie bunt wie einen Gecken gekleidet. Er sollte als mein Diener auftreten. Er hasste das. Und ich genoss es, ihn herumzukommandieren. In der neuen Gestalt, die ich angenommen hatte, war ich fast einen Kopf größer als er. Er musste zu mir aufblicken. Das war eine wunderbare Erfahrung.
    Es fiel mir leicht, mich wie eine Elfe aufzuführen. Ich genoss es, durch die Straßen von Feylanviek zu schlendern. Anfangs machte es mir ein wenig zu schaffen, dass ich ständig von allen

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