Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenlied

Elfenlied

Titel: Elfenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
ziemlich stolz auf mich. Ich hatte mich in ein sehr junges Elfenmädchen verwandelt. Elfen kannte ich. Ich musste nicht überlegen, wie viele Finger sie wohl hatten. Ich hatte lange genug unter ihnen gelebt, beherrschte ihre Sprache ohne jeden Akzent. Nein, ich bin keine Aufschneiderin. So war es wirklich!
    Was für ein Spaß war es, die alte Zita herumzukommandieren! Sie auf ihre Echse klettern zu lassen, um mir ihre wohlgehüteten Honigvorräte bringen zu lassen und vor ihren Augen den kleinen Krug zu leeren. Dann ließ ich sie das Hasenragout aufwärmen. Meistens bekam ich nur Reste zu essen, weil sie mich als Eindringling in ihren Klan sah. Fleisch blieb fast nie für mich über. Wenn ich Glück hatte, ein paar Stückchen Knorpel und etwas Knochenmark.
    »Es ist unhöflich, angezogen zu sein, wenn ein Gast nackt speist«, erklärte ich gerade Zita und den anderen Lutin, die sich in meine Nähe gewagt hatten, als Gromjan erschien.
    Ein einziger Blick genügte, um zu wissen, dass ich ihn nicht getäuscht hatte.
    »Seid ihr denn alle blind?«
    Zita streifte gerade ihre Bluse ab und sah Gromjan mit finsterem Blick an. »Weißt du nicht, was sich gehört? Benimm dich gefälligst in Gegenwart unseres Gastes!«
    »Gast? Das glaubst du wirklich? Sieh deinem Gast doch mal zwischen die Schenkel. Was glaubst du, wie Elfen Kinder zeugen? Durch Küsse?«
    Erschrocken legte ich die Hand auf meine Blöße. Daran hatte ich nicht gedacht. Dort gab es nur glatte, makellose Haut zu sehen.
    Gromjan murmelte ein Wort der Macht, und ein Windstoß blies mir ins Gesicht. Meine langen roten Haare wehten mir aus dem Gesicht.
    »Hast du jemals von einer Elfe gehört, der rotes Fuchsfell auf den Ohren wächst, Zita?«
    Auch daran hatte ich nicht gedacht. Das war eine der Tücken, wenn man sich verwandelte. Körperstellen, die man nicht selbst sehen konnte, vernachlässigte man leicht.
    Ich konnte Zita ansehen, dass auch sie inzwischen begriffen hatte, wer da vor ihr stand.
    Gromjan ließ den Rohrstock in die offene Hand klatschen. »Hinauf mit dir ins Zelt! Der Stock und dein Hinterteil werden gleich ein längeres Zwiegespräch führen.«
    »Du verdammte kleine Schlampe!«, stieß Zita hervor. »Dich werde ich …«
    Gromjan setzte ihr die Spitze seines Rohrstocks auf die Brust. »Gar nichts wirst du! Sie ist mein Mündel. Es ist meine Sache, sie zu bestrafen. Und jetzt knöpf deine Bluse zu. Es ist Jahrzehnte her, dass das, was ich da sehe, mich hätte beeindrucken können.«
    Ich lernte eine Menge Flüche an diesem Tag und auch, wie man einen wunden Hintern pflegt. Eine halbe Stunde lang hatte ich meinen Spaß gehabt, aber der Preis war, dass ich mich jetzt nicht mehr aus dem Zelt traute.
    Spät am Abend wurde unten am Lagerfeuer viel gestritten. Ich spitzte meine Ohren. Und wurde darin bestätigt, dass es klug war, sich eine Weile nicht blicken zu lassen. Als die meisten schlafen gegangen waren, hörte ich Gromjan und Zita lange miteinander tuscheln. Ich konnte kein Wort verstehen. Aber Zitas Stimme klang fordernd. Und Gromjan schien ihr schließlich nachzugeben.
    Am nächsten Morgen wechselte die Herde die Richtung. Bislang waren wir stetig nach Süden gewandert, um dem Winter davonzulaufen. Nun ging es nach Nordosten. Einige Tage später erreichten wir Feylanviek.
    Es war in der Mittagszeit, als wir die Stadt am Mika erreichten. Schon früh am Morgen hatten wir am Horizont die dünnen Rauchfahnen gesehen, die an diesem windstillen Tag wie Säulen in den Himmel aufstiegen. Es waren Hunderte. Doch bis wir die ersten Häuser erblickten, vergingen Stunden.
    Zita ritt gemeinsam mit Elija voraus. Als Lutin war es besser, sein Kommen anzukündigen, selbst wenn man eine Stadt besuchte, die überwiegend von Kobolden bewohnt wurde. So lagerten wir auf einer Wiese ein ganzes Stück außerhalb der Stadt.
    Feylanviek hatte keine Mauern, was mir selbst als Kind auffiel. Es war der bedeutendste Handelspunkt im nordöstlichen Windland, und seine Bewohner vertrauten darauf, dass alle hier draußen in der Einöde auf diese Stadt angewiesen waren.
    Wie Klippen erhoben sich die Fachwerkhäuser mit ihren steilen Giebeln über die Ebene. Manche hatten bunt bemalte Schindeldächer. Es war lange her, dass ich zuletzt in einer Stadt gewesen war. Aber ich machte mir nichts vor. Nach meinem Streich würde man mir gewiss keinen Ausflug nach Feylanviek erlauben.
    Wie wenig ich meinen Klan kannte!
    Gegen Abend kehrten Zita und Elija zurück. Wenig später kam

Weitere Kostenlose Bücher