Elfenlord
hier?«, schrie Henry wütend.
»Ich bin dein Gefährte, EnRi«, sagte Lorquin.
Das Charno, das über ihm aufragte, nickte und sagte: »Das stimmt. Er ist dein Gefährte.«
Henry rappelte sich wieder hoch. Er hatte sich den Ellbogen aufgeschürft und sein Hintern schmerzte. »Ich habe dir gesagt, du sollst nach Hause gehen!«, zischte er Lorquin an. »Ich dachte, du wärst nach Hause gegangen. Das hier ist gefährlich. Sehr gefährlich.«
»Deshalb muss ich bei dir bleiben«, sagte Lorquin.
Er hätte dieses Kind am liebsten erwürgt. Er hätte dasKind am liebsten umarmt. Was machte man mit so jemandem wie Lorquin? Er erkannte die Regeln einfach nicht an. In seiner Frustration nahm sich Henry das Charno vor. »Und was machst
du
hier? Ich dachte, du wartest draußen.«
Das Charno zuckte mit den Schultern. »Jemand muss deine Vorräte tragen.«
Henry wusste, wann er geschlagen war. Er sammelte die Fackel auf. »Okay« sagte er, »was nun?«
Sie sahen ihn erwartungsvoll an.
»Du bist der Anführer«, sagte Lorquin.
NEUNZIG
H enry ging in der Mitte und hielt die Fackel hoch. Das Charno stapfte, überraschend leise für ein Tier dieser Größe, hinter ihm her, auch wenn ihn das Klicken seiner Klauen auf dem Felsboden ein bisschen ablenkte. Lorquin ging ihnen beiden voraus und schnüffelte auf eine irritierende Weise in der Luft herum.
»Was machst du da?«, fragte Henry schließlich.
»Die Fährte riechen, EnRi«, erklärte Lorquin.
Henry runzelte die Stirn. »Das hast du noch nie gemacht.« Lorquin hatte ihn durch die ganze Wüste geführt, aber er war immer seinen Augen gefolgt: Er hatte sich an feinen Spuren und Zeichen orientiert.
»Im Freien ist das nicht möglich«, sagte Lorquin. »Der Wind trägt den Geruch fort, die Sonne verbrennt ihn. Aber drinnen ist es anders. Der Duft bleibt in der Luft.«
Henry blieb stehen. Das war wirklich interessant und konnte wichtig werden. »Was kannst du denn sagen?«
Lorquin zuckte leicht, aber beredt mit den Schultern. »Mehrere Leute sind hier zuvor entlanggegangen. Zwei Männer gemeinsam, aber das ist einige Zeit her. Und mitihnen etwas Seltsames, das ich noch nie gerochen habe. Dann –«
»Was heißt seltsam?«, unterbrach ihn Henry. »Ein Tier?«
»Vielleicht«, sagte Lorquin. »Ich bin mir nicht sicher.«
»Mach weiter«, drängte Henry. »Was noch?«
»Ja, was noch?«, sagte das Charno, das sich über Henrys Schulter beugte.
»Kürzlich erst eine Frau, eine junge Frau. Sie –«
Blue! Das musste Blue gewesen sein! Wie viele junge Frauen wanderten denn wohl sonst noch hier unten herum? »Warum hast du mir das nicht schon eher gesagt?«, explodierte Henry.
»Du hast mich nach anderen Dingen gefragt, EnRi«, sagte Lorquin milde.
»Ich möchte, dass du dem Duft der Frau folgst«, sagte Henry mit seiner ganzen Autorität als Anführer. »Nur dem sollst du folgen. Die anderen kannst du vergessen.«
»Das war auch der, dem ich gefolgt bin«, sagte Lorquin. »Ich dachte, das ist vielleicht Green, die Frau, die du suchst.«
»Blue«, sagte Henry. »Sie heißt Blue.«
Das Charno sagte: »Ist sie auf die anderen gestoßen?« Was eine sehr vernünftige Frage war und Henry wünschte, er hätte daran gedacht, sie zu stellen.
Lorquin schüttelte seinen Kopf. »Die Fährten überlagern sich. Wenn sie sich getroffen haben, habe ich den Ort noch nicht gefunden.«
»Geh weiter«, sagte Henry zu ihm.
Einige Minuten später sagte Henry plötzlich: »Wir gehen den Weg zurück, den wir gekommen sind.«
»So wie sie«, sagte Lorquin. »Ich kann dem Duft nur dahin folgen, wohin er mich führt.«
»Ja, natürlich«, murmelte Henry.
»Er kann dem Duft nur dahin folgen, wohin er ihn führt«, kam das Echo vom Charno.
»Halt’s Maul«, sagte Henry. In Wahrheit war ihm außerordentlich unbehaglich zumute. Er war für das hier überhaupt nicht geeignet. Lorquin hatte, obwohl er noch so jung war, viel bessere Voraussetzungen dafür, ein Held zu sein, als Henry. Er konnte Fährten lesen, in der Wüste überleben, Nahrung finden, wenn sie gebraucht wurde, den Draugr töten … Selbst das Charno würde einen brauchbareren Helden abgeben als er. Es konnte wenigstens den Hammer heben. Aber Henry war derjenige, der Blue retten sollte. Und wovor? Er hatte wirklich überhaupt keine Ahnung, worauf er sich da einließ. Die ganze Midgardschlangengeschichte hörte sich wie blanker Unsinn an. Irgendeine Art von Stammesaberglaube. Wieso sollte Blue sich auf irgendetwas mit
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