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Elfenlord

Elfenlord

Titel: Elfenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brennan
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Trotz der sich immer nach Süden bewegenden Kutsche hatte sie das unangenehme Gefühl, dass sie sich verfahren haben könnte. Das Vehikel war eine kleine Ein-Personen-Kutsche mit automatischem Antrieb und einem beweglichen Sonnendach, das Schatten spendete. Aus Respekt vor den Gefühlen, die die Einwohner von Buthner der Magie entgegenbrachten, war ihr Antrieb ein Gewinde: Jeden Morgen fünfzehn Minutenharte Arbeit mit der Aufziehkurbel, und den Rest des Tages zuckelte sie brav voran: Nicht schnell, aber in einem gleichmäßigen Trott, der Meilen fraß. Das eindrucksvollste Ausstattungsmerkmal war die lebensgroße Figur im Heck. Durch eine geniale technische Vorrichtung, die Blue nicht einmal ansatzweise verstand, zeigte deren ausgestreckter Arm immer nach Süden, als Wegweiser nach Hause.
    Mit bröselnden Scheiben von Trockennahrung und einem großzügigen Vorrat dehydrierter Wassertabletten konnte sie monatelang in der Wüste überleben   – trotzdem hatte sie theoretisch ein Problem. Die Wildnis war schlichtweg unermesslich, ja sehr viel weitläufiger, als sie sich das trotz der Worte des Arconts, dass sie vier Fünftel der Fläche des Landes bedecke, je hätte vorstellen können. Schlimmer noch, sie war absolut konturlos. Blue war jetzt schon seit drei Tagen unterwegs und jeder einzelne Augenblick glich haargenau dem anderen. Um sie herum erstreckte sich die endlose Ebene, ein sandiger Ozean, der in jeder Richtung bis an den Horizont reichte, eine reizlose Reihung ewiger Dünen. Falls der Arcont recht gehabt hatte, als er von seinen antiken Ruinen gesprochen hatte, dann hatte sie bislang noch keine von ihnen entdeckt. Schlimmer noch, auch von den Nomaden war bisher nicht das Geringste zu sehen gewesen.
    Was war, wenn sie sie niemals finden würde? Was wurde dann aus Henry?
    Bislang war sie exakt gen Norden gefahren, immer tiefer ins Innere der Wüste. Aber das war eher eine willkürliche Entscheidung gewesen. Mehr als das, was sie ihr gesagt hatte, hatte Madame Cynthia ihr einfach nicht erzählen können. Und Mr Fogarty war tot: Neue Visionen würde es nicht mehr geben, und es würden auch keine halb vergessenen Details seiner früheren Visionen mehr auf den Tisch kommen. Sie war allein, ohne jede Orientierung, und ihr wollte einfach nichts einfallen!
    Der Gedanke ging mit Schuldgefühlen einher, etwas, dasschon seit Tagen in ihr keimte. Vielleicht hatten Pyrgus und Madame Cardui die ganze Zeit recht gehabt. Vielleicht hätten sie Henry inzwischen längst gerettet und das Elfenreich vor der Seuche bewahrt, wenn sie sich nicht eingemischt hätte. Vielleicht hielt die Zukunft, in die sie sie jetzt befördert hatte, gar kein glückliches Ende mehr für sie bereit. Vielleicht hätte sie sich bloß um ihren eigenen Kram kümmern sollen!
    Aus einem Impuls heraus wendete sie die Kutsche, sodass sie jetzt in nordwestlicher Richtung statt weiter in Richtung Norden fuhr. Eine Richtung war so gut wie die andere, und solange die Figur den Weg wies, würde sie jederzeit wieder aus der Wüste herausfinden.
    Ihre Entscheidung änderte gar nichts. Fast eine halbe Stunde fuhr sie durch endlosen Sand. Dann wendete Blue die Kutsche, diesmal noch schärfer. Es war eine willkürliche Drehung, aber ein Blick auf die Figur zeigte ihr, dass sie nun in westlicher Richtung fuhr, auf die sinkende Sonne zu. In westlicher Richtung durch das endlose Meer aus Sand.
    Sie überlegte, ob sie anhalten sollte, um etwas zu essen, obwohl sie überhaupt keinen Hunger hatte. Madame Cardui hatte sie ermahnt, dass sie essen müsse und   – noch wichtiger   – in regelmäßigen Abständen trinken, um sicherzugehen, dass sie bei Kräften blieb. Das Problem war, ihre Trockennahrung schmeckte nach bröckliger Pappe, und die dehydrierten Wassertabletten, die zwar dafür sorgten, dass ihr Körper hinreichend mit Flüssigkeit vorsorgt wurde, halfen überhaupt nicht gegen den trockenen Mund und den ständigen Durst. Sie beschloss zu essen, wenn die Sonne schließlich unterging, und dann noch ein bisschen weiterzufahren, bis es ganz dunkel war. Lustlos setzte sie sich auf ihrem Platz zurecht, als sie etwas am östlichen Horizont erblickte.
    Blue brachte die Kutsche sofort zum Halten. Sie hatte zwar schon herausgefunden, dass der Verstand und die Augeneinen in dieser verfluchten Wildnis täuschen konnten, besonders um diese Tageszeit, wenn das Licht allmählich zu verblassen begann. Dennoch war dort draußen etwas, und sie war sich ziemlich sicher, dass es

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