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Elfenlord

Elfenlord

Titel: Elfenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brennan
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Wanderschaft war noch immer nichts von ihnen zu sehen. Dann verkündete Lorquin, sie hätten ihr Ziel erreicht   – und Henry konnte trotzdem nichts erkennen.
    Er sah sich nach allen Seiten um. Er erwartete zumindest eine Felswand mit Höhlen oder bewohnte Ruinen oder eine Ansammlung primitiver Zelte. Aber um sie herum war nichts als Öde und flacher, nichtssagender Sand. Selbst die Wanderdünen waren verschwunden.
    »Willkommen in meinem Dorf«, sagte Lorquin und grinste stolz.
    Henry sah sich noch einmal um. Wollte Lorquin ihn auf den Arm nehmen? Oder war das Dorf tatsächlich unsichtbar? Irgendwie ergab das alles keinen Sinn. Warum ein ganzes Dorf verzaubern? Wie sollten sich die Leute denn wiederfinden? Nach einer Minute sagte Henry, der sich ganz lächerlich vorkam: »Wo?«
    Er erschrak furchtbar, als etwas aus dem Sand hochsauste. Dann noch etwas und noch etwas und noch etwas. Nur einen Wimpernschlag später war er von einem Kreis blauhäutiger, nackter Leute umgeben. Einige der Männer trugen Speere. Einer von ihnen hatte furchterregende   – undsehr farbenprächtige   – Tätowierungen. Sie starrten Henry bösartig an.
    Henry machte einen Schritt zurück, und sein Herz hämmerte plötzlich. Aber Lorquin warf sich in die Arme eines finsteren, hässlichen Individuums mit buschigen Augenbrauen und etwas, das verdächtig nach abgefeilten Zähnen aussah. »Ich hab’s geschafft, Papa!«, schrie er. »Ich habe den Draugr getötet!«
    Die Worte elektrisierten die Versammlung: Sie sprangen und sangen in lebhaftem Tanz. Mehrere Männer traten vor und klopften Lorquin auf den Rücken, und Henry bemerkte, wie eines der jüngeren Mädchen ihn angrinste. Eine plumpe Frau mit gütigen Augen und einem breiten Lächeln schob sich durch die Menge, um ihn liebevoll zu umarmen. Henry nahm an, dass dies wohl Lorquins Mutter sein musste, und meinte, sogar eine gewisse Familienähnlichkeit ausmachen zu können. Ein ungewöhnlich hochgewachsener Mann (ein Stammeshäuptling?) rief: »Heute Abend gibt es ein Festmahl!« Die Ankündigung wurde mit einem lauten, kollektiven Freudenschrei quittiert, dann wurde Lorquin von einem zum anderen geschoben, liebevoll geherzt, geküsst, angegrinst und beglückwünscht.
    Und plötzlich kam alles zum Stillstand. In der totalen Stille drehten sie sich langsam um und starrten Henry an.
    Henry machte einen Schritt zurück, lächelte nervös und sagte: »Äh   –« Er hörte auf zu lächeln, leckte sich über die Lippen und fragte sich, ob er auch nur die geringste Chance hatte, diesen furchterregenden Leuten in der Wüste zu entkommen. Irgendwie rechnete er sich keine allzu großen Chancen aus.
    Dann zog Lorquin seinen Vater an der Hand zu ihm herüber. »Dies ist mein Gefährte«, verkündete er.
    Sofort veränderte sich die Stimmung noch einmal dramatisch. Henry war plötzlich dicht umdrängt. Die Leute lächelten, sie berührten ihn, zupften neugierig an seiner Kleidung; die Leute redeten kreuz und quer auf ihn ein, sodasser kein Wort verstand. Er bemerkte ihren Körpergeruch, keineswegs unangenehm, aber würzig und stark. Das Wort Gefährte tanzte auf den Wellen des Lärms wie ein Ball. Es war offenkundig, dass der ganze Stamm seine Bräuche genauso ernst nahm wie Lorquin.
    Der große Mann schob sich durch die Menge, sagte etwas zu Henry, das Henry nicht verstand, stand dann plötzlich still, richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und drehte seinen Kopf in einer seltsamen Bewegung; diese Drehung war extremer, als Henry es je für möglich gehalten hätte. »Vaettire kommen«, sagte er knapp, obwohl überhaupt nichts zu sehen war. Er schraubte seinen unglaublichen Hals wieder zurück und blickte in Lorquins Richtung. »Sie verfolgen euch schon lange.«
    Was als Nächstes geschah, ging so schnell, dass Henry kaum folgen konnte. Die Mitglieder von Lorquins Stamm griffen einander bei den Händen, aber in einer ganz bestimmten Reihenfolge, die Henry ein wenig an eine La-Ola-Welle erinnerte. Lorquin war der Letzte in der Reihe, aber er sprang vor, um Henrys Hand zu ergreifen. Dann fühlte es sich so an, als würde er fallen oder besser gesagt sinken, ein Gefühl wie auf Treibsand. Zu seinem Entsetzen begriff er, dass es genau das war, was passierte   – der ganze Stamm versank im Sand, und er mit ihnen. Er begann zu schreien, aber der Sand reichte jetzt schon bis zu seinen Schultern, seinem Hals, seinem Kinn, seinem Mund   … er würde im Sand ertrinken!
    Henry begann, wie wild zu

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