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Elfenlord

Elfenlord

Titel: Elfenlord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brennan
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irgendwoher jenseits des Platzes der Klang einer weiteren Trommel und noch einer, die als Kontrapunkt zu dem großen Herzschlag sanft geschlagen wurden. Zwei weitere Trommler betraten den Platz, die Blicke nach oben gerichtet. Sie bewegten sich im Takt mit ihren Trommelschlägen, in einem seltsamen Gang, bei dem sie zwei Schritte vor und einen zurück machten. Sie erreichten die ersten Trommler und hockten sich neben sie. Die Trommelschläge dröhnten jetzt ohne Pause über den Platz.
    Henry, der einmal von Mr Fogarty hypnotisiert worden war, versank in Apathie, als der gleichmäßige Rhythmus auch ihn erfasste. Aber er schreckte mit klopfendem Herzen hoch, als ein gewaltiger Schrei ertönte. Acht weitere Trommler strömten springend und tanzend auf den Platz.Ihre Körper waren mit kunstvollen Streifenmustern in heller Farbe bemalt, die sie in wild tanzende, elfenähnliche Zebras verwandelte. Nachdem sie den Platz einmal umrundet hatten, gesellten sie sich zu den vorigen vier und alle zwölf verfielen in einen neuen, härteren, schnelleren Rhythmus. Der Klang verbreitete sich durch die zerstörte Stadt wie ein endloser Donnerschlag.
    Lorquin war sichtlich aufgeregt und tänzelte von einem Fuß auf den anderen.
    »Jetzt?«, fragte Henry. Er wusste, dass die Feierlichkeiten auf dem Platz stattfinden würden und dass alles Bisherige nur Vorbereitungen waren.
    »Noch nicht«, sagte Lorquin ein wenig atemlos. »Bald.«
    Nach und nach begannen Frauen des Stammes den Platz tanzend zu bevölkern. Auch ihre Körper waren bemalt, aber anders als bei den Trommlern. Kunstvolle Farbkreise in Grün und Rot, Sonnengelb und einem leuchtenden Orange bildeten einen scharfen Kontrast zu ihrer blauen Haut, was sie in buntgefiederte Vögel verwandelte. Henry hatte so etwas noch nie gesehen, und aus irgendeinem Grund ließ dieser Anblick sein Herz vor Freude hüpfen.
    Die Frauen schritten im Takt mit den mächtigen Trommelschlägen über den Platz, stolzierten wie Pfauen, drehten und wendeten sich. Alle lächelten. Manche wirkten gänzlich verzückt vor Freude.
    »Jetzt«, sagte Lorquin.
    Aus irgendeinem Grund war Henry überrascht. »Was?«, fragte er stirnrunzelnd.
    Lorquin warf ihm die Sorte von liebevollem Blick zu, die ein Vater seinem begriffsstutzigen Kind zuwirft, und sagte geduldig: »Jetzt gehen wir Männer runter.«
    Es war merkwürdig, wie das Wörtchen
wir
wie ein kleiner Widerhaken in Henrys Herz saß.
Wir Männer.
Lorquin, dieses Kind bei ihm, dieses Kind, das Henry in der Wüste das Leben gerettet hatte, war jetzt ein Mann, weil er den Draugr getötet hatte. Aber auch Henry war ein Mann, vomStamm als Gefährte angenommen, sein Mut wurde nicht in Frage gestellt, ebenso wenig wie seine Reife. Henry war in einem Haushalt aufgewachsen, der von Frauen dominiert worden war. Selbst als er noch klein war, hatte sein Vater angesichts der Dominanz seiner Mutter und dem manipulativen Geheule seiner Schwester kaum gezählt. Als sein Vater ging, sah sich Henry, nachdem Anaïs eingezogen war, plötzlich drei Frauen gegenüber, mit denen er fertig werden musste, und die meiste Zeit hatte er sich wie unter einer Belagerung gefühlt. Aber jetzt war er einer der Männer und beinahe ein Teil des Stammes. Jetzt hatte er Gefährten und wurde akzeptiert.
Wir Männer.
Auch wenn diese Worte von einem Kind kamen   – Henry gefielen sie.
    »Jetzt?«, fragte er, plötzlich lächelnd.
    Lorquin lächelte ihn ebenfalls an. »Ja, jetzt.«
    Sie verließen das Haus im Erdgeschoss und schlossen sich einem Strom von Stammesmitgliedern an, die alle zum Platz wollten. Henry fiel sofort mit ein in den Rhythmus, ein schlurfendes Stakkato, von einem durchdringenden Grunzen unterbrochen, das sich den fernen Trommelschlägen anglich. Die Hitze so vieler Körper hätte überwältigend sein können, aber er fand sie aus irgendeinem Grund einfach nur beruhigend. Wie Lorquin waren die Männer nackt   – obwohl die weiße Farbe auf ihrem Körper sie bekleidet erscheinen ließ. Henry zog sein Hemd aus (die Wüstentemperatur war mindestens so hoch wie an einem tropischen Strand, doch hier, unter dem Sand, bestand keine Gefahr, sich einen Sonnenbrand zu holen), konnte sich aber nicht dazu durchringen, auch seine Hose folgen zu lassen. Er lehnte Lorquins Angebot, seine Haut zu bemalen, ab   – »Ich werde dich illustrieren, EnRi«, hatte Lorquin ihm fröhlich vorgeschlagen   –, und dennoch fühlte er sich als Teil dieses Festes; wahrscheinlich weil die

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